Die Blutwurz ist die Arzneipflanze 2024. Bildrechte: ©Shutterstock/Foto: ©Shutterstock/I. Rottlaender
Arzneipflanze des Jahres 2024: Blutwurz mit extra viel Gerbstoffen
Durchfall oder entzündetes Zahnfleisch? Die Arzneipflanze des Jahres 2024 könnte Abhilfe schaffen. Blutwurz heißt die von Wissenschaftlern der Universität Würzburg gekürte Heilpflanze. Die Blutwurz blüht recht unscheinbar an Wald- und Wiesenrändern, doch ihr Wurzelstock unter der Erde hat es in sich.
Viele Gerbstoffe im Wurzelstock
„Blutwurz ist eine Pflanze mit einem sehr hohen Gehalt an Gerbstoffen“, betont Dr. Nicole Armbrüster, Geschäftsfeldleiterin Pflanzliche Arzneimittel, beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). Die BPI-Expertin erklärt, welche Eigenschaften der Arzneipflanze für ihre heilsame Wirkung dienlich sein können.
Blutwurz blüht nicht etwa rot: Die Pflanze lässt sich an kleinen gelben Blütenblättern erkennen – und davon hat sie nur vier, statt wie üblich fünf. „Für die therapeutische Verwendung sind jedoch nicht die Blüten der Blutwurz interessant, sondern die Wurzeln beziehungsweise der Wurzelstock“, berichtet Armbrüster. Rupft man ihn aus der Erde und schneidet ihn an, tritt roter Saft heraus – deshalb der Name der Arzneipflanze. Tatsächlich wurde Blutwurz in der Volksmedizin auch zur Blutstillung verwendet.
Zwei Hauptanwendungsgebiete: Durchfall und Entzündungen im Mundraum
Heutzutage setzt die wissenschaftliche Pflanzenheilkunde vor allem auf zwei Anwendungsgebiete (Quelle: HMPC): Innerlich kann Blutwurz bei leichtem Durchfall und äußerlich als Gurgelmittel oder Mundwasser bei milden Entzündungen des Mund- und Rachenraums helfen. Der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg hat die Blutwurz als Arzneipflanze des Jahres 2024 gekürt.
„Die heilenden Effekte der Blutwurz – auch Tormentill oder Aufrechtes Fingerkraut genannt – sind vor allem auf die Gerbstoffe zurückzuführen. Der Wurzelstock enthält bis zu 22 Prozent Gerbstoffe, so viel wie kaum eine andere Pflanze. Gerbstoffe haben eine zusammenziehende und austrocknende Wirkung. In der Folge verdichtet sich die Haut und es entsteht eine Schutzschicht, die das Eindringen von Keimen verhindert“, erklärt Armbrüster. „Blutwurz ist außerdem für seine entzündungshemmende und zugleich stopfende Wirkung bei Durchfall bekannt und findet unter anderem als Tee, Tinktur oder alkoholischer Extrakt in Mundspüllösungen Verwendung. Ihre Apotheke vor Ort berät Sie beim Kauf von pflanzlichen Arzneimitteln. Informieren Sie sich im Voraus über mögliche Risiken und Nebenwirkungen und wenden Sie sich im Zweifel an Ihre ärztliche Praxis“, sagt Armbrüster.
Weitere Informationen finden Sie in der BPI-Themenwelt „Pflanzliche Arzneimittel“.
HINWEIS: Die hier genannten allgemeinen Ratschläge bieten keine Grundlage zur medizinischen Selbstdiagnose oder -behandlung. Sie können keinen Arztbesuch ersetzen.
Phytotherapie – Heilen mit Pflanzen
Die Behandlung von Krankheiten mit pflanzlichen Arzneimitteln heißt „Phytotherapie“. Hierbei kommen ausschließlich so genannte Phytopharmaka, pflanzliche Arzneimittel, zur Anwendung – und dies bereits seit mehreren tausend Jahren. Das teilt der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) in einer Presseerklärung mit.
Bei diesen pflanzlichen Arzneimitteln handelt es sich meist um Pflanzen(teile), die durch Trocknen lagerfähig gemacht wurden (=“Arzneidrogen“) oder um verschiedene Zubereitungen daraus, wie etwa Tinkturen oder Extrakte, die in Folge zu Tabletten, Kapseln, Dragees etc. weiterverarbeitet werden können. Aber auch Frischpflanzen werden verwendet und z. B. zu Presssäften verarbeitet.
Gegen Befindlichkeitsstörungen und leichtere Erkrankungen
Mit pflanzlichen Arzneimitteln können Befindlichkeitsstörungen und leichte bis mittelschwere Erkrankungen (z. B. des Magen-Darm-Traktes, der Atemwege) behandelt werden. Man kann pflanzliche Arzneimittel aber auch mit Erfolg zusätzlich zu anderen Therapieformen bei schweren Erkrankungen einsetzen, um deren Symptome zu lindern.
Pflanzliche Arzneimittel stellen, auch wenn sie nur aus einer einzigen Pflanze hergestellt werden, ein Gemisch aus vielen, verschiedenen Stoffen dar, es gilt: Der Extrakt ist der Wirkstoff.
Studien belegen Wirksamkeit und Verträglichkeit
Phytopharmaka erfreuen sich in der Bevölkerung großer Beliebtheit und Akzeptanz. Es ist dabei eine Grundvoraussetzung, dass pflanzliche Arzneimittel hergestellt werden, die ein hohes Niveau an Wirksamkeit und Sicherheit aufweisen. In den letzten Jahren wurde in zahlreichen pharmakologischen und klinischen Studien die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Phytopharmaka untersucht und belegt. So fanden die Ergebnisse mit speziellen Pflanzenextrakten zunehmend Eingang in die Leitlinien von wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Neben der Wirksamkeit kommt auch der Qualität von Phytopharmaka eine besondere Bedeutung zu, hohe Qualitätsstandards sind zu berücksichtigen und einzuhalten. Die Qualität des Rohstoffes und das Herstellungsverfahren legen letztendlich die Qualität des Endproduktes fest.
Neben der modernen Pflanzenheilkunde, die den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin folgt, basiert ein großer Teil aber auch auf Erfahrungswerten, überliefertes Wissen und Tradition. Sogenannte „traditionelle pflanzliche Arzneimittel“ unterliegen einem vereinfachten Registrierungsverfahren, im Rahmen dessen die medizinische Anwendung seit mindestens 30 Jahren weltweit (davon 15 Jahre in der EU) belegt und ihre Wirksamkeit und Sicherheit aufgrund langer Tradition plausibel dargestellt werden muss. Die Durchführung von klinischen Studien ist in diesem Fall dann nicht notwendig.
Manche Krankenkassen erstatten auch pflanzliche Arzneimittel
Seit dem 1. Januar 2004 wurden alle nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel aus der Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen. Da die meisten pflanzlichen Arzneimittel aus gutem Grund nicht verschreibungspflichtig sind, entfiel somit für den überwiegenden Teil dieser Arzneimittelgruppe die Erstattungsfähigkeit, Ausnahmen gibt es nur sehr wenige. Seit Januar 2012 haben die Krankenkassen allerdings wieder die Möglichkeit, nicht verschreibungspflichtige und apothekenpflichtige Medikamente im Rahmen der kassenindividuell festgelegten Satzungsleistungen zu erstatten. Davon machen zahlreiche Krankenkassen Gebrauch und erstatten u. a. auch wieder pflanzliche Arzneimittel. BPI