Biopharmaceutical New Technologies (BioNTech) aus Mainz ist ein Immuntherapie-Unternehmen der nächsten Generation, das bei der Entwicklung von Therapien für Krebs und andere schwere Erkrankungen Pionierarbeit leistet und jetzt mit neuen Krebstherapien für Aufsehen gesorgt hat. Foto: Tobias Arhelger/stock.adobe.com

Das Ende der Angst? BioNTech präsentiert Studienergebnisse zu Krebs-Impfstoff „CARVac“

„Krebs ist eine verheerende Krankheit und stellt weltweit nach wie vor eine enorme Belastung dar. Nach Angaben der WHO wurden im Jahr 2020 fast 10 Millionen Todesfälle aufgrund einer Krebserkrankung verzeichnet“, liest man auf der Webseite von BioNTech SE. Rund 240.000 Krebstote soll es jährlich in Deutschland in Deutschland geben. Bei BioNTech SE ist man „davon überzeugt, dass das Immunsystem der ausschlaggebende Faktor für den Behandlungserfolg bei Krebs und Infektionskrankheiten ist“. Jetzt hat das Unternehmen erste Studienergebnisse zum Krebs-Impfstoff „CARVac“ vorgestellt und damit große Hoffnungen geweckt.

Immunsystem trainieren, um Krebszellen zu zerstören

„Immuntherapie ist eine Art der Krebstherapie, die die natürlichen Abwehrkräfte des Körpers gegen Krebszellen verstärkt. Sie verwendet Proteine, die im Körper oder im Labor hergestellt werden, um das Immunsystem der Patientin bzw.  des Patienten darauf zu trainieren, Krebszellen zu identifizieren und zu zerstören“, heißt es auf der BioNTech-Webseite. Und: „Immuntherapien haben bereits große Durchbrüche bei der Behandlung verschiedener Krebsindikationen ermöglicht. Hierzu gehört unter anderem die Immuncheckpoint-Therapie, die den Behandlungserfolg bei bestimmen Patientengruppen mit fortgeschrittenen Melanomen dramatisch verbessert hat. Weitere Beispiele sind prophylaktische Impfstoffe gegen Gebärmutterhalskrebs sowie Leberkrebs.“

Jetzt auch bei soliden Tumoren erfolgreich

Das Problem war bislang, solide Tumore erfolgreich zu bekämpfen. CAR-T-Zellen konnten zu bekämpfende Tumorzellen nicht immer richtig erkennen, was deren Bekämpfung negativ beeinflusste. Außerdem erwiesen sich die CAR-T-Zellen nicht als so langlebig, dass sie alle Krebszellen effektiv abtöten konnten.

Hier scheint BioNTech mit „CARVac“ einen großen Schritt nach vorne getan zu haben. BioNTech SE gab am Montag, 23. Oktober, Daten aus der laufenden klinischen Phase-1/2-Studie des gegen Claudin-6 (CLDN6)-gerichteten CAR-T-Zelltherapiekandidaten BNT211 bekannt. In der Studie werden die Sicherheit und Wirksamkeit von BNT211 in Patienten mit CLDN6-positiven rezidivierten oder refraktären fortgeschrittenen soliden Tumoren untersucht. Die Daten zeigen ermutigende Anzeichen für eine klinische Aktivität und eine erhöhte Beständigkeit von krebsspezifischen CAR-T-Zellen in Kombination mit einem CAR-T-Zellen-verstärkenden RNA-Impfstoff („CARVac“).

Die Daten wurden von Prof. Dr. Dr. John Haanen, der Onkologe am Niederländischen Krebsinstitut (NKI) in Amsterdam ist, in einer Late-Breaking-Data-Session auf dem ESMO-Kongress 2023 in Madrid präsentiert. Die Ergebnisse bestätigen die positiven Zwischenergebnisse, die zuvor auf der diesjährigen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology („ASCO“) in Chicago (USA), vorgestellt wurden.

CAR-T-Telltherapie mit mRNA-basiertem Impfstoff kombiniert

„Unser Ziel ist es, das Potenzial von CAR-T-Therapien für solide Tumore zu erschließen und dazu beizutragen, das Behandlungsergebnis für eine Reihe von Tumoren zu verbessern, für die die Möglichkeiten gegenwertig noch sehr begrenzt sind“, sagte Prof. Dr. Özlem Türeci, Mitbegründerin und Chief Medical Officer bei BioNTech. „Mit BNT211 möchten wir zwei der größten Limitationen von CAR-T-Zelltherapien bei soliden Tumoren adressieren, nämlich den Mangel an geeigneten krebsspezifischen Zielstrukturen auf der Zelloberfläche und die begrenzte Beständigkeit von CAR-T-Zellen. Wir haben eine CLDN6-spezifische autologe CAR-T-Zelltherapie entwickelt, die wir mit unserem mRNA-basierten Impfstoff CARVac kombinieren, um dieser Herausforderung zu begegnen.“

Das Daten-Update umfasste 44 Patienten, die gegen CLDN6-gerichtete CAR-T-Zellen in vier Dosis-Leveln als Monotherapie oder in Kombination mit CARVac erhielten. Im Rahmen der Studie wurden Patienten mit Keimzelltumoren (n=16), Eierstockkrebs (n=17) und andere soliden Tumorindikationen (n=11) behandelt.

Dosisfindung führt zu guten Ergebnissen

Im Rahmen der Dosisfindung wurde eine dosisabhängige Zunahme unerwünschter Ereignisse beobachtet, bei der das Zytokinfreisetzungssyndrom (cytokine release syndrome, „CRS“) bei 23 von 44 sicherheitsbewertbaren Patienten auftraten. In fast allen Fällen handelte es sich um Ereignisse des ersten und zweiten Grades. Ereignisse des dritten und vierten Grades traten bei je einer Patientin oder einem Patienten auf. Eine milde und selbstlimitierende Neurotoxizität wurde bei zwei Patienten beobachtet. Von den insgesamt 44 Patienten konnten 38 hinsichtlich Wirksamkeit der Therapie ausgewertet werden. Die Gesamtansprechrate (overall response rate, „ORR“) für diese 38 Patienten lag bei 45 % und die Stabilisierungsrate (disease control rate, „DCR“) bei 74 %. 27 Patienten wurden mit CLDN6 CAR-T-Zellen in der Dosisstufe 2 (1×108 CAR-T-Zellen) mit oder ohne CARVac behandelt. Bei diesem Dosislevel wurde bei 13 Patienten ein teilweises Ansprechen beobachtet, was einer Gesamtansprechrate von 59 % sowie eine Stabilisierungsrate von 95 % entspricht. In dieser Kohorte zeigten Patienten, die CARVac erhielten, zudem eine längere Beständigkeit der CAR-T-Zellen.

Diese Ergebnisse unterstreichen weiterhin das Potenzial von BioNTechs BNT211-Programm. Ein Ziel der laufenden Studie ist es, die empfohlene Dosis für den Beginn einer potenziellen zulassungsrelevanten Phase-2-Studie bei Patienten mit Keimzelltumoren zu bestimmen, die voraussichtlich im Jahr 2024 beginnen wird. pm/tok