Wenn der Zuckerkonsum in den ersten 1000 Tagen eines Kindes gesenkt wird, sinkt auch das Risiko, später an Typ-2-Diabetes zu erkranken, um 35 %. Zudem können die Risiken für Adipositas um 30 % und für Bluthochdruck um 20 % reduziert werden. Foto: Poprock3d-KI-generiert/stock.adobe.com

Zuckerkonsum in den ersten 1000 Kinder-Tagen entscheidend für Gesundheit im Erwachsenenalter

Eine kürzlich veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Zuckerkonsum in den ersten 1000 Tagen eines Kindes – während der Schwangerschaft und in den ersten beiden Lebensjahren – einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit hat. Die Zahlen sprechen für sich.

Wenn der Zuckerkonsum in dieser Zeit begrenzt wird, sinkt das Risiko, später an Typ-2-Diabetes zu erkranken, um 35 Prozent. Zudem können die Risiken für Adipositas um 30 Prozent und für Bluthochdruck um 20 Prozent reduziert werden.

Politik soll „gesunde Wahl zur einfachen Wahl“ machen

„Die Ergebnisse sind alarmierend und verdeutlichen die Dringlichkeit des politischen Handelns. Wir brauchen ein Umfeld, das es allen Menschen in Deutschland ermöglicht, sich gesund zu ernähren, ganz besonders während der Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren. Die Politik ist in der Pflicht, endlich gesetzliche Regelungen einzuführen, die die gesunde Wahl zur einfachen Wahl macht“, fordert Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz für Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), anlässlich der Veröffentlichung dieser Studie.

Freiwilligkeit der Industrie bei Zucker-Reduktion funktioniert nicht

Barbara Bitzer sieht keinen Fortschritt bei den Bemühungen in Deutschland, den Zuckergehalt in Nahrungsmitteln oder Getränken nachhaltig zu verringern. Weil gezuckerte Getränke das Risiko für Übergewicht und Erkrankungen wie Diabetes erhöhen, haben einige Länder deswegen Steuern oder Abgaben auf Softdrinks eingeführt. In Großbritannien müssen Unternehmen Abgaben leisten, die sich nach der Zuckermenge in den Softdrink-Rezepturen richten. In Mexiko wird die Steuer dagegen unabhängig vom Zuckergehalt der Softdrinks erhoben. Ergebnisse aus internationalen Studien zeigen, dass letztere Variante vor allem zu einer verringerten Nachfrage nach Softdrinks führt, während die erstere Variante zudem mit einer Änderung der Rezeptur hin zu weniger Zucker in den Softdrinks einher geht. Eine Zuckersteuer in Deutschland? Fehlanzeige.

In Deutschland gibt es seit 2018 eine Selbstverpflichtung der Getränkeindustrie, den Zuckergehalt in Softdrinks zu reduzieren. Wie eine Studie unter Mitwirkung von Michael Laxy, Professor für Public Health und Prävention an der TUM und DZD-Wissenschaftler, Anfang 2023 gezeigt hat, bleiben die Auswirkungen bislang deutlich hinter den Erwartungen zurück. So sieht es auch die DDG-Geschäftsführerin: „Freiwillige Maßnahmen der Industrie sind krachend gescheitert, die Nationale Reduktionsstrategie bleibt hinter den selbstgesteckten Zielen zurück und Appelle an die Eigenverantwortung allein reichen nicht aus, um den besorgniserregenden Anstieg von Übergewicht und den damit verbundenen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Bevölkerung zu stoppen.“

Wenn Kinder zu Zuckerjunkies werden

Wenn schon der Zuckerkonsum in den ersten 1000 Tagen eines Kindes einen nachhaltigen Einfluss auf spätere Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Adipositas oder Bluthochdruck hat, dann dürften auch die Jahre danach, in denen Kinder und Jugendliche überall mit zuckerhaltigen Lebensmitteln umworben werden, der Gesundheit nicht dienlich sein. Der Weg zum Zuckerjunkie ist gepflastert mit Werbung für Zuckerhaltiges auf allen Medienkanälen. „Dringend notwendig sind verbindliche Beschränkungen der Werbung für ungesunde Lebensmittel, wenn sie sich an Kinder richtet sowie die Einführung einer Herstellerabgabe auf stark zuckerhaltige Getränke und eine steuerliche Entlastung gesunder Lebensmittel“, drängt Barbara Bitzer zu raschem Handeln in der Politik.

So schnell scheint das aber nicht umgesetzt zu werden. Für die DDG-Geschäftsführerin steht fest: „Die Studie unterstreicht wieder einmal die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes zur Verbesserung der Gesundheitssituation in Deutschland. Ein gesundes Aufwachsen unserer Kinder sollte der Politik mehr Wert sein als die monetären Interessen der Lebensmittel- und Werbeindustrie. Wir appellieren daher an die Bundesregierung, endlich als ersten Schritt Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor schädlichen Werbeeinflüssen zu ergreifen. Ein entsprechender Vorschlag liegt seit über einem Jahr auf dem Tisch und muss dringend verabschiedet werden.“     pm/tok Zur Studie: Tadeja Gracner et al., Exposure to sugar rationing in the first 1000 days of life protected against chronic disease.Science0,eadn5421DOI:10.1126/science.adn5421