In Deutschland wird nur in rund 50 Prozent aller Fälle eine Demenz-Diagnose gestellt – häufig erst spät im Krankheitsverlauf. Manchmal vermeiden Betroffene den Gang zum Arzt, manchmal ignorieren Angehörige die Demenzanzeichen sehr lange. Foto: fizkes/stock.adobe.com

Weltgesundheitstag: Alzheimer-Gesellschaft fordert Recht auf Diagnose auch bei Demenz

Der Weltgesundheitstag am 7. April steht in diesem Jahr unter dem Motto „Meine Gesundheit, mein Recht“. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) fordert zu diesem Anlass das Recht von Menschen mit Demenz auf eine rechtzeitige und genaue Diagnose ihrer Erkrankung ein. Bisher erhalten in Deutschland nur rund 50 Prozent der Betroffenen überhaupt eine Demenzdiagnose.

Weltweit erhalten drei Viertel aller Demenz-Betroffenen keine Diagnose

Die Dachorganisation Alzheimer’s Disease International geht davon aus, dass weltweit rund 75 Prozent aller von Demenz Betroffenen keine Diagnose erhalten. Der Anteil in ärmeren Ländern ist deutlich höher, doch auch in Deutschland wird nur in rund 50 Prozent aller Fälle eine Diagnose gestellt und das häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung.

Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Manchmal vermeiden die Betroffenen selbst den Gang zur Ärztin oder dem Arzt, manchmal ignorieren Angehörige die Demenzanzeichen sehr lange, manchmal dauert es – gerade bei jüngeren Erkrankten – auch sehr lange, bis die korrekte Diagnose gestellt wird, wenn zunächst andere Erkrankungen vermutet werden. Nicht selten scheuen sich aber auch Ärzte, ihre Patienten auf das mögliche Vorliegen einer Demenzerkrankung hinzuweisen. Denn nach wie vor gibt es keine Möglichkeit, Demenzerkrankungen wie Alzheimer zu heilen oder zu stoppen.

Frühe Diagnose auch ohne Heilungsaussicht hilfreich

Eine frühzeitige Diagnose ist dennoch wichtig. Zum einen können dadurch andere Ursachen für demenzielle Symptome – wie Nebenwirkungen von Medikamenten, Depressionen oder Vitaminmangel – rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Zum anderen gibt eine frühzeitige Diagnose den Betroffenen die Möglichkeit Entscheidungen für ihr weiteres Leben selbstbestimmt zu treffen.

„Menschen mit Demenz wollen weiterhin ihr Leben gestalten“, sagt Saskia Weiß, Geschäftsführerin der DAlzG. „Dies gelingt aber nur, wenn sie von ihrer Diagnose wissen und Aufklärung erhalten. Wir erleben in unserem Beirat Leben mit Demenz wie auch in den diversen Gruppen für Menschen mit beginnender Demenz, wie wichtig es für die Betroffenen ist, sich mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen und sich gleichzeitig weiter aktiv einzubringen. Wir fordern deshalb, dass in Deutschland Ärztinnen und Ärzte nicht wegsehen, sondern ihren Patientinnen und Patienten die Chance geben, frühzeitig eine Diagnose zu erhalten, wenn sich ein Demenzverdacht zeigt.“

Die Zahl der Demenzkranken in Deutschland wächst

Allerdings möchten sich nicht alle Betroffenen mit einer Demenz-Diagnose konfrontieren, auch dies muss respektiert werden. Je mehr die Krankheit aber aus der Tabuzone rückt und je weniger Menschen mit Demenz Angst vor Stigmatisierung haben müssen, umso eher gelingt ein konstruktiver Umgang mit der Diagnose.

Wie wichtig die Enttabuisierung ist, zeigen allein schon diese Zahlen: Zum Ende des Jahres 2021 lebten in Deutschland fast 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Die häufigste Demenzursache ist die Alzheimererkrankung. Im Jahr 2021 sind etwa 440.000 Menschen im Alter 65+ neu an einer Demenz erkrankt. Etwa zwei Drittel davon werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt. Infolge des demographischen Wandels nimmt die Anzahl der Betroffenen weiter zu. Gelingt kein Durchbruch in Prävention oder Therapie, könnten nach aktuellen Schätzungen in Deutschland im Jahr 2050 bis zu 2,8 Millionen Menschen im Alter 65+ erkrankt sein.

Info

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz (DAlzG) engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz. Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien. Sie informiert die Öffentlichkeit über die Erkrankung und ist ein unabhängiger Ansprechpartner für Medien, Fachverbände und Forschung. Als Bundesverband von mehr als 130 Alzheimer-Gesellschaften unterstützt sie die Selbsthilfe vor Ort. Gegenüber der Politik vertritt sie die Interessen der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, eine gute Betreuung und Pflege sowie eine demenzfreundliche Gesellschaft. pm