
85 % bis 90 % aller Menschen infizieren sich mit Humanen Papillomviren (HPV). Eine von 20 Krebsdiagnosen weltweit ist auf HPV zurückzuführen. Allein in Deutschland sterben täglich 4 Frauen an Gebärmutterhalskrebs und geschätzt 3 Männer an HPV-bedingten Krebserkrankungen. Dabei hätte eine HPV-Impfung in der Jugend schützen können. Foto: vchalup/stock.adobe.com
HPV durch Geschlechtsverkehr – wie geht es weiter, wenn der Abstrich positiv ist?
Humane Papillomviren (HPV) werden durch eine Schmierinfektion beim Geschlechtsverkehr übertragen. Bei Frauen ab 35 Jahren ist im Rahmen der Krebsfrüherkennung auch der HPV-Test Standard. Was es heißt, wenn der Abstrich positiv ist? Wie geht es nach dem Befund weiter?
Das ist ein Thema in der aktuellen Ausgabe des Gesundheitsmagazins „Apotheken Umschau“.
HPV-Test zeigt Infektion an, aber nicht die Krankheit
Ein positiver Test weist darauf hin, dass eine klinisch relevante HPV-Infektion am Gebärmutterhals besteht – noch keine Krankheit, sondern eine örtliche Infektion. Ist der Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs unauffällig, wird ein Jahr später ein Kontrollabstrich gemacht. Ist der Test auch dann noch positiv, folgen Lupenuntersuchungen des Gebärmutterhalses, um abzuklären, ob Gewebeveränderungen bestehen.
Leichte Veränderungen werden zunächst nur weiter kontrolliert. „Sind sie stärker ausgeprägt, könnte es sich um Krebsvorstufen handeln – diese werden dann vorsorglich entfernt“, erklärt Prof. Dr. Achim Wöckel, Klinikdirektor der Frauenklinik am Uniklinikum Würzburg. Besteht die Infektion länger fort, können sich daraus Folgeerkrankungen wie Genitalwarzen oder bestimmte Krebsvorstufen und Krebsarten entwickeln. Neben Gebärmutterhalskrebs zählen hierzu unter anderem auch Anal-, Schamlippen-, Scheiden-, Vulva-, Mund-Rachen und Peniskrebs. Rund die Hälfte aller infektionsbedingten Krebserkrankungen in entwickelten Ländern stehen im Zusammenhang mit HPV.
Infektion ist nicht therapierbar, die Folgen aber schon
Während die Infektion selbst nicht therapierbar ist, können rechtzeitig erkannte Folgeerkrankungen – etwa eine Krebsvorstufe am Gebärmutterhals –meist sehr gut behandelt werden. Deshalb ist eine engmaschige Kontrolle wichtig.
Bei einem positiven Test könnte es gut sein, dass Partner oder Partnerin auch infiziert ist. „Für Männer gibt es keine Vorsorgeuntersuchung, sie sollten sich bei Symptomen wie Hautveränderungen untersuchen lassen“, empfiehlt Dr. Lucia Otten, Oberärztin mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie am Universitätsklinikum Bonn. Nur scheinbar beruhigend ist die Tatsache, dass eine HPV-Infektion häufig innerhalb von ein bis zwei Jahren ohne gesundheitliche Probleme von selbst wieder abheilt. Die wichtigste vorbeugende Maßnahme ist die HPV-Impfung. Je nach verwendetem Impfstoff kann diese bestimmten HPV-bedingten Krebsvorstufen und Krebs des Gebärmutterhalses (Zervix), der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane (Vulva), der Scheide (Vagina) und des Afters (Anus) sowie Genitalwarzen vorbeugen.
Nahezu 100-prozentiger-Schutz durch frühzeitige Impfung
HPV-Impfstoffe schützen, wenn sie vor dem ersten sexuellen Kontakt gespritzt wurden, nahezu zu 100 Prozent. Da bereits ab dem ersten Geschlechtsverkehr eine Ansteckung erfolgen kann, sollte die Impfung idealerweise davor stattfinden. Denn eine bestehende HPV-Infektion kann durch eine Impfung nicht mehr beseitigt werden.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung bei Kindern zwischen 9 und 14 Jahren, spätestens bis zum Alter von 17 Jahren. Aber auch nach dem 18. Lebensjahr kann die Impfung individuell noch sinnvoll sein. Denn sexuell aktive Männer und Frauen sind unabhängig von ihrem Alter oder Beziehungsstatus anfällig für HPV-Infektionen und gegebenenfalls daraus resultierende (Krebs-)Erkrankungen. Viele gesetzliche und private Krankenversicherungen zahlen die HPV-Impfung auch für Frauen und Männer nach dem Eintritt der Volljährigkeit.
Und wer enthaltsam lebt und eheliche Treue pflegt? Auch hier kann eine frühe HPV-Imfung ein besonderes Sicherheitsgefühl schaffen, denn auch wer nur mit einer Person Sex hat, kann betroffen sein: Theoretisch kann sich jeder Mensch bereits beim ersten sexuellen Kontakt mit einem Infizierten anstecken. Eine HPV-Infektion in einer Partnerschaft ist keineswegs ein Anzeichen von Untreue, denn eine Ansteckung beim Partner oder einem selbst kann bereits lange her sein, bevor sich Symptome zeigen.
HPV ist allgegenwärtig
Infektionen mit Humanen Papillomviren (kurz HPV) zählen zu den häufigsten sexuell übertragenen Infektionen weltweit. Etwa 9 von 10 Menschen infizieren sich im Leben mit HPV und somit gehört das Thema zum Einmaleins der sexuellen Gesundheit.
„Beim Thema HPV fällt mir immer wieder auf, dass es Vorurteile gibt, wie dass ein Kondom einfach komplett davor schützen würde oder auch, dass gar nicht so viele Leute darüber Bescheid wissen, wie krass durchseucht wir eigentlich schon sind mit dem Virus.“
Sexualpädagogin und Autorin Gianna Bacio
Was viele nicht wissen: Kondome können die Gefahr einer Ansteckung zwar verringern, bieten aber keinen absolut zuverlässigen Schutz vor HPV. Das liegt daran, dass die HP-Viren im gesamten Genital- und Analbereich vorkommen können und man so auch trotz Kondom damit in Berührung kommen kann. Die Ansteckung erfolgt von Mensch zu Mensch über den direkten Kontakt mit infizierten Haut- beziehungsweise Schleimhautbereichen. Über kleinste Verletzungen der Haut- und Schleimhaut können die Viren in den Körper eindringen und so zu einer Infektion führen.
Die wichtigsten HPV-Fakten im Überblick
- 85 % bis 90 % aller Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit Humanen Papillomviren (HPV).
- Täglich sterben circa 4 Frauen an Gebärmutterhalskrebs und geschätzt 3 Männer an bestimmten HPV-bedingtem Krebserkrankungen in Deutschland.
- Ungefähr eine von 20 Krebsdiagnosen weltweit ist auf HPV zurückzuführen.
- Jungen und Männer können genauso von HPV betroffen sein wie Mädchen oder Frauen.
- Die wichtigste HPV-Vorsorgemaßnahme ist die Impfung, um bestimmten HPV-bedingten Krebserkrankungen vorbeugen zu können. Die STIKO empfiehlt eine Impfung für Mädchen und Jungen von 9 Jahren bis 14 Jahren. Versäumte Impfungen können bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag nachgeholt werden.
- Die Impfung sollte idealerweise vor einer möglichen Infektion erfolgen, zudem reagiert das Immunsystem umso besser auf die Impfung, je jünger die geimpfte Person ist. Je früher geimpft wird, desto größer ist der Nutzen.
- Eine Impfung nach dem 18. Lebensjahr kann aber immer noch individuell sinnvoll sein! Sexuell aktive Männer und Frauen sind unabhängig von ihrem Alter oder Beziehungsstatus anfällig für HPV-Infektionen und gegebenenfalls daraus resultierende Erkrankungen.
- Viele gesetzliche und private Krankenversicherungen zahlen die HPV-Impfung auch für Frauen und Männer über 18 Jahren.
- Die HPV-Impfrate in Deutschland ist im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ausbaufähig. Während andere Industrieländer wie Schweden, Portugal, Norwegen und Australien auf Impfquoten (für eine vollständige Impfung) von 80 % bis über 90 Prozent kommen, waren in Deutschland im Jahr 2020 gerade einmal 51 % der 15-jährigen Mädchen und 17 % der 15-jährigen Jungen vollständig geimpft.
- Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert neben einer hohen Rate an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen mit HPV-Tests und der Therapie von bereits Erkrankten, dass 90 % der Mädchen bis zu einem Alter von 15 Jahren bis 2030 vollständig gegen HPV geimpft sind, um Gebärmutterhalskrebs eines Tages aus der Welt schaffen zu können. pm/tok