Laut einer aktuellen Studie ist fast jeder zweite Arbeitnehmer sehr unzufrieden an seinem Arbeitsplatz. Dienst nach Vorschrift (Quiet Quitting) ist oft die typische Reaktion. Bei jungen Arbeitnehmern unter 30 Jahren (Generation Z) ist dies vergleichsweise stärker ausgeprägt. Foto: Model Republic/stock.adobe.com
45 % der Deutschen machen bei der Arbeit Dienst nach Vorschrift oder erleben es bei Kollegen
Hohe Unzufriedenheit in der Berufswelt: Arbeitnehmer haben in den vergangenen zwölf Monaten häufig mit Konflikten und Frustration am Arbeitsplatz zu kämpfen. 47 % arbeiten mit anderen zusammen, die gedanklich schon bei einem neuen Job sind (innere Kündigung) oder sie waren selbst bereits an diesem Punkt angelangt.
45 % machen Dienst nach Vorschrift (Quiet Quitting) oder haben es bei Kollegen beobachtet. Gefragt nach dem eigenen Handeln, sagen 22 % von sich, im vergangenen Jahr innerlich gekündigt zu haben. 15 % wollten keine Extra-Arbeit leisten. Dies sind Ergebnisse der repräsentativen Studie „Arbeiten 2023“ der Pronova BKK, für die im November 2023 genau 1204 Arbeitnehmer ab 18 Jahren online befragt wurden.
Gleich mehrere Hauptauslöser für die innere Kündigung
Hauptauslöser für Phänomene wie innere Kündigung oder Quiet Quitting sind nach Ansicht der Befragten vor allem Überlastung (70 %), zu geringe Bezahlung (69 %), fehlende Wertschätzung und belastende Arbeitszeiten (jeweils 68 %). Darauf reagieren sie nicht nur mit Dienst nach Vorschrift. Mehr als jeder Dritte sendet etwa aus Frust viele Bewerbungen an andere Arbeitgeber (Rage Applying) oder erlebt, dass Kollegen dies tun.
Wirtschaftspsychologin und Resilienz-Trainerin Patrizia Thamm ordnet die Ergebnisse ein: „Erschreckend viele Arbeitnehmer*innen sind unzufrieden im Job. Dies belastet nicht nur die Mitarbeitenden, sondern bremst auch den Unternehmenserfolg aus. Personalkosten werden verschwendet und das vorhandene Potenzial der Mitarbeitenden bleibt ungenutzt. Im Gespräch mit den Führungskräften besteht hingegen die Chance, den Mitarbeitenden mit anderen Aufgaben zu betrauen oder durch andere Arbeitsbedingungen, die Motivation wieder zu erhöhen, sodass dieser wieder eine neue Perspektive für sich erkennt.“
Fast 30 % der Generation Z haben 2023 innerlich gekündigt
Dass beruflich unzufriedene Menschen weniger engagiert sind und innerlich auf Distanz gehen, ist ein generationsübergreifendes Phänomen. Junge Arbeitnehmer unter 30 Jahren (Generation Z) zeigen allerdings eine höhere Neigung zur inneren Kündigung (29 % vs. 22 % gesamt), zum Quiet Quitting (19 % vs. 15 % gesamt) und zu Rage Applying (18 % vs. 13 % gesamt). Auch Ghosting wird von den 18- bis 29-Jährigen häufiger als von allen Befragten praktiziert: 15 % der Generation Z haben 2023 potenzielle Arbeitgeber gehostet – gegenüber 10 Prozent der Gesamtheit.
Zudem hat die Generation Z tendenziell auch mehr Verständnis für solche Phänomene als die Arbeitgeber insgesamt. Während knapp die Hälfte (49 %) kein Verständnis für innere Kündigung, Quiet Quitting, Rage Applying und Ghosting hat, sind es bei den unter 30-Jährigen lediglich 39 %, die ein solches Verhalten nicht nachvollziehen können.
Arbeitsatmosphäre wird beeinträchtigt
Unabhängig davon, ob Beschäftigte bisweilen Verständnis füreinander aufbringen: Selbst, wenn nur eine Person hochunzufrieden ist, kann dies die Arbeitsatmosphäre beeinträchtigen. Patrizia Thamm, Referentin für Gesundheitsförderung der Pronova BKK, erläutert: „Je stärker Mitarbeitende das Gefühl haben, Teamkolleg*innen ziehen sich zurück und es werde kaum noch produktiv gearbeitet, umso größer ist das Risiko, dass sie Frust aufbauen, demotiviert sind und schließlich auch resignieren. Dies kann das gesamte Teamklima schädigen.“
Fluktuation bei 18- bis 29-Jährigen steigt auf 36 %
In Zeiten des Fachkräftemangels sollte sich kein Unternehmen unzufriedene Mitarbeitende leisten. Im Gegenteil, es kommt verstärkt darauf an, talentierte junge Fachkräfte zu binden. Das fällt Arbeitgebern laut aktueller Studie aber schwer. Jüngere Beschäftigte haben 2023 häufiger (36 %) aus eigenem Antrieb gekündigt beziehungsweise den Job gewechselt als im Vorjahr – ein Anstieg von 7 Prozentpunkten. Hauptgründe für den Jobwechsel sind nach Aussage der jungen Befragten schlechtes Arbeitsklima (36 %) und fehlende Wertschätzung (35 %), noch vor geringer Bezahlung (34 %).
Dazu sagt Thamm von der Pronova BKK: „Wenn Tätigkeitsprofil, Arbeitsbedingungen und Werte bei der oder dem aktuellen Arbeitgeber*in gar nicht mehr passen und unveränderbar scheinen, ist es richtig, den Job zu wechseln. Gleichzeitig sollte man offen sein gegenüber internen Verbesserungspotenzialen. Für Unternehmen ist die Etablierung einer gesunden Work-Life-Balance, gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Struktur und Sicherheit aber auch selbstbestimmte Arbeitszeiten entscheidend – insgesamt ein sinnhafter Job, den die junge Generation gut dem eigenen Leben anpassen kann. Firmen sollten eine moderne, integrative Bürokultur pflegen, dem Bedürfnis nach Sinn, Perspektive und Zugehörigkeit authentisch nachkommen und die Stärkung der psychischen Gesundheit als Priorität behandeln, um auch in Zukunft für die junge Generation attraktiv zu bleiben.“
Mehr Informationen zur Studie „Arbeiten 2023“ finden Sie hier: www.pronovabkk.de/arbeiten2023