Die Mikrowelle gehört zu den schonenderen Gar- und Aufwärmmethoden. Entscheidend sind Temperatur, Dauer und wie viel Wasser im Spiel ist, nicht die Mikrowellenstrahlung selbst. Foto: Sakonwan – KI-generiert/stock.adobe.com

Fakten statt Vorurteile: Mikrowelle „tötet“ keine Nährstoffe – Strahlung ist sicher

„Bereits seit 80 Jahren verspricht die Mikrowelle ein warmes Essen binnen kürzester Zeit. Aber tötet die elektromagnetische Strahlung des Küchenhelfers nicht all die Vitamine, Proteine und Mineralstoffe ab? Mitnichten“, sagt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der BARMER. Und, so legt sie nach: „Richtig eingesetzt hat die Mikrowelle sogar Vorteile zum Erwärmen im Kochtopf.“ 

Beängstigende Fake-News statt wissenschaftlicher Bestätigung der Vorteile

Immer wieder geistern beängstigende Fake-News durchs Internet und immer wieder buhlen Influencer in den Sozialen Medien mit waghalsigen Behauptungen und fragwürdigem Halbwissen um Aufmerksamkeit. Dabei „tötet“ die Mikrowelle keine Nährstoffe. Im Gegenteil: Sie gehört eher zu den schonenderen Gar- und Aufwärmmethoden. Entscheidend sind Temperatur, Dauer und wie viel Wasser im Spiel ist, nicht die Mikrowellenstrahlung selbst. 

„Die Zeit in der Mikrowelle ist in der Regel sehr kurz. Dadurch leiden hitzeempfindliche Vitamine weniger unter der Wärmeeinwirkung. Dies ist zum Beispiel gut für Brokkoli und Mangold. Ein weiterer Vorteil der Mikrowelle ist, dass Lebensmittel dort ohne ein Wasserbad erhitzt werden. Damit bleiben wasserlösliche Vitamine im Essen, anstatt nach dem Garen im Topf mit dem Wasser abgeschüttet zu werden“, erklärt Marshall. Ebenfalls positiv: „Bei Proteinen und Mineralien wiederum gibt es kaum Unterschiede, ob das Essen auf dem Herd oder in der Mikrowelle zubereitet wird.“ 

Vorteile bei Vitaminen 

Vitamine sind generell hitze- und zum Teil auch licht- und sauerstoffempfindlich. Ganz egal, ob man brät, kocht, dünsten oder die Mikrowellen nutzt. Besonders empfindlich sind wasserlösliche Vitamine (Vitamin C, B-Vitamine), teilweise Folat und einige antioxidative Stoffe. Studien, die verschiedene Kochmethoden vergleichen, zeigen: Mikrowellen und Dämpfen schneiden beim Vitaminerhalt oft besser ab als langes Kochen in viel Wasser. Der Grund: kurze Garzeit, wenig Wasser, geringere Auslaugung der Vitamine ins Kochwasser. 

Beim Brokkoli gehen bei 5 Minuten Kochen im Wasserbad mehr Vitamin C verloren als beim Mikrowellengaren oder Dämpfen. Für mehrere Gemüsearten zeigte sich eine gleich gute oder bessere Erhaltung von Vitamin C, B-Vitaminen und Folat in der Mikrowelle im Vergleich zu klassischen Kochmethoden. Die Mikrowelle zerstört nicht, wie oft behauptet, „besonders viele“ Vitamine, sie kann sogar helfen, mehr davon zu erhalten, wenn man nur wenig Wasser verwendet und eher kurz gart.

Vorteile bei Mineralstoffen

Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium, Kalium, Eisen und anderes mehr sind hitzestabil. Sie werden nicht „kaputtgestrahlt“, sondern gehen höchstens in das Kochwasser über und werden dann mit diesem weggegossen. Da in der Mikrowelle meist mit wenig oder gar keinem zusätzlichen Wasser gekocht wird, bleiben Mineralstoffe eher besser erhalten als beim Kochen im Topf mit viel Wasser. 

Vorteile bei Proteinen und Kohlenhydraten 

Hitze denaturiert Proteine (Eiweiß). Das passiert beim Braten, Kochen, Backen und ebenso in der Mikrowelle. Diese Strukturveränderung macht Proteine meist sogar besser verdaulich. Die Mikrowelle macht Eiweiß nicht giftig, sondern verarbeitet es wie jede andere Hitzequelle. 

Nicht anders ist es bei Kohlenhydraten. Klassische Effekte von Hitzeeinwirkung auf Kohlehydraten: Stärke quillt, Gelatine und Krusten formen sich. Die Mikrowelle verändert Kohlenhydrate nicht anders als Herd und Backofen. Problematisch wird es erst bei sehr hohen Temperaturen und trockener Hitze (Frittieren, starkes Rösten), wenn vermehrt Maillard-Produkte oder etwa Acrylamid entstehen. Aber das passiert im Ofen oder in der Fritteuse ausgeprägter als in der normalen Mikrowelle.

Es gibt auch vertretbare Nachteile 

„Vorteile bietet die Mikrowelle auch dahingehend, dass sie keine Röststoffe erzeugt, die schädlich sein können. Dafür wird das Essen aber nicht knusprig. Zudem wird es in der Mikrowelle nicht gleichmäßig warm und gegebenenfalls nicht überall richtig gegart. Deshalb sollten leicht verderbliche Lebensmittel wie zum Beispiel rohes Hähnchenfleisch auch nicht in der Mikrowelle zubereitet werden“, sagt die BARMER-Ärztin. 

Und, so Marshall: „Bestimmten Lebensmitteln wiederum bekommt die Mikrowelle nicht. Würstchen und Tomaten müssen beispielsweise eingeschnitten werden, damit sie nicht aufplatzen. Bei Fett und Öl ist besondere Obacht geboten, weil sie zu einem Fettbrand führen können.“ 

Tiefkühlgemüse in der Mikrowelle – gesund oder Nährstofffalle? 

Tiefkühlgemüse hat einen viel besseren Ruf verdient, als es oft hat. Es wird meist erntereif geerntet, kurz blanchiert (zum Inaktivieren von Enzymen) und sehr schnell tiefgefroren. Beim Blanchieren gehen zwar Teile der sehr empfindlichen Vitamine (vor allem Vitamin C, einige B-Vitamine) verloren, aber insgesamt bleibt der Nährstoffgehalt sehr gut erhalten. In Studien finden sich bei gefrorenem Gemüse häufig ähnliche oder sogar höhere Vitaminspiegel im Vergleich zu „frischem“ Gemüse, das schon Tage transportiert und gelagert wurde.

Auch beim Zubereiten von Tiefkühlgemüse in der Mikrowelle gilt: wenig Wasser, kurze Garzeit und nicht zu hohe Leistungsstufe. Dann ist das eine sehr schonende und absolut empfehlenswerte Zubereitungsart.  

Ultrahochverarbeitete Lebensmittel in der Mikrowelle 

Bei ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln (UPF), wie Fertigpizza, Instantgerichten, stark verarbeiteten Snacks, liegt das Gesundheitsproblem vor allem in der hohen Energiedichte, der großen Menge an Zucker, gesättigten Fetten und Salz sowie Emulgatoren, Farbstoffen und anderen Zusatzstoffen. Die Mikrowelle macht diese ungesunden Produkte nicht per se schlimmer.

Generell gilt: Beim Erhitzen können sich in stark bearbeiteten stärke- und fettreichen UPF zusätzliche „prozessinduzierte Kontaminanten“ bilden (zum Beispiel Maillard-Produkte, Acrylamid), insbesondere bei hohen Temperaturen und trockener Hitze. 

Allerdings gilt auch: Klassisch entstehen diese Substanzen eher beim Frittieren, Grillen und Ofenbacken bei sehr hohen Temperaturen. In der Mikrowelle, die meist kürzer und mit weniger Oberflächenbräunung erhitzt, sind diese Belastungen in der Regel eher niedriger. 

Kurz und knapp: Wenn man eine Fertig-Lasagne oder Tiefkühlpizza in der Mikrowelle aufwärmt, ist der Hauptnachteil das Produkt selbst, nicht die Zubereitungsart. Gesünder isst man, wenn man den Anteil solcher Produkte insgesamt begrenzt, egal ob man sie im Ofen oder in der Mikrowelle erhitzt. 

Weitere Vorteile der Mikrowelle

Neben dem besseren Nährstofferhalt und der schonenden Zubereitung von Gemüse und Tiefkühlkost ist die Energie- und Zeiteffizienz ein weiterer Vorteil. Thema Lebensmittelsicherheit: Reste können rasch wieder auf mindestens 74 °C erhitzt werden, was Bakterien reduziert – vorausgesetzt, die Speisen wurden vorher korrekt gekühlt. Wichtig: Ausreichend lange erhitzen und umrühren, um „kalte Zonen“ zu vermeiden. Fürs Aufwärmen ist weniger Zusatzfett nötig. 

Die Grenzen der Mikrowelle

Die ungleichmäßige Erwärmung kann nerven. Man muss immer umrühren und nachziehen lassen. Vorsicht ist bei Babyspeisen und Milchfläschchen geboten, denn die ungleichmäßige Erwärmung kann zu Hot Spots führen, die fürs Kleinkind unangenehm sein können.

Lebensmittel, die knusprig werden sollen, gelingen im Ofen oder in der Pfanne besser. Außerdem sollte man nur mikrowellengeeignete Gefäße verwenden. Ideal sind Glas oder Keramik. Billige Kunststoffe können Weichmacher oder andere Stoffe abgeben, wenn sie nicht für Mikrowellen zugelassen sind. 

Gefürchtete Wellen und Strahlen: Keine Gefahr aus der Mikrowelle

Marshall kann noch bei einer alten Furcht gegenüber Mikrowellen beruhigen: „An einer Stelle müssen sich die Nutzer der Mikrowelle dagegen weniger Sorgen machen, bei der elektromagnetischen Strahlung. Die sogenannte Leckstrahlung, die am Spalt zwischen Gehäuse und der Tür austritt, ist relativ schwach. Laut Bundesamt für Strahlenschutz es gibt keine wissenschaftlichen Belege, dass sie irgendeine gesundheitsrelevante Wirkung auf den Menschen hat.“

Mikrowellenöfen arbeiten mit elektromagnetischen Wellen (meist 2,45 GHz). Diese bringen vor allem Wassermoleküle im Essen zum Schwingen – dadurch entsteht Wärme von innen heraus. Es handelt sich um nicht-ionisierende Strahlung, also um Strahlung, die nicht genug Energie hat, um DNA direkt zu schädigen oder Atome zu ionisieren (anders als Röntgenstrahlen oder radioaktive Strahlung). Mikrowellenstrahlung als solche „zerschießt“ keine Nährstoffe. Sie wirkt nur über Wärme – und die ist bei der Mikrowelle oft schonender dosierbar. 

Internationale Behörden wie WHO, ICNIRP und nationale Aufsichtsbehörden stufen die Strahlung von Haushalts-Mikrowellen bei normaler Nutzung als sicher ein. 

Fakten statt Vorurteile

  • Mikrowellenstrahlung ist nicht-ionisierend: Sie hat nicht genug Energie, um DNA zu beschädigen oder Krebs direkt auszulösen. Das einzige gesicherte biologische Wirkprinzip ist Erwärmung von Gewebe.  
  • Geräte sind mit Metallgehäuse und einer speziellen Tür mit Metallgitter abgeschirmt. 
  • Es gibt strenge Leckage-Grenzwerte (zum Beispiel maximal 5 mW/cm² in 5 cm Abstand beim Betrieb), die deutlich unter den Grenzwerten liegen, bei denen gesundheitliche Effekte zu erwarten wären.
  • Die Strahlung nimmt mit dem Abstand sehr schnell ab; schon wenige Dezimeter Abstand reduzieren die Exposition deutlich. 

Sinnvolle Sicherheitsregeln: 

  • Gerät nicht benutzen, wenn Tür, Dichtung oder Gehäuse beschädigt sind. 
  • Nicht mit „offener Tür“ oder manipulierten Sicherungen betreiben. 
  • Beim Betrieb einfach einen halben Meter Abstand halten – vor allem für Kinder. 

Wer das alles berücksichtigt, muss nichts befürchten. Dann ist die Strahlung eines intakten Geräts nach aktuellem Wissensstand für den normalen Gebrauch unbedenklich.    pm/tok