
Über Sex zu reden, ist nicht immer leicht – über Infektionen noch weniger. Doch Schweigen ist gefährlich. Wer eine Geschlechtskrankheit hat, sollte offen mit seinem Partner sprechen. Foto: KMPZZZ/stock.adobe.com
Chlamydien, Syphilis, Tripper: Geschlechtskrankheiten sind wieder auf dem Vormarsch
Sex ist, richtig gelebt, Medizin. Studien zeigen: Ein erfülltes Sexualleben senkt Stress, stärkt das Immunsystem, lässt Herz und Kreislauf aufblühen und wirkt gegen depressive Verstimmungen. Doch wo Lust und Liebe sind, lauern auch Risiken: sexuell übertragbare Infektionen (STI). In Deutschland nehmen sie seit Jahren wieder zu – und das quer durch alle Altersgruppen.
Rückkehr alter Bekannter
Viele dachten, Syphilis oder Gonorrhoe seien Relikte vergangener Zeiten. Doch die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen das Gegenteil: Die Fallzahlen steigen – teils deutlich. Besonders bei Syphilis, Chlamydien und Gonorrhoe verzeichnen die Gesundheitsämter Zuwächse. 2024 wurden rund 10.000 Syphilis-Fälle, über 80.000 Chlamydien-Nachweise und über 25.000 Gonorrhoe-Infektionen gemeldet. Auch Hepatitis B und HIV sind weiterhin präsent – dank besserer Therapien sind sie zwar weniger tödlich, aber keineswegs harmlos.
Mehr Infektionen – auch jenseits der 50
Interessant und besorgniserregend zugleich: Nicht nur junge Menschen sind betroffen. Inzwischen wächst der Anteil der über 50-Jährigen deutlich. Mediziner führen das auf mehrere Faktoren zurück: Zum einen steigt die sexuelle Aktivität im Alter – auch durch Potenzmittel. Zum anderen ist das Bewusstsein für Schutzmaßnahmen in dieser Altersgruppe geringer, weil viele nach Jahrzehnten der festen Partnerschaft keine Kondome mehr gewohnt sind.
Laut RKI steigt der Anteil älterer STI-Patienten jährlich um rund 5 Prozent.
Gut zu wissen, dass…
Das Wort Syphilis geht auf ein Gedicht von 1530 zurück – der Hirte Syphilus war der erste Mensch, den der Dichter mit der „neuen Krankheit“ bestrafte.
Chlamydien gehören zu den häufigsten meldepflichtigen Infektionen Europas – vor allem, weil sie oft symptomlos verlaufen.
In Japan gilt der 14. Februar nicht nur als Valentinstag, sondern auch als Tag der Kondome.
Studien zeigen: Sex erhöht die Lebenserwartung – vorausgesetzt, er ist sicher und partnerschaftlich.
Warum viele sich nicht schützen
Kondome gelten als Klassiker – und doch verzichten viele darauf. Warum? Experten nennen mehrere Gründe: mangelnde Aufklärung, falsches Sicherheitsgefühl („Ich kenne meinen Partner doch“), Alkohol oder spontane Situationen.
Hinzu kommt Scham: Das Thema „Geschlechtskrankheiten“ klingt altmodisch und unangenehm. Dabei ist Aufklärung der beste Schutz. Schon Jugendliche sollten in der Schule und zu Hause lernen, dass Sexualität Verantwortung einschließt – gegenüber sich selbst und anderen.
Wann und wo Aufklärung wirken sollte
Sexualpädagoginnen fordern, dass Aufklärung nicht erst in der Pubertät beginnen darf. Bereits im Grundschulalter sollte altersgerecht über Körper, Nähe und Grenzen gesprochen werden. Ab etwa 12 Jahren gehören dann konkrete Informationen über Verhütung, Kondome, Konsens und STI dazu.
Eltern spielen dabei eine zentrale Rolle – und auch Ärzte, die niedrigschwellige Beratungen anbieten können. Wer weiß, wie Übertragung funktioniert, trifft klügere Entscheidungen.
Was tun beim Verdacht auf eine STI?
Brennen beim Wasserlassen, ungewöhnlicher Ausfluss, Hautausschläge oder Juckreiz – solche Symptome sollte man ernst nehmen. Der erste Weg führt zur Haus- oder Frauenarztpraxis, bei Männern oft zum Urologen. Dort können Abstriche, Urin- oder Bluttests Gewissheit bringen.
Wichtig: Partner sollten mituntersucht und gegebenenfalls mitbehandelt werden, um eine „Ping-Pong-Infektion“ zu vermeiden. Früh erkannt, lassen sich die meisten STI heute gut oder vollständig heilen.
Reden hilft – auch beim heiklen Thema
Über Sex zu reden, ist nicht immer leicht – über Infektionen noch weniger. Doch Schweigen ist gefährlich. Wer eine STI hat, sollte offen mit seinem Partner sprechen. Das erfordert Mut, ist aber ein Akt von Verantwortung und Vertrauen.
Viele Infektionen verlaufen symptomlos, können aber dauerhaft schaden – etwa Unfruchtbarkeit oder chronische Schmerzen verursachen. Ein ehrliches Gespräch schafft Klarheit, schützt andere und zeigt, dass Aufrichtigkeit sexy sein kann.
Lust statt Angst – mit Wissen und Verantwortung
STI sind kein Tabu mehr, sondern Teil realistischer Gesundheitsvorsorge. Kondome, regelmäßige Tests und offene Kommunikation sind die besten Schutzmaßnahmen. Und: Sexualität darf und soll Spaß machen – sie gehört zu einem gesunden, erfüllten Leben. Wer informiert ist, lebt freier und sicherer. Oder, wie Sexualmedizinerin Heike Melzer sagt: „Aufklärung ist kein Lustkiller, sondern der Schlüssel zu echter Nähe.“ tok
Die Top 5 der STI in Deutschland

| Krankheit | Erreger / Auslöser | Übertragungsweg | Erste Symptome | Mögliche Folgen | Behandlung / Heilung |
| Chlamydien | Chlamydia trachomatis | Vaginal-, Anal-, Oralverkehr | Brennen, Ausfluss | Unfruchtbarkeit, Eileiterschäden | Antibiotika, gute Heilung |
| Gonorrhoe | Neisseria gonorrhoeae | Schleimhautkontakt | Brennen, Ausfluss | Unfruchtbarkeit, Entzündungen der Gelenke | Antibiotika, Resistenzen |
| Syphilis | Treponema pallidum | Haut- & Schleimhautkontakt | Geschwür, Ausschlag | Organ- & Nervenschäden | Antibiotika (Penicillin) |
| HIV / AIDS | HIV | Blut, Sperma, Vaginalsekret | Grippesymptome | Immunschwäche, Infekte | Antiretrovirale Therapie |
| Hepatitis B | HBV | Blut, Körperflüssigkeiten | Müdigkeit, Gelbsucht | Leberzirrhose, Krebs | Impfung, antivirale Therapie |