Softdrinks sind beliebt, schmecken süß und machen schnell süchtig nach mehr. Doch gesund sind sie nicht. Die Zuckermenge in den Softdrinks kann der Auslöser für viele Gesundheitsschäden werden. In Deutschland geht der Zuckergehalt nur langsam zurück. in Großbritannien hat eine Zuckersteuer auf Softdrinks den Rückgang erfolgreich beschleunigt. Foto: Alpha - KI-generiert/stock.adobe.com

Weiter zu viel Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten — Zuckersteuer auf Softdrinks als britisches Erfolgsmodell

„Kinder müssen vor dem übermäßigen Konsum zucker- und fetthaltiger Lebensmittel geschützt werden – zum Beispiel durch gezielte Werbeverbote und die Einführung einer Zuckersteuer. Die Gewinninteressen der Lebensmittellobby dürfen nicht länger über das Wohl der Kinder gestellt werden“, sagte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt Anfang Januar. Flankiert werden sollten diese Maßnahmen durch regelmäßigen und verbindlichen Gesundheitsunterricht an Schulen und Berufsschulen. 

Übergewicht, Adipositas, Typ-II-Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden: Die Liste der mit ungesunder Ernährung im Zusammenhang stehenden Erkrankungen ist lang. Die Bundesregierung hat daher 2018 die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI) gestartet. Seitdem haben sich insgesamt elf Verbände der Lebensmittelwirtschaft verpflichtet, den Anteil dieser Substanzen bis 2025 zu verringern. Doch ein Bericht zeigt: Es ist noch viel zu tun, um verarbeitete Lebensmittel gesünder zu machen.

Die Reduktionsinitiative ist Teil der Ernährungsstrategie der Bundesregierung unter dem Titel „Gutes Essen für Deutschland“. 2020 hat das Ministerium einen ersten NRI-Zwischenbericht vorgelegt und im Juli 2023 einen Sonderbericht zu Produkten mit Kinderoptik. Seit dem ersten Etappenbericht 2020 haben sich der Verband Deutscher Großbäckereien und der Bundesverband Deutscher Wurst- und Schinkenproduzenten mit Zusagen zur Verringerung von Salz der Initiative angeschlossen. Dies hat „Gesundheit und Gesellschaft im Fokus“, das AOK-Forum für Politik, Praxis und Wissenschaft, mitgeteilt.

Trotz Reduktion von Zucker und Salz noch keine ausgewogene Ernährung

Der 2024 vorgelegte Zwischenbericht, der auf Erhebungen des Max-Rubner-Instituts (MRI) beruht, zeigt laut dem damaligen Bundeministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), „dass die bislang durchgeführten Produktreformulierungen noch nicht ausreichen, um eine ausgewogene Ernährung im erforderlichen Umfang zu unterstützen“. In einigen Produktgruppen seien Zucker-, Fett-, Salz- und teilweise auch der Energiegehalt reduziert worden. Allerdings sei auch erkennbar, dass die Reduktionsbemühungen der Lebensmittelindustrie in den vergangenen Jahren teilweise nachgelassen hätten oder zum Stillstand gekommen seien. In einigen Produktgruppen wurden gar Erhöhungen der Energie- beziehungsweise Nährstoffgehalte festgestellt.

Das BMEL führt eine Reihe von Beispielen an: Bei den Joghurt- sowie gesüßten Quarkzubereitungen zeigten sich im Vergleich zur Basiserhebung von 2016 im ersten Zwischenbericht 2020 signifikante Verringerungen der durchschnittlichen Zuckergehalte um 13 Prozent beziehungsweise 23 Prozent bei gleichzeitiger Reduktion der Energiegehalte um 8 Prozent beziehungsweise 11 Prozent. Im Vergleich zur ersten Folgeerhebung 2019 sank der Zuckergehalt bei Joghurtzubereitungen danach nochmal um 6 Prozent. Bei den gesüßten Quarkzubereitungen gab es hingegen seit 2019 keine statistisch signifikante Veränderung. 

Gesundheits-Ziele bei Kinderprodukten verfehlt 

Die Zuckergehalte in gesüßten Milchprodukten mit Kinderoptik blieben seit 2019 mit durchschnittlich 11,5 Gramm pro 100 Gramm im Jahr 2022 hoch, das Reduktions­tempo hat sich verlangsamt. Seit 2016 ist hier eine Zuckerreduzierung um durchschnittlich 19 Prozent zu verzeichnen, seit 2019 um 6 Prozent. Doch: 26 Prozent der Joghurts, gesüßten Quarks und Trinkjoghurts mit Kinderaufmachung lagen 2022 oberhalb des Grenzwertes für den Zuckergehalt des aktuellen Nährwertprofil-Modells der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Vermarktung gegenüber Kindern. Bei Frühstückscerealien ging der Zuckeranteil im Vergleich zur Basiserhebung um 20 Prozent zurück, gleichzeitig stieg aber der durchschnittliche Fettgehalt um 19 Prozent.

Mehr Zucker in „Limonaden light“

Bei der Gesamtstichprobe der Erfrischungsgetränke zeigte sich zwischen 2018 und 2022 zwar eine signifikante Verringerung der Zuckergehalte um 5 Prozent, jedoch keine besondere Veränderung im Vergleich zur ersten Folgeerhebung 2019. Bei gesüßten Erfrischungs­getränken sei zwischen Basis- und erster Folgeer­hebung ein signifikanter Rückgang der Zuckergehalte festzustellen, schreibt das Ministerium. Dieser setzte sich jedoch zwischen dem ersten und zweiten Etappenbericht nicht fort. Bei einigen Produktuntergruppen erhöhte sich der Zuckergehalt seit der Basiserhebung sogar signifikant, etwa bei „Limonaden light“. Bei fruchthaltigen Getränken mit Zuckerzugabe zeigten sich zwischen 2018 und 2022 keine besonderen Veränderungen beim Zuckergehalt.

Bei Nudelsoßen verringerten die Hersteller den Salzanteil zwischen 2016 und 2021 spürbar, bei den absatzstarken Bolognese-Soßen mit Fleisch gar um 15 Prozent. Bei hellen Nudelsoßen mit Käse oder Sahne seien aber trotz Reduzierungen weiter relativ hohe Energie- und Fettgehalte aufgefallen, berichten die Autoren. Nudelsoßen mit Kinderoptik wiesen zwar den geringsten Salzgehalt, dafür allerdings den höchsten Zuckergehalt unter den Nudelsoßen auf. Für die ebenfalls viel konsumierten Eintöpfe fanden die Experten zwischen 2016 und 2022 keine nennenswerten Veränderungen.

Bei Feingebäck beobachteten die Tester zwischen 2016 und 2021 eine durchschnittliche Zuckerreduktion um 7 Prozent bei gleichzeitiger Erhöhung der Gehalte an Fett und gesättigten Fettsäuren um 4,3 beziehungsweise 4,8 Pro­zent. Zuckerreduktionen wurden laut BMEL in sieben von 32 untersuchten Produktuntergruppen festgestellt.

Britische Zuckersteuer bei Softdrinks als Vorbild für Deutschland?

Die Einführung einer Zuckersteuer ist ein bedeutendes gesundheitspolitisches Instrument zur Reduzierung des Zuckerkonsums und zur Prävention ernährungsbedingter Erkrankungen. Ein Vergleich zwischen Deutschland und Großbritannien zeigt deutlich die unterschiedlichen Auswirkungen von freiwilligen Maßnahmen gegenüber gesetzlich verankerten Abgaben. 

Die Vorteile des Zuckersteuermodells jenseits des Ärmelkanals: Ein übermäßiger Konsum von Zucker, insbesondere durch zuckerhaltige Getränke, steht in direktem Zusammenhang mit einer erhöhten Prävalenz von Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Erkrankungen belasten nicht nur die individuelle Gesundheit, sondern führen auch zu erheblichen Kosten für das Gesundheitssystem. Die Ausgaben könnte sich das deutsche Gesundheitssystem sparen. Gleichzeitig fließen, während die Menschen gesündere Drinks genießen, Steuereinnahmen in die marode Staatskasse

Deutschland: Freiwillige Selbstverpflichtung mit begrenztem Erfolg

Seit 2015 setzt Deutschland auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Getränkeindustrie, den Zuckergehalt in Softdrinks bis 2025 um 15 Prozent zu reduzieren. Jedoch zeigen Studien, dass der durchschnittliche Zuckergehalt von Softdrinks zwischen 2015 und 2021 lediglich von 5,3 Gramm auf 5,2 Gramm pro 100 ml gesunken ist, was einer Reduktion von nur etwa 2 Prozent entspricht. Diese geringe Veränderung deutet darauf hin, dass freiwillige Maßnahmen allein nicht ausreichen, um den Zuckerkonsum signifikant zu senken. 

Großbritannien: Gesetzliche Zuckersteuer mit messbarem Erfolg

Im Gegensatz dazu hat Großbritannien im April 2018 die „Soft Drinks Industry Levy“ eingeführt, eine gestaffelte Steuer auf zuckerhaltige Getränke. Diese Steuer erhebt Abgaben von 18 Pence (Stand 7. Mai 2025 rund 21 Cent) pro Liter für Getränke mit 5 bis 8 Gramm Zucker pro 100 ml und 24 Pence (Stand 7. Mai 2025 rund 28 Cent) pro Liter für Getränke mit mehr als 8 Gramm Zucker pro 100 ml. 

Die Auswirkungen dieser Maßnahme sind signifikant:

  • Der durchschnittliche Zuckergehalt in Softdrinks sank von 5,3 Gramm auf 3,8 Gramm pro 100 ml, was einer Reduktion von etwa 30 Prozent entspricht.
  • Kinder reduzierten ihren täglichen Zuckerkonsum um etwa 5 Gramm, Erwachsene um 11 Gramm.
  • Die Einnahmen aus der Steuer beliefen sich im Fiskaljahr 2021/22 auf 334 Millionen Pfund (Stand 7. Mai 2025 rund 393 Millionen Euro).

Potenzielle Auswirkungen einer Zuckersteuer in Deutschland

Der Vergleich zwischen Deutschland und Großbritannien verdeutlicht, dass gesetzlich verankerte Maßnahmen wie eine Zuckersteuer effektiver sind als freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie. Und auch die Industrie hat sich in Großbritannien darauf eingestellt. Vor der Umstellung auf die Zuckersteuer gab es fast nur Softdrinkmarken, die mehr als 8 Gramm Zucker auf 100 ml Flüssigkeit aufwiesen. Danach hat sich das Bild ins genaue Gegenteil verkehrt. Jetzt haben die meisten Softdrinkmarken nur noch 4 bis 5 Gramm Zucker pro 100 ml. Angesichts der gesundheitlichen und ökonomischen Vorteile wäre die Einführung einer solchen Steuer in Deutschland ein bedeutender Schritt zur Förderung der öffentlichen Gesundheit. Dass auch die deutsche Getränkeindustrie diese Umstellung bewältigen kann, scheint angesichts der Erfolge in Großbritannien nicht wirklich eine Frage zu sein.

  • Studien zeigen, dass die Einführung einer Zuckersteuer in Deutschland bei einem pauschalen Preisaufschlag von 20 Prozent auf Softdrinks den täglichen Zuckerkonsum pro Person um etwa 1 Gramm senken könnte. 
  • Eine gestaffelte Steuer, ähnlich dem britischen Modell, könnte den Zuckerkonsum pro Person um bis zu 2,3 Gramm täglich reduzieren, bei Männern zwischen 30 und 49 Jahren sogar um 6,1 Gramm. Langfristig könnten so bis zu 244.100 Fälle von Typ-2-Diabetes verhindert und bis zu 16 Milliarden Euro an Gesundheitskosten eingespart werden.   pm/tok