Das Minus der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt 2024 bei 6,2 Milliarden. Überproportional stiegen unter anderem die Kosten bei Arzneimitteln (+10 %), Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen (+11 %) und der häuslichen Krankenpflege (+13 %). Foto: opixa/stock.adobe.com

AOK-Chef Johannes Bauernfeind sieht im Milliardendefizit der GKV ein gewaltiges Problem 

„Die GKV hat ein strukturelles Finanzierungsproblem. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben ist auch im vergangenen Jahr weiter auseinander gegangen. Und das ist nicht gesund“, sagt Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. Das Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das Jahr 2024 in Höhe von 6,2 Milliarden Euro ist für ihn ein Alarmzeichen.

„Beispielslose Beitragsspirale“

„Insgesamt sind die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 7,7 Prozent gestiegen – überproportional unter anderem bei Arzneimitteln (+10 %), Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen (+11 %) und der häuslichen Krankenpflege (+13 %). Wir erleben eine beispielslose Beitragsspirale, die sich immer schneller dreht“, sagt Bauernfeind.

Die Auswirkungen spürt jeder GKV-Versicherte im Geldbeutel. „Bereits zu Jahresbeginn mussten viele Kassen ihre Beiträge erhöhen, teilweise deutlich. Die Beitragszahlenden werden immer weiter belastet – ohne spürbare Verbesserungen bei der Versorgungsqualität.“

Was tun? Bauernfeind blickt nach vorne: „Es gilt jetzt mehr denn je die im Gesundheitssystem vorhandenen Effizienzpotenziale zu heben. Die auf dem Weg gebrachte Krankenhausreform ist ein gutes Beispiel für eine notwendige Strukturreform, um die stationäre Versorgung patientenorientiert und qualitätsgesichert auszurichten.“ Aber die Sache hat auch einen Haken: Der Bund verlässt sich bei der Finanzierung des Umbaus der deutschen Krankenhauslandschaft auch auf die GKV. Diese sieht die Verantwortung für diese Reform und damit auch die Finanzierungslast beim Staat. Und deshalb warnt der Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg: „Wenn die Kosten jedoch über den Transformationsfonds am Ende den GKV-Beitragszahlenden aufgebürdet werden, ist aber nichts gewonnen.“

Steigende Sozialausgaben schaden der Wirtschaft

Bauernfeind stellt klar: „Für die 75 Millionen Versicherten der GKV braucht es aber kurzfristig Entlastungen und einen Stopp der Beitragsspirale. Auch wirtschaftlich sind die steigenden Sozialabgaben ein Problem. Es würde schon helfen, wenn der Bund seiner Verantwortung nachkommt und gesamtgesellschaftliche Aufgaben ordnungspolitisch sauber aus Steuermitteln bestreitet sowie den Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen dynamisiert.“

Und dann gibt er der neuen Regierung noch eine wichtige und bislang offenbar noch nicht umfassend erledigte Hausaufgabe mit: „Die nächste Bundesregierung hat viele drängende Aufgaben auf dem Tisch. Ich würde mir wünschen, dass die Gesundheitsversorgung mit der notwendigen Priorität angegangen wird und wir gemeinsam in ein sektorenübergreifendes, nachhaltiges und resilientes Gesundheitssystem investieren. Für unsere gesunde Zukunft und die unserer Kinder“, so Bauernfeind. pm/tok

Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. Foto: AOK Baden-Württemberg