
Süße Getränke sind die tägliche Zuckerfalle, die immer mehr Kinder in Deutschland übergewichtig machen. Am Ende exzessiver Softdrink-Nutzung und hohen Zuckerkonsums muss man nicht nur mit mehr Karies rechnen, Adipositas oder Typ-2-Diabetes sind mögliche und schwerwiegende Folgen. Foto: Monkey Business/stock.adobe.com
Adipositas bei Kindern: Das können Eltern gegen die tägliche Zuckerfalle Softdrinks tun
Übergewicht und Adipositas bei Kindern haben in den vergangenen Jahrzehnten alarmierend zugenommen, weltweit und auch hierzulande: Nach den neuesten Erhebungen bringt fast jedes sechste Kind in Deutschland zu viel auf die Waage und 5,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind bereits sogar krankhaft fettleibig (adipös), berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Als eine der Hauptursachen für das wachsende gesundheitliche Risiko von Übergewicht gilt der hohe Zuckerkonsum in fester und flüssiger Form bei Kindern und Jugendlichen.
Überaus beliebt: zuckerhaltige Getränke
Allein 2024 gab jede Person in Deutschland im Schnitt 245 Euro für Süßwaren aus und damit mehr als für jede andere Lebensmittelgruppe. Hauptanteile des hohen Zuckerverbrauchs sind Kuchen, Gebäck, Süßigkeiten, Schokolade und besonders die bei Kindern beliebten süßen Getränke: Laut einer Marktstudie der Organisation Foodwatch trinkt in Deutschland fast jedes sechste Kind beziehungsweise jeder sechste Jugendliche ein- bis dreimal am Tag ein zuckerhaltiges Getränk, 4 Prozent trinken sogar viermal täglich ein zuckerhaltiges Getränk in Form von Limo, Cola, gesüßtem Tee oder Eistee, zuckerhaltiger Fruchtsaft, Fruchtnektar oder Fruchtsaftschorle.
Die dabei konsumierte Menge der Flüssigkeit steigt mit zunehmendem Alter der Kinder: 7- bis 13-Jährige trinken durchschnittlich etwa einen Viertelliter, männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren sogar einen halben Liter Süßgetränke täglich.
Klarer Zusammenhang zwischen Getränk und Gewicht
Ein regelmäßiger Verzehr von Süßgetränken ist nachweislich mit Gesundheitsrisiken für Kinder verbunden, betont die Stiftung Kindergesundheit. Studien konnten bereits mehrfach nachweisen, dass zwischen dem Konsum von sogenannten Softdrinks und einer erhöhten Gewichtszunahme ein direkter Zusammenhang besteht. Ganz gleich ob in fester oder flüssiger Form, Studien belegen: Zucker ist ein zentraler Risikofaktor für Adipositas, Typ-2-Diabetes und der Zahnkrankheit Karies.
„Eine Analyse von elf internationalen Studien kommt zu dem Ergebnis, dass ein regelmäßiger Konsum zuckerhaltiger Getränke für etwa ein Fünftel des Risikos der Fettleibigkeit im Kindes– und Jugendalter verantwortlich ist“, sagt Kinder- und Jugendarzt Prof. Dr. Dr. Berthold Koletzko, Ernährungsexperte der Universitäts-Kinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Studien aus den USA folgern, dass dort rund 20 Prozent der Gewichtszunahmen der Bevölkerung allein auf das Konto zuckerhaltiger Getränke gehen“. Der durchschnittliche Zuckergehalt gesüßter Getränke beträgt in Deutschland nach aktuellen Erhebungen von Foodwatch 7,3 Prozent. Das sind etwa sechs Zuckerwürfel je 250 ml Glas.
Warten auf eine Sonderabgabe auf süße Limos
Eine Sonderabgabe auf zuckerhaltige Getränke, wie sie in vielen Ländern schon existiert, könnte auch in Deutschland die gesündere Getränkeauswahl erleichtern. Professor Koletzko: „Wir hoffen sehr auf die Bereitschaft der Politik zu konsequenten Maßnahmen, denn die Lasten des heute bestehenden kindlichen Übergewichts für Krankheitsfolgen und eingeschränkte Lebenschancen sind enorm hoch. Allein die Gesundheitskosten für die heute in Deutschland übergewichtigen Kinder und Jugendlichen werden mit 1,8 Milliarden Euro berechnet. Es ist also höchste Zeit zum Handeln“.
Während man in Deutschland auf eine freiwillige Selbstverpflichtung setzt, die bislang noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, sieht es auf der Insel jenseits des Ärmelkanals anders — und besser aus. Großbritannien hat im April 2018 die „Soft Drinks Industry Levy“ eingeführt, eine gestaffelte Steuer auf zuckerhaltige Getränke. Diese Steuer erhebt Abgaben von 18 Pence (Stand 7. Mai 2025 rund 21 Cent) pro Liter für Getränke mit 5 bis 8 Gramm Zucker pro 100 ml und 24 Pence (Stand 7. Mai 2025 rund 28 Cent) pro Liter für Getränke mit mehr als 8 Gramm Zucker pro 100 ml.
Die Auswirkungen dieser Maßnahme sind signifikant:
- Der durchschnittliche Zuckergehalt in Softdrinks sank von 5,3 Gramm auf 3,8 Gramm pro 100 ml, was einer Reduktion von etwa 30 Prozent entspricht.
- Kinder reduzierten ihren täglichen Zuckerkonsum um etwa 5 Gramm, Erwachsene um 11 Gramm.
- Die Einnahmen aus der Steuer beliefen sich im Fiskaljahr 2021/22 auf 334 Millionen Pfund (Stand 7. Mai 2025 rund 393 Millionen Euro).
Wasser – das beste Getränk für Kinder
Die Stiftung Kindergesundheit hat bereits zum wiederholten Male auf die negativen Folgen des Konsums von gezuckerten Getränken hingewiesen. Sie empfiehlt stattdessen Eltern und Kindern mit Nachdruck das regelmäßige Trinken von Wasser:
- Kinder und Jugendliche sollen Wasser trinken.
- Kinder brauchen im Durchschnitt fünf bis sechs Gläser Flüssigkeit am Tag.
- Sie sollten von klein auf lernen, dass Wasser ein gesundes und wohlschmeckendes Getränk ist.
- Achten Sie darauf, dass Sie und Ihre Kinder regelmäßig über den Tag verteilt trinken, denn der Körper kann Wasser nicht für einen langen Zeitraum speichern.
- Stellen Sie stets Wasser in Griffweite und ermuntern Sie Ihr Kind zum Trinken.
- Sorgen Sie für ein zuckerfreies Getränk zu jeder Mahlzeit.
- Zur Abwechslung kann Wasser mit Geschmack, geeisten Früchten, Zitronenscheiben oder auch eine verdünnte Saftschorle dienen.
- Limonade, Cola-Getränke, gesüßte Tees oder Eistees, Fruchtsäfte, Fruchtnektare oder Fruchtsaftschorle sollten die Ausnahmen bleiben und nicht die Regel.
- In Kindertagesstätten und Schulen sollten keine zuckerhaltigen Getränke angeboten werden.
Süßigkeiten – klare Regeln helfen beim Maßhalten
Die Stiftung Kindergesundheit plädiert außerdem dafür, in den Familien von Anfang an feste Regeln im Umgang mit Süßigkeiten aufzustellen und so dem Kind zu helfen, sein eigenes Maß zu finden. Sie empfiehlt:
- Benutzen Sie Süßigkeiten niemals als Belohnung, Druckmittel oder Strafe. Dann bleiben Süßigkeiten lediglich wohlschmeckende Nahrungsmittel und bekommen keinen übertriebenen Gefühlswert.
- Besonders wichtig: Versuchen Sie das Thema „Süßigkeiten“ nicht zu einem ernsthaften Familienproblem werden zu lassen. Sonst besteht die Gefahr, dass das Verlangen der Kinder nach Süßem durch den Reiz des Außergewöhnlichen erst recht geschürt wird und sie anfangen, heimlich zu naschen.
- Süßspeisen werden nach Möglichkeit nur einmal am Tag zu einer Mahlzeit gegessen. Anschließend werden die Zähne geputzt.
- Legen Sie keine süßen Vorräte an: Was nicht im Haus ist, kann auch nicht gegessen werden. Gegen Süßhunger sind Obst und Karotten eine probate Hilfe.
- Lassen Sie keine Süßigkeiten offen herumstehen. So schützen Sie sich selbst und Ihre Kinder davor, aus Langeweile oder Gedankenlosigkeit ohne besonderen Appetit Bonbons, Gummibärchen, Schokolade oder Kekse zu essen.
- Erklären Sie ihrem Kind so früh wie möglich, dass süße Sachen schädlich für die Zähne sind. Gewöhnen Sie das Kind daran, die Zähne zu putzen, sich den Mund auszuspülen oder einen Apfel zu essen, nachdem es Süßigkeiten gelutscht hat.
- Nach dem abendlichen Zähneputzen sollte nichts mehr gegessen werden. Späte „Betthupferl“ nagen an den Zähnen.
- Und halten Sie sich bitte selbst an die Regeln – wer ständig nascht, kann kein gutes Vorbild sein. pm