Sportwetten können schnell süchtig machen: „Viele glauben, dass hier das eigene Sportwissen über die Gewinne entscheidet. Doch auch Sportwetten sind Glücksspiele, und letztlich ist der Zufall entscheidend“, sagt Landesgesundheitsminister Manne Lucha. Am Ende gewinne immer der Anbieter. Foto: Xabi (KI-generiert)/stock.adovbe.com
Aktionstag gegen Glücksspiel: Riskante Sportwetten, Experten ohne Chance und die Anbieter gewinnen
„Bei Sportwetten ist das Risiko, süchtig zu werden, besonders groß. Mit dem jährlichen Aktionstag machen die Länder auf die Risiken des Glücksspiels aufmerksam und informieren über Hilfsangebote“, sagt Landesgesundheitsminister Manne Lucha. Zum bundesweiten Aktionstag gegen Glücksspielsucht am 25. September macht das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg auf das besondere Risiko von Sportwetten aufmerksam.
1,4 Millionen Glücksspielsüchtige in Deutschland
„Etwa 1,4 Millionen Menschen in Deutschland haben eine glücksspielbezogene Störung. Dazu kommen unzählige betroffene Angehörige und Freunde. Bei Sportwetten ist das Risiko, süchtig zu werden, besonders groß“, berichtet Manne Lucha. Der Grund für den hohen Suchtfaktor von Sportwetten: „Viele glauben, dass hier das eigene Sportwissen über die Gewinne entscheidet. Doch auch Sportwetten sind Glücksspiele, und letztlich ist der Zufall entscheidend. Auch wenn ich mich noch so gut beim Fußball oder anderen Sportarten auskenne: Den Ausgang eines Spiels kann ich nicht mit Sicherheit voraussagen“, so der Gesundheitsminister.
Jeder ist ein Experte, aber der Anbieter gewinnt immer
Kein Wunder, dass die Werbung der Sportwetten-Anbieter vor allem junge, sportliche Menschen ansprechen will. Wer selbst Fußball spielt und den Sport am Fernsehen verfolgt, sich über Zeitungen und Fachmagazine informiert und in diversen Foren und Gruppen in den Sozialen Medien über Fußball diskutiert, der entwickelt schnell das Gefühl, jede Menge Insiderkenntnisse zu besitzen. Und mit diesem Expertenwissen müsste es doch möglich sein, den Spielausgang möglichst exakt vorhersagen zu können.
Abgesehen von den verschiedenen Studien, die aufzeigen, dass ein profundes Wissen und die tägliche Beschäftigung mit dem Thema keinen auffälligen Vorteil bei Sportwetten bieten, sollte doch ein Umstand besonders zu denken geben: Am Ende gewinnt nämlich immer der Wettanbieter. Der Beweis: Es gibt immer mehr davon. Im Internet trifft man ständig auf neue Anbieter, die schnelles Glück und schnelles Geld versprechen. Wäre alle Experten immer erfolgreich, könnte kein Wettanbieter wirtschaftlich überleben.
Der typische Glücksspielsüchtige ist männlich und jung
Bei 2,4 Prozent der deutschen Bevölkerung im Alter von 18 bis 70 Jahren ist laut den Ergebnissen des Glücksspiel-Surveys 2023 eine „Störung durch Glücksspiele“ erkennbar. Männer sind mit 3,2 Prozent deutlich häufiger betroffen als Frauen mit 1,4 Prozent. Der Bevölkerungsanteil mit einer leichten Störung liegt bei 1,0 Prozent, der mit einer mittleren und schweren Störung bei jeweils 0,7 Prozent.
In der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen ist der Anteil von Personen mit einer glücksspielbezogenen Störung mit 4,9 Prozent am höchsten, bei den 56- bis 70-Jährigen mit 0,9 Prozent am niedrigsten. (Quelle: https://www.isd-hamburg.de/wp-content/uploads/2024/03/Gluecksspielsurvey_2023.pdf)
Erregung, Entzugserscheinungen und Lügen
Wie erkennt man eine Glücksspielsucht? Im Grunde ist das wie bei anderen Süchten auch: Es geht um ein hohes Maß an Erregung und die Erwartung einer befriedigenden Belohnung. Ersteres bieten immer neue Einsätze beim Glücksspiel, Zweiteres kommt nur gelegentlich vor. Und dann gibt es auch die Entzugserscheinungen, wenn man das Glücksspiel einschränken will oder muss. Zum Suchtverhalten gehört auch das ständige Denken ans Glücksspiel, über die steigenden Verluste und die neuen Strategien und Risiken, die man ausprobieren will, um endlich in die Gewinnzone zu kommen. Am Ende beschäftigt sich der Glücksspielsüchtige immer wieder damit, wie er Geld für seine Einsätze beschaffen kann. Spätestens dann prägt das Lügen über die Sucht und die damit verbundenen Verluste den Alltag.
Zugleich erlebt der Spieler Gefühle wie Hilflosigkeit und Schuld, denn er steht seiner Sucht und den Verlusten machtlos gegenüber und weiß zugleich auch, dass er sein familiäres, berufliches und soziales Umfeld belügt und schädigt. Psychisch können Betroffene unter Angstzuständen, Depressionen und einem verminderten Selbstwertgefühl leiden.
Für Betroffene und deren Angehörige kann dann das Glücksspiel den Alltag dominieren. Familien der Betroffenen werden von den Folgen der Sucht getroffen. Es drohen Arbeitslosigkeit, Verlust der Wohnung, Brüche in Beziehungen und in der Familie sind mögliche Folgen einer Glücksspielsucht.
Hilfsangebote früh nutzen
Es gibt verschiedene Therapieansätze zur Behandlung von Glücksspielsucht. Es ist wichtig, dass Betroffene sich Hilfe suchen, da eine frühzeitige Intervention die Chancen auf eine erfolgreiche Genesung erhöht. Das kann hilfreich gegen Glücksspielsucht sein:
1. Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine häufig angewandte Methode, die Betroffenen hilft, ihre Denkmuster zu ändern und gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln.
2. Selbsthilfegruppen: Organisationen wie die Anonymen Spieler bieten Unterstützung und Austausch mit anderen Betroffenen.
3. Medikamentöse Therapie: In einigen Fällen können Medikamente eingesetzt werden, um die Symptome der Sucht zu lindern oder begleitende psychische Erkrankungen zu behandeln.
4. Beratungsstellen: Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, die individuelle Unterstützung und Informationen anbieten.
In Baden-Württemberg informieren Suchtberatungsstellen und Kommunale Suchtbeauftragte sowie Beauftragte für Suchtprävention in den Stadt- und Landkreisen über die Risiken des Glücksspiels und über Beratungsmöglichkeiten vor Ort. Sie regen mit unterschiedlichen Aktionen wie Infoveranstaltungen oder Mitmach-Angeboten in Fußgängerzonen zur Auseinandersetzung mit dem Thema Glücksspielsucht an. pm/tok
Weiterführende Informationen zum Thema und Hilfe finden Sie hier:
- www.spass-statt-sucht.de – Adressen von Beratungsstellen sowie Informationen zu einzelnen regionalen Aktionen im Rahmen des Aktionstags Glücksspielsucht
- www.sucht-bw.de – Homepage der Landesarbeitsgemeinschaft der Beauftragten für Suchtprävention und Kommunalen Suchtbeauftragten in Baden-Württemberg
- Bundesweite Anlaufstelle – Die Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht (bundesweit-gegen-gluecksspielsucht.de) – Hilfe bei Glücksspielsucht für Betroffene, Angehörige und Interessierte
- www.suchtberatung.digital – Digitale Suchtberatung für Betroffene und Angehörige
- www.bzga.de – Homepage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung u. a. mit Informationen und Materialien zum Thema Glücksspielsucht.