Die Gen Z lebt und isst gesund – nur beim Rauchen scheinen es die jungen Erwachsenen nicht so genau mit den Gesundheitsrisiken zu nehmen. Foto: tok – KI-generiert/stock.adobe.com

Zwischen Selfcare und Kippenpause: Wie gesund lebt die Gen Z wirklich?

Sie leben vegan, tracken ihre Schritte, posten Yoga-Routinen und reden offen über Mental Health. Die Generation Z ist so gesund wie keine ihrer Vorgänger – so scheint es zumindest. Denn aktuelle Zahlen legen einen überraschenden Kontrast offen: Klassisches Rauchen erlebt unter jungen Erwachsenen ein Comeback. Wie passt das zusammen?

Rauchen fordert jährlich 127.000 Tote in Deutschland. Das entspricht fast 350 Todesfällen pro Tag. Die Risiken und Folgen des Tabakkonsums sind bekannt. Trotzdem gibt es eine bestimmte Gruppe, bei der sich ein unerwartetes Comeback abzeichnet: Die Generation Z. Eine aktuelle Studie zeigt: Fast die Hälfte der 18-24-Jährigen raucht – Tendenz steigend. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Anzahl der jugendlichen Tabakgenießer verdoppelt.

„Ein eher ambivalentes Bild, wenn man die Generation und ihre Trends als Ganzes betrachtet“, findet Markus Lindblad, Experte für Nikotinersatzprodukte und Deutschlandsprecher des Online Händlers Haypp. Denn während Clean-Eating, Nachhaltigkeit und Achtsamkeit zentrale Werte sind, die das Leben junger Erwachsene prägen, wird der Glimmstängel besonders bei den 18- bis 30-Jährigen wieder zum alltäglichen Begleiter.

Ständiger Druck treibt junge Erwachsene zur Zigarette

Mit 10.000 Schritten am Tag, Meditation per App oder öffentliche Diskurse über mentale Gesundheit ist die Generation Z definitiv selbst- und umweltbewusst. Warum gerade die Gruppe, die sich so stark mit dem Ideal eines ausgewogenen Lifestyles identifiziert, auf eines der größten Laster, die Zigarette, zurückgreift, erklären Soziologen und Generationenforscher mit einem komplexen Mix aus innerem Druck, gesellschaftlicher Unsicherheit und kulturellem Wandel.

„Man sieht bei der Gen Z ein hohes Bedürfnis nach Kontrolle, Selbstoptimierung und Anerkennung“, erklärt Lindblad. „Doch genau dieser permanente Anspruch kann überfordern.“ Viele junge Menschen verbinden mit Gesundheit vor allem Sichtbarkeit: Ernährung, Fitness und Achtsamkeit werden öffentlich inszeniert und über soziale Medien geteilt. Gleichzeitig entstehen genau dadurch auch neue Stressoren, etwa durch den Druck, ständig reflektiert und leistungsbereit zu sein.

„Rauchen ist in diesem Kontext keine klassische Rebellion oder Ignoranz, wie es vielleicht früher der Fall war“, erläutert Lindblad weiter. Eher wird die Kippe instrumentalisiert: als Pause vom Alltag, als emotionales Ventil gegen Einsamkeit oder Überforderung, oder auch als soziales Bindeglied. Wer ständig daran arbeitet, besser zu funktionieren, fällt in Momenten der Erschöpfung nicht selten in vertraute Muster zurück.

Generationsfrage Glimmstängel: Wer raucht warum?

Das Zeitalter, in dem man geboren ist, kann also entscheidend dafür sein, warum die Menschen zur glühenden Versuchung greifen. Während Babyboomer den Glimmstängel oft als gesellschaftliches Statussymbol erlebten und das Rauchen fest in Alltag und Öffentlichkeit verankert war, ging die Generation X eher funktional mit dem Thema um. Die Menschen, die zwischen 1965 und 1980 geboren wurden, erlebten zwar bereits die ersten großen Anti-Raucher-Kampagnen, aber für viele war Tabakgenuss eher beiläufig, also kein Statement, sondern Gewohnheit und Mittel zur Stressbewältigung.

Bei den Millennials setzte dann eine klare Wendung im Vergleich zu den vorangegangenen Generationen ein: Gesundheit, Fitness und Langlebigkeit dominierten überwiegend den Lebensstil. Die Generation Z hingegen bewegt sich in einem Spannungsfeld aus Individualisierung, sozialem Druck und ständiger Selbstoptimierung. Trotz der höheren Raucherzahlen zeigt sich zugleich eine bemerkenswerte Offenheit gegenüber Alternativen: Laut einer aktuellen Umfrage des Online-Händlers Haypp sind über 65 Prozent der 18- bis 24-Jährigen bereit, auf rauchfreie Ersatzprodukte, wie zum Beispiel Nikotinbeutel umzusteigen. Bei den 25- bis 34-Jährigen sind es sogar knapp 70 Prozent.

„Hier spielen sowohl gesundheitliche als auch finanzielle und ökologische Gründe eine Rolle“, schlussfolgert Lindblad. „Diese Generationen wollen selbstbestimmt leben, aber gleichzeitig auch ihren Mitmenschen und sich selbst weniger schaden“, so Lindblad weiter. Die Umfrageergebnisse zeigen aber auch: Die Bereitschaft auf weniger schädliche Nikotinersatzprodukte umzusteigen nimmt mit dem Alter ab. Bei den über 40-jährigen Menschen waren lediglich circa 7 Prozent für Zigarettenalternativen offen oder nutzen diese.

Warum die Gen Z trotz Widersprüchen ihren Weg geht

Der Lebensstil der Gen Z scheint für viele von extremen Gegensätzen geprägt zu sein. Doch bei genauerem Hinsehen lassen sich klare Muster erkennen. Digitale Erschöpfung und Social Media Detox sind Gegenbewegungen zur ständigen Erreichbarkeit. „Zwischen Dauerverfügbarkeit, wirtschaftlicher Unsicherheit, Klimakrise und Selbstverwirklichungsdruck wirkt das Rauchen wohl als ein kontrollierbares Ventil, wenn andere Mechanismen versagen“, merkt Lindblad an. All das zeigt: Die Gen Z lebt nicht gesund oder ungesund. Sie lebt unter enormen Ansprüchen, einige davon selbst auferlegt.

„Was sie braucht, sind nicht noch mehr mahnende Zeigefinger, sondern echte Alternativen, die zur Lebensrealität der jungen Erwachsenen passen. Hierbei geht es nicht etwa um ein allgemeines Rauchverbot sondern um zeitgemäße, weniger schädliche Optionen, die eine Möglichkeit, weg von klassischen Zigaretten schaffen“, schließt Lindblad.   pm