Um zu klären, ob Schwangerschaftsgurte Vorteile haben, hat der ADAC in einem Systemvergleich Anschnall- und Crashversuche durchgeführt. Das Ergebnis: Die zusätzlichen Rückhaltesysteme reduzieren die Belastungen fürs Baby nicht, sie erhöhen sie sogar. Foto: ArtFamily/stock.adobe.com
Systeme versagen im ADAC-Test: Gurtadapter für Schwangere nicht empfehlenswert
Hersteller von Schwangerschaftsgurten suggerieren ein hohes Verletzungsrisiko für ungeborene Kinder durch herkömmliche Gurte. Sogenannte Gurtadapter sollen dieses Risiko minimieren. Der ADAC hat vier verschiedene Gurtadapter-Konzepte in Anschnall- und Crashtestversuchen überprüft: Systeme mit Metallhaken, Kunststoffhaken, Gummizug mit Druckknöpfen und mit Zusatzgurt.
Die repräsentativen Anschnallversuche mit schwangeren Probandinnen zeigten, dass die Gurtadapter zwar als etwas mühsamer empfunden werden, aber alle den Mehraufwand in Kauf nehmen würden, wenn dadurch das Verletzungsrisiko für das ungeborene Kind reduziert würde.
Erschreckendes Ergebnis
Umso erschreckender sind die Ergebnisse der Crashtest-Versuche: Die zusätzlichen Rückhaltesysteme reduzieren die Belastung für Babys nicht, sie erhöhen sie sogar. Zudem hielt keiner der getesteten Gurtadapter den wirkenden Kräften stand oder konnte beim Aufprall den Beckengurt in einer tieferen Position halten. Stattdessen verschlechterten die Gurtadapter die Umschlingung und somit die Rückhaltung des Beckens.
Das führte zu erhöhten Belastungen an Brust, Bauch und Becken. Die am Bauch und am Becken gemessenen Beschleunigungen steigen um bis zu 30 %. Elemente aus hartem Kunststoff und Metall stellen zudem ein zusätzliches Verletzungsrisiko dar. Bei den Crashtests zerbrachen darüber hinaus die Kunststoffhaken; die Metallhaken und das Schloss des Zusatzgurtes drückten von unten auf den Schwangerenbauch.
Ein weiterer Nachteil der Schwangerengurte ist, dass beim Anschnallen bis zu 30 Zentimeter mehr Gurtband benötigt wird. Der Gurt liegt dann weniger eng am Körper bzw. der Hüfte an. Dadurch steigt das Risiko eines Zusammenpralls mit dem Lenkrad, zumal alle getesteten Systeme dazu führen, dass sich der Bauch des Dummys beim Crash weiter nach vorn bewegt als mit dem herkömmlichen Gurt.
ADAC rät von Verwendung ab
Der ADAC rät dringend von der Verwendung von Gurtadaptern ab. Die getesteten Systeme sind nicht zu empfehlen. Weder bieten sie mehr Komfort, noch erhöhen sie die Sicherheit. Schwangere sind laut ADAC Unfallforschung beim Autofahren keinem höheren Risiko ausgesetzt als andere Autofahrerinnen. Der Systemvergleich hat auch gezeigt, dass der richtig angelegte herkömmliche Dreipunktgurt nicht auf den Babybauch drückt – er bietet bei einem Unfall einen sicheren Schutz und stellt keine Gefahr für schwangere Frauen oder das ungeborene Baby dar. Der Beckengurt sollte dabei möglichst tief unter den Bauch gelegt werden, Jacken sollten idealerweise ausgezogen oder zumindest an der Hüfte nicht unter dem Gurt liegen.
Tipps: schwanger Auto fahren
Schwangere Frauen sollten beim Autofahren ein paar Sachen mehr bedenken als sonst, damit sie sicher und bequem reisen:
- Der Beckengurt sollte tief auf der Hüfte aufliegen und nicht über den Bauch geführt werden.
- Auf den Vordersitzen sind in den meisten Fahrzeugen bessere Rückhaltesysteme verbaut als auf dem Rücksitz. Vorn verringern Airbags und Gurte mit Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer die Gefahr von Verletzungen. Deshalb sind die vorne Sitzenden besser geschützt als die Fondpassagiere, und der Beifahrersitz ist einem Rücksitzplatz vorzuziehen.
- Damit der Bauch dem Lenkrad nicht zu nahe kommt, können Schwangere die Verstellbereiche des Lenkrads und der Sitzhöhe nutzen. Durch einen größeren Abstand wird die Gefahr eines Anpralls an den Lenkradkranz minimiert.
- Im dritten Trimester ist der Schwangerenbauch oft schon so groß, dass er nur noch einen kleinen Abstand zum Lenkrad hat und beim Autofahren eventuell sogar stört. Sofern sie nicht selbst fahren müssen, finden Schwangere möglicherweise auf dem Beifahrersitz eine bequemere und sicherere Sitzposition.
- Dicke Jacken sollten möglichst ausgezogen oder zumindest aufgemacht werden, damit der Gurt möglichst eng am Körper anliegt. pm