
Gute Nachrichten für Nutzer von Elektroautos: Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand sind von elektromagnetischen Feldern in E-Autos „keine gesundheitlich relevanten Wirkungen zu erwarten“, wie BfS-Präsidentin Inge Paulini erklärt. Foto: Kurtz – KI-generiert
Intensive Magnetfeld-Messungen in Elektroautos: So sicher ist das Fahren ohne Abgase
Entwarnung für Nutzer von Elektroautos: Aufwendige Messungen und Computersimulationen im Rahmen einer Strahlenschutz-Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) und des Bundesumweltministeriums (BMUV) haben gezeigt, dass alle untersuchten Elektroautos die Empfehlungen zum Schutz vor gesundheitlichen Auswirkungen von Magnetfeldern eingehalten haben. Außerdem ist man in reinen Elektroautos nicht prinzipiell stärkeren Magnetfeldern ausgesetzt als in Fahrzeugen mit konventionellem oder hybridem Antrieb.
Unabhängig von der Antriebsart unterschritten alle untersuchten Fahrzeuge die zum Schutz der Gesundheit empfohlenen Höchstwerte. Diese Höchstwerte begrenzen die elektrischen Ströme und Felder, die von Magnetfeldern im menschlichen Körper verursacht werden können, auf ein unschädliches Maß. Für die Untersuchung wurden die Magnetfelder an den Sitzplätzen von 14 verschiedenen Pkw-Modellen der Baujahre 2019 bis 2021 in unterschiedlichen Betriebszuständen gemessen und bewertet.
Gute Nachricht: Elektroautos haben keine bedenklichen Magnetfelder
„Zwar wurden in einigen Fällen – lokal und zeitlich begrenzt – vergleichsweise starke Magnetfelder festgestellt. Die empfohlenen Höchstwerte für im Körper hervorgerufene Felder wurden in den untersuchten Szenarien aber eingehalten, sodass nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand keine gesundheitlich relevanten Wirkungen zu erwarten sind“, unterstreicht BfS-Präsidentin Inge Paulini. Und: „Die Studienergebnisse sind eine gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher, die bereits ein Elektroauto fahren oder über einen Umstieg nachdenken.“
Die Studie wurde von einem Projektteam aus Mitarbeitenden der Seibersdorf Labor GmbH, des Forschungszentrums für Elektromagnetische Umweltverträglichkeit (femu) der Uniklinik RWTH Aachen und des Technik Zentrums des ADAC e.V. durchgeführt. Fahrzeughersteller waren an der Untersuchung nicht beteiligt.
Magnetfelder treten in allen Kraftfahrzeugen auf
Magnetfelder entstehen, wenn elektrische Ströme fließen. In modernen Kraftfahrzeugen gibt es daher viele Quellen magnetischer Felder. Dazu gehören zum Beispiel Klimaanlagen, Lüfter, elektrische Fensterheber oder Sitzheizungen. Bei Elektrofahrzeugen kommen vor allem eine größere und leistungsstärkere Batterie, die Hochvoltverkabelung und der Inverter (Wechselrichter) für den Antriebsstrom sowie der elektrische Antrieb selbst hinzu.
Die Untersuchung nahm alle in den Autos auftretenden Magnetfelder in den Blick und ordnete sie – wo möglich – der jeweiligen Ursache zu.
Höchste Werte meist im Fußbereich
Die Auswertung der Messungen und Simulationen zeigte, dass die empfohlenen Höchstwerte für im Körper hervorgerufene Felder in allen erfassten Szenarien eingehalten wurden. Im Detail ergab sich allerdings ein differenziertes Bild: Die gemessenen Magnetfeldwerte variierten zwischen den untersuchten Fahrzeugen, räumlich innerhalb der einzelnen Fahrzeuge sowie abhängig vom Betriebszustand deutlich.
So traten die stärksten Magnetfelder in erster Linie im Fußbereich vor den Sitzen auf, während die Magnetfelder im Kopf- und Rumpfbereich meist niedrig waren.
Motorleistung ist kein Indikator für Magnetfeldstärke
Zwischen der Motorisierung und den Magnetfeldern im Innenraum der Elektrofahrzeuge zeigte sich kein eindeutiger Zusammenhang. Größeren Einfluss als die Leistungsstärke des Motors hatte die Fahrweise. Bei einer sportlichen Fahrweise mit starken Beschleunigungs- und Bremsvorgängen waren kurzzeitig deutlich stärkere Magnetfelder zu verzeichnen als bei einem moderaten Fahrstil.
Kurzzeitige Spitzenwerte von unter einer Sekunde Dauer traten unter anderem beim Betätigen des Bremspedals, beim automatischen Zuschalten von Motorkomponenten wie auch – unabhängig von der Antriebsart – beim Einschalten der Fahrzeuge auf. Der höchste lokale Einzelwert wurde beim Einschalten eines Hybridfahrzeugs ermittelt.
Spitzenwerte senken
„Die großen Unterschiede zwischen den Fahrzeugmodellen zeigen, dass Magnetfelder in Elektroautos nicht übermäßig stark und auch nicht stärker ausgeprägt sein müssen als in herkömmlichen Pkw“, sagt Paulini. „Die Hersteller haben es in der Hand, mit einem intelligenten Fahrzeugdesign lokale Spitzenwerte zu senken und Durchschnittswerte niedrig zu halten. Je besser es zum Beispiel gelingt, starke Magnetfeld-Quellen mit Abstand von den Fahrzeuginsassen zu verbauen, desto niedriger sind die Felder, denen die Insassen bei den verschiedenen Fahrzuständen ausgesetzt sind. Solche technischen Möglichkeiten sollten bei der Entwicklung von Fahrzeugen von Anfang an mitgedacht werden.“
Bislang umfangreichste und genaueste Studie zu Magnetfeldern im Auto
Die Studie stellt nach Kenntnisstand des BfS die bislang umfangreichste und detaillierteste Untersuchung zum Auftreten von Magnetfeldern in Elektrofahrzeugen dar. Die erhobenen Daten beruhen auf systematischen Feldstärkemessungen in aktuellen, für den deutschen Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeugmodellen auf Rollenprüfständen sowie auf einer abgesperrten Test- und Versuchsstrecke und im realen Straßenverkehr. Insgesamt wurden elf rein elektrisch angetriebene Pkw, zwei Hybridfahrzeuge sowie ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor untersucht.
Mit einem E-Roller, zwei Leichtkrafträdern und einem Elektro-Motorrad wurden erstmals auch elektrische Zweiräder berücksichtigt. Ähnlich wie bei den Pkw traten die stärksten Magnetfelder im Bereich der Füße und der Unterschenkel auf. Die zum Schutz der Gesundheit empfohlenen Höchstwerte für im Körper hervorgerufene Felder wurden in allen untersuchten Szenarien eingehalten. Folglich ist das Auftreten nachgewiesenermaßen gesundheitsrelevanter Feldwirkungen in den untersuchten Fahrzeugen als insgesamt sehr unwahrscheinlich einzuschätzen.
Durch die Anwendung ausgefeilter Messtechnik ließen sich in der Studie auch kurzzeitige Magnetfeld-Spitzen von unter 0,2 Sekunden Dauer zuverlässig erfassen und bewerten. Die aktuell gültigen Messvorschriften lassen solche kurzzeitigen Schwankungen, die bei der Aktivierung von elektrischen Fahrzeugkomponenten auftreten können, außer Acht. Die Untersuchung zeigte jedoch, dass sie in relevantem Umfang vorkommen. Eine entsprechende Erweiterung der Messnormen erscheint aus Sicht des BfS deshalb geboten.
Info
Der Studienbericht „Bestimmung von Expositionen gegenüber elektromagnetischen Feldern der Elektromobilität. Ergebnisbericht – Teil 1“ ist hier im Digitalen Online Repositorium und Informations-System DORIS abrufbar. Weitere Informationen über den Strahlenschutz bei der Elektromobilität finden Sie hier online auf der BfS-Webseite. pm/tok
Was passiert, wenn Menschen EMF oberhalb der Grenzwerte ausgesetzt sind?
- Oberhalb der Grenzwerte für elektromagnetische Felder (EMF) sind vor allem akute, gesicherte Effekte zu erwarten: bei Radiofrequenzen (zum Beispiel Mobilfunk, WLAN) Gewebeerwärmung bis hin zu Hitzestress, Verbrennungen und (bei lokal sehr hohen Expositionen) Augenlinsenschäden; bei Niederfrequenzfeldern Nerven-/Muskelstimulation; bei starken statischen Magnetfeldern Schwindel, Übelkeit, visuelle Phosphene. Die Grenzwerte wurden genau so gewählt, um diese etablierten Risiken zuverlässig zu vermeiden.
- Langzeitfolgen/Krebs: Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stuft Hochfrequenz-EMF (Mobilfunk) und Niederfrequenz-Magnetfelder (50/60 Hz) jeweils als „möglicherweise krebserregend“ (Gruppe 2B) ein. Humanbefunde sind insgesamt inkonsistent; die robusteste epidemiologische Assoziation betrifft Kindheitsleukämie bei erhöhten ELF-Magnetfeldern. Für eine Kausalität gibt es bislang jedoch keine schlüssige biologisch-plausible Bestätigung; die Grenzwerte orientieren sich primär an akuten Schwellen.
- Tier-Langzeitstudien mit extrem hohen RF-Expositionen (oberhalb zulässiger Bereiche) zeigten bei männlichen Ratten Schwannome des Herzens; die Übertragbarkeit auf Menschen und heutige Expositionsszenarien bleibt umstritten.
- WHO/UN-Gremien betonen: Expositionen unterhalb der Grenzwerte gelten nach derzeitigem Stand nicht als gesundheitsgefährdend. Ein Monitoring neuer Technologien bleibt aber wichtig.
Sind statische Magnetfelder ein Risiko?
- Bei Bewegung in starken statischen Feldern (≈ ≥ 2 Tesla) treten Schwindel, Übelkeit, magnetische Phosphene, metallischer Geschmack auf. Die Leitlinien empfehlen Arbeitsverfahren zur Begrenzung von Bewegungsgeschwindigkeit im Feld.
Was gilt es zu beachten?
Die Grenzwerte von WHO und ICNIRP sind konservativ und so definiert, dass akute, gesicherte Gesundheitseffekte nicht auftreten. Dauerhafte Überschreitungen erhöhen das Risiko für die oben genannten akuten Schäden deutlich. Krebsrisiken bei chronischer Exposition oberhalb der Grenzwerte sind aufgrund mangelnder Human-Daten schwer zu quantifizieren; die besten derzeitigen Bewertungen (IARC/WHO) bleiben bei „möglicherweise“ und empfehlen Vorsorge und Monitoring, nicht zuletzt, weil Alltags-Expositionen üblicherweise unter den Grenzwerten liegen. Für Arbeitsplatz- oder Umfeldabschätzungen, zum Beispiel in der Industrie, bei Funkanlagen oder MRT-Arbeitsplätze sind Messungen/Simulationen gegen die ICNIRP-Grenzwerte 2020 (RF) beziehungsweise 2010 (LF) und 2014 (statisch) der Standard; gegebenenfalls auch eine arbeitsmedizinische Vorsorge.
Nach neuesten wissenschaftlichen Studien gibt es also keinen Grund zur Panik, weder beim Fahren in Elektroautos und in Verbrennerfahrzeugen oder auch nicht beim Telefonieren mit dem Smartphone. Nur wenn man beides gleichzeitig tut – beim Fahren mit dem Handy am Ohr telefonieren – könnte es Sicherheitsprobleme im Straßenverkehr geben. Und teuer wird das auch, wenn die Polizei das bemerkt. tok