Der TÜV Rheinland berät Unternehmen, wenn es um das Recht auf arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen bei Schicht- und Nachtarbeit geht. Experten helfen dabei, Schichtarbeit gesundheitsfördernd zu gestalten. Bildrechte: TÜV Rheinland/Shutterstock / Foto: TÜV Rheinland AG

Arbeiten, wenn andere schlafen: Schicht- und Nachtarbeit bergen Risiken für die Gesundheit

In der Pflege, der Produktion, im öffentlichen Nahverkehr oder auch in der Gastronomie ist es selbstverständlich, dass Beschäftigte rund um die Uhr arbeiten. Möglich ist dies nur durch Schichtarbeit, die laut einer Erhebung von Statista 2023 knapp jeder 15. der 15- bis 64-jährigen Arbeitnehmenden in Deutschland ausübte. Bei vielen kommt dadurch die innere Uhr mit ihrem Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander — und das kann zum Gesundheitsrisiko werden.

Schichtarbeit, Nachtarbeit und der Gesundheitsschutz

„Es gibt viele Formen der Schichtarbeit. Oft werden im Dreischichtmodell 24 Stunden abgedeckt. Aber es gibt auch Branchen, in denen Früh- und Spätschichten wechseln oder Mitarbeitende in Teilschichten arbeiten — zum Beispiel am Morgen einige Stunden und dann noch einmal am Abend. Gemeinsam ist allen Schichtmodellen, dass sie den Schlafrhythmus und die sozialen Aktivitäten der Beschäftigten beeinflussen“, erläutert Dr. Wiete Schramm. „Hier setzen wir an: Wir unterstützen Unternehmen und Beschäftigte bei der Etablierung eines wirkungsvollen Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der Schichtarbeit gesundheitsfördernd gestaltet“, sagt die Arbeitsmedizinerin bei TÜV Rheinland.

Schichtarbeit umfasst oft Nachtarbeit, die in § 2 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) als „jede Art Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst“ definiert ist. Dies gilt, außer in Bäckereien und Konditoreien, für den Zeitraum von 23 bis 6 Uhr. Auch Nachtarbeitende sind klar definiert als Menschen, die normalerweise in Wechselschicht Nachtarbeit leisten oder an mindestens 48 Arbeitstagen im Jahr zur Nachtzeit arbeiten. Gemäß ArbZG § 6 Abs. 3 steht ihnen vor Beginn der Nachtarbeit das Recht auf eine arbeitsmedizinische Untersuchung, die im Abstand von drei Jahren wiederholt werden kann, zu. Ab einem Alter von 50 Jahren kann die Wiederholungsuntersuchung jährlich erfolgen. Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, Schichtarbeitern auf ihren Wunsch hin regelmäßig arbeitsmedizinische Vorsorge zu ermöglichen.

Schichtdienst belastet die Gesundheit

Arbeitszeiten in der Nacht widersprechen dem natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus und können zu einer Art chronischem Jetlag führen. Der Schlaf am Tag ist oft kürzer und weniger tief als in der Nacht. Das kann, ebenso wie das schichtbedingte Schlafen zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten, Schlafmangel und Schlafstörungen begünstigen. Auch die Konzentrationsfähigkeit kann reduziert sein und Fehler sowie Unfälle können häufiger auftreten. Schichtdienst beeinflusst darüber hinaus die Ernährung: Der übliche Mahlzeitenrhythmus wird verschoben, wodurch Magen-Darm-Probleme auftreten können.

Arbeiten am Abend, an Wochenenden und Feiertagen wirkt sich zudem auf die sozialen Aktivitäten und die Work-Life-Balance aus: Unternehmungen mit Freunden und der Familie sind oftmals nur mit genauer Planung möglich. Auch Hobbys kann nicht regelmäßig nachgegangen werden. Das kann dazu führen, dass soziale Kontakte eingeschränkt werden. „Die arbeitsmedizinische Beratung hat bei Menschen im Schicht- und Wechseldienst einen hohen Stellenwert. Belastende Faktoren wie Schlafmangel oder psychische Belastungen können angesprochen, praktische Tipps gegeben und gemeinsam Lösungswege gesucht werden“, so Schramm.

Arbeitsabläufe gesund gestalten

Nacht- und Schichtdienst müssen den besonderen Belastungen der Beschäftigten Rechnung tragen, diese Einschätzung teilt die Deutsche Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin. Daher sollten die Mitarbeiter in die Schichtplanung einbezogen und persönliche Belange so weit wie möglich berücksichtigt werden. Schichten sollten nicht länger als acht Stunden dauern. Längere tägliche Arbeitszeiten sind nur akzeptabel, wenn Arbeitsinhalte und Arbeitsbelastungen eine längere Schicht zulassen, ausreichend Pausen vorhanden sind und zwischen den Schichten längere Freizeitblöcke eingeplant werden. Zudem hat sich eine Vorwärtsrotation der Schichten von Früh- über Spät- zur Nachtschicht bewährt. Dabei sollte ein rascher Wechsel der Schichten etwa alle drei Tage erfolgen. 

„Beim Arbeits- und Gesundheitsschutz können keine Kompromisse eingegangen werden. Mit unserer Beratung unterstützen wir Beschäftigte dabei, das Leben mit der Schichtarbeit gesundheitsfördernd zu gestalten. Das reicht von Tipps für einen ausreichenden Schlaf über angepasstes Essverhalten bis hin zu ausreichender Bewegung. Finden wir Hinweise auf Beanspruchungen bei vielen Beschäftigten durch die Schichtarbeit, können wir diese Beobachtung anonymisiert an den Arbeitgeber weitergeben und gemeinsam entsprechende Gegenmaßnahmen entwickeln“, erklärt Schramm.    pm

Info

Die TÜV Rheinland Arbeitsmedizinischen Dienste (AMD) betreiben als Tochterunternehmen der TÜV Rheinland Group bundesweit arbeitsmedizinische Zentren und beraten Betriebe hinsichtlich Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Rund 840 Fachärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Psychologen, Arbeitsmedizinische Assistenten, Gesundheitsmanager und Berater setzen sich dafür ein, Risiken und Gefahrenpotenziale in Unternehmen zu verringern und die physische wie psychische Gesundheit zu schützen. Ging es beim Arbeitsschutz lange nur um die technische Vermeidung von Arbeitsunfällen, so kümmern sich die AMD heute zunehmend um die ganzheitliche Prävention und Gesundheitsvorsorge. Hier können sich Unternehmen und Beschäftigte über das Angebot zur Arbeitsmedizin von TÜV Rheinland informieren: www.tuv.com/arbeitsmedizin