Vom Hersteller vorgelegte Studiendaten deuten darauf hin, dass Patienten, die unter gastroösophagealer Refluxkrankheit leiden und bei denen die maximale konservativ-medikamentöse Refluxtherapie nicht ausreichend anschlägt, davon profitieren, wenn bei ihnen eine Magnetkette um die Speiseröhre gelegt wird. Foto: Orawan/stock.adobe.com
Adieu, Sodbrennen? Einsetzen einer Magnetkette um die Speiseröhre hilft bei Refluxkrankheit
Wir essen zu viel und trinken gerne das Falsche: zu viel Fettes, Schweres, Süßes und Alkohol. Unser Magen erinnert uns dann daran und reagiert sauer. Zunächst einmal wirkt die Magensäure auf schädliche Bakterien in der Nahrung ein und erleichtert die Verdauung. So weit, so normal, denn ein gesunder Magen ist eigentlich gut gegen die Säure geschützt. Lästig wird es, wenn die Säure in die Speiseröhre gedrückt wird (Reflux). Gefährlich wird es, wenn der Rückfluss ständig für Sodbrennen sorgt.
Sodbrennen: Wenn der Reflux ständig kommt
Wenn der Magen nur langsam die fettigen, süßen oder scharfen Nahrungsmengen verarbeiten kann und Alkohol, Nikotin oder einige Medikamente den oberen Magenverschluss durchlässig machen, ist der Reflux vorprogrammiert. Wird das Sodbrennen zur Normalität, sollte der Arzt aufgesucht werden. Zuweilen verbergen sich auch Krankheiten hinter dieser Reaktion. So sind zum Beispiel Aufstoßen und Sodbrennen typische Begleiterscheinungen des Reizmagens.
Gegen diese säurebedingten Refluxbeschwerden helfen sogenannte Protonenpumpenhemmer (PPI) oder H2-Blocker, höher dosiert jeweils verschreibungspflichtig. Antacida, meist rezeptfreie Medikamente, lindern leichte Beschwerden. Sind allerdings aus dem Takt geratene Magen-Darm-Bewegungen die Ursache der Beschwerden, wirken Antacida nicht.
Von einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) spricht man, wenn der Rückfluss dazu führt, dass häufiges oder starkes Sodbrennen oder Aufstoßen die Lebensqualität beeinträchtigt oder die Speiseröhre sich entzündet. Wenn es nicht gelingt, die Refluxbeschwerden durch eine Änderung des Lebensstils zu lindern, können zusätzlich Medikamente gegeben werden. Bringt auch die medikamentöse Behandlung nicht den gewünschten Erfolg oder sind die Beschwerden sehr stark, kommt eine Operation in Betracht.
Laparoskopische Fundoplicatio (LF) ist aktuell der Standard
Ziel einer laparoskopischen Fundoplicatio (LF) ist es, zu verhindern, dass Säure vom Magen in die Speiseröhre zurückfließt. Bei dieser Operation wird der obere Teil des Magens um das untere Ende der Speiseröhre gelegt und dort an Zwerchfell, Magen oder Speiseröhre festgenäht. Das stärkt den Verschluss am unteren Ende der Speiseröhre und soll so Sodbrennen und Reflux verhindern. Bei schwerer GERD-Problematik ist die LF derzeit das Standardverfahren und wird etwa 15.000 bis 20.000 Mal pro Jahr in Deutschland durchgeführt.
Die Magnetische Sphinkter-Augmentation (MSA) ist ein neues Verfahren für die chirurgische Behandlung der GERD. Dabei wird eine aus magnetischen Titanperlen bestehende Kette als Ring oberhalb des Magens um die untere Speiseröhre platziert. Ziel ist es, mit diesem Magnetring den unteren Schließmuskel der Speiseröhre zu verstärken und so den Rückfluss aus dem Magen in die Speiseröhre zu verhindern, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet.
Magnetische Sphinkter-Augmentation (MSA) als Alternative
Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht, ob die Methode „Magnetische Sphinkter-Augmentation“ (MSA) bei gastroösophagealer Refluxkrankheit das Potenzial besitzt, eine Behandlungsalternative zu einer per Bauchspiegelung durchgeführten Anti-Reflux-Operation (laparoskopische Fundoplicatio = LF) oder zu anderen operativen Verfahren zu sein. Für den Vergleich der MSA mit der LF bejaht das IQWiG diese Frage und empfiehlt eine randomisierte kontrollierte Studie, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
Nach der „Erprobungsregelung“ (§137e SBG V) kann der G-BA Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beschließen, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, die aber „das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative“ erkennen lassen – er kann also klinische Studien anstoßen, um die Evidenzlage für einzelne Methoden zu verbessern.
Basierend auf der heute veröffentlichten IQWiG-Potenzialbewertung für die MSA hat der G-BA genau dies getan und die Erprobungsrichtlinie „Magnetische Ösophagus-Sphinkter-Augmentation bei Gastroösophagealer Refluxkrankheit“ beschlossen. Nach Nichtbeanstandung durch das Bundesgesundheitsministerium im Rahmen der zweimonatigen Frist ist die Erprobungsrichtlinie jetzt in Kraft getreten.
Hersteller-Daten könnte auf Vorteile von MSA verweisen
Die vom Hersteller vorgelegten Studiendaten deuten darauf hin, dass Patienten, die unter GERD leiden und bei denen die maximale konservativ-medikamentöse Refluxtherapie nicht ausreichend anschlägt, davon profitieren, wenn bei ihnen eine MSA anstelle einer LF durchgeführt wird. Möglich, aber noch nicht nachgewiesen ist, dass dann sowohl die postoperative Komplikationsrate als auch die Krankenhausverweildauer sinken.
Das IQWiG empfiehlt deshalb eine randomisierte kontrollierte Studie, in der die MSA und die LF direkt miteinander verglichen werden, um auf dieser Basis den Nutzen der MSA abschließend bewerten zu können.
„Um eine belastbare Nutzenaussage zum Einsetzen eines Magnetkettchens bei Refluxpatienten treffen zu können, benötigen wir bessere Daten für den Vergleich der Magnetischen Sphinkter-Augmentation mit der laparoskopischen Fundoplicatio“, betont Julia Kreis, Bereichsleiterin für Potenzialbewertungen beim IQWiG. Deshalb sei es gut, dass der G-BA jetzt eine entsprechende Erprobungsstudie initiiert habe.
Kritik an Finanzierung der Studie
Kritisch sieht Kreis die Tatsache, dass diese Studie mit Beiträgen der gesetzlich Krankenversicherten finanziert wird, wenn sich kein Hersteller meldet, der die Studienkosten trägt: „Die MSA gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren. Sie wird vielfach in deutschen Krankenhäusern eingesetzt und kann sogar über eine eigene DRG abgerechnet werden. Warum hat es der Hersteller – ein großes umsatzstarkes Unternehmen – bis heute nicht für nötig erachtet, in einer eigenen Studie die Vorzüge seines etwa 3000 Euro teuren Implantats zu belegen?“, fragt die IQWiG-Wissenschaftlerin, die hier einen Fehler im System sieht. DGP/tok