Niemand setzt sich gerne mit dem Gedanken auseinander, alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr eigenständig handeln oder entscheiden zu können. Trotzdem ist es wichtig, für den Fall der Fälle vorzusorgen, zum Beispiel mit einer Vorsorgevollmacht. Quelle: ERGO Group

Vorsorge für den Ernstfall: Vollmachten, Patientenverfügung, Testament & Co.

Nicht erst im Alter können ein schwerer Unfall oder eine Krankheit dazu führen, dass es nicht mehr möglich ist, selbst zu entscheiden oder zu handeln. Daher ist es wichtig, sich frühzeitig um Vollmachten, Patientenverfügung und Testament zu kümmern.

Welche Vorsorgemöglichkeiten es gibt und was jeweils zu beachten ist, erklärt Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

Die Mutter aller Vollmachten: Vorsorgevollmacht

Niemand setzt sich gerne mit dem Gedanken auseinander, alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr eigenständig handeln oder entscheiden zu können. Trotzdem ist es wichtig, für den Fall der Fälle vorzusorgen, zum Beispiel mit einer Vorsorgevollmacht. „Damit können Verfasser eine Vertrauensperson bestimmen, die unterschiedliche Angelegenheiten regelt, wenn sie dazu selbst nicht mehr in der Lage sind“, erläutert Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. Dazu zählen zum Beispiel Immobilienfragen, der Umgang mit Social-Media-Accounts, Pflegewünsche oder der Kontakt mit Behörden.

„Postmortal wirkt die Vorsorgevollmacht nur, wenn sie den Hinweis ‚gilt über den Tod hinaus‘ enthält“, ergänzt Brandl. „Die Vollmacht sollte unbedingt schriftlich auf Papier verfasst und mit Ort und Datum unterschrieben sein. Eine notarielle Beglaubigung erhöht die Glaubwürdigkeit, ist jedoch nur in bestimmten Fällen nötig, zum Beispiel bei Immobiliengeschäften.“ Es ist außerdem ratsam, sie im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) der Bundesnotarkammer unter vorsorgeregister.de registrieren zu lassen. Existiert keine Vorsorgevollmacht, bestellt das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer, der dann die Aufgaben übernimmt. „Es ist wichtig, nur einer engen Vertrauensperson eine Vorsorgevollmacht zu erteilen, denn sie gibt dieser Person erhebliche Macht über die Angelegenheiten des Vollmachtgebers“, so die Rechtsexpertin.

Betreuungsverfügung

Zwar ist mit einer Vorsorgevollmacht eine Betreuungsverfügung nicht unbedingt nötig, kann aber sinnvoll sein, falls erstere ungültig ist, der Bevollmächtigte seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann oder sich die gesetzliche Lage verändert. Ein Betreuer unterliegt einer gewissen Kontrolle durch das Betreuungsgericht. Dies ist bei einem Bevollmächtigten nicht der Fall. Damit das Betreuungsgericht im Fall der Fälle die gewünschte Person des Vertrauens bestimmt, besteht die Möglichkeit, jemanden über eine Betreuungsverfügung vorzuschlagen oder auszuschließen.

Das Gericht muss den Vorschlag bei der Entscheidung berücksichtigen. „Eine Garantie, dass es dem Wunsch nachgeht, gibt es jedoch nicht“, weiß die ERGO Juristin.

Notvertretungsrecht für Ehepaare und Lebenspartnerschaften

Seit 1. Januar 2023 dürfen sich laut § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuches verheiratete oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Paare in medizinischen Notfällen sechs Monate lang gegenseitig vertreten – auch ohne Vorsorgevollmacht. „Das Notvertretungsrecht bezieht sich nur auf gesundheitliche Angelegenheiten. Es schließt unter anderem Entscheidungen zu Operationen oder Reha-Maßnahmen mit ein und entbindet Ärzte gegenüber dem Partner von ihrer Schweigepflicht“, erläutert Brandl.

Das Notvertretungsrecht gilt nicht, wenn ein gerichtlicher Betreuer bestellt ist, eine Vorsorgevollmacht für medizinische Angelegenheiten existiert und bei Trennung. Für manche Entscheidungen benötigt der Ehegatte die Genehmigung des Betreuungsgerichts. „Arzt und Partner müssen die Vertretung schriftlich bestätigen, damit sie wirksam ist“, ergänzt die Rechtsexpertin von ERGO. „Ehepartner können allerdings auch vorab einer Ausübung des Notvertretungsrechts gegenüber dem Arzt widersprechen.“

Mit einer Patientenverfügung die medizinische Vorsorge regeln

Mit einer Patientenverfügung können Verfasser Entscheidungen über medizinische Eingriffe und Behandlungen für Situationen treffen, in denen sie selbst nicht mehr kommunizieren können. „Damit stellen sie nicht nur sicher, dass Ärzte nach den eigenen Vorstellungen handeln, sondern entlasten zusätzlich ihre Angehörigen, die sonst entscheiden müssten“, so Brandl. Das Dokument muss aus eigenem Willen und schriftlich verfasst, datiert sowie unterschrieben sein.

„Es ist wichtig, die gewünschte Behandlung für die konkrete Situation so genau wie möglich zu beschreiben“, erklärt die ERGO Juristin. Orientierungshilfe liefert beispielsweise die Broschüre „Patientenverfügung” des Bundesministeriums für Justiz. Ein Notar ist nicht notwendig. Das Hinzuziehen des Hausarztes kann jedoch sinnvoll sein, da er die jeweiligen Entscheidungen am besten erläutern kann.

Die Rechtsexpertin empfiehlt, die Verfügung zu Hause aufzubewahren und Angehörige darüber zu informieren. Auch der behandelnde Arzt sollte wissen, dass ein solches Dokument existiert. Eine Patientenverfügung können Verfasser jederzeit widerrufen oder anpassen.

Für finanzielle Angelegenheiten: Bankvollmacht

Eine Bankvollmacht legt eine Person des Vertrauens fest, die auf das Konto bezogene Bankgeschäfte für den Verfasser übernehmen darf. Denn selbst Ehepartner sind dazu nicht berechtigt. „Mit dem Dokument erhält die Person freien Zugriff auf Konten und kann beispielsweise Überweisungen tätigen, Geld abheben, den Dispo nutzen oder mit Wertpapieren handeln“, erläutert Brandl. „Einen Kredit aufzunehmen, ist allerdings nicht möglich.“

Bei den meisten Banken erhalten Kunden für die Erstellung der Bankvollmacht ein vorgefertigtes Formular in der Filiale oder können es online downloaden. Viele Banken akzeptieren auch nur ihr eigenes Formular.

Testament: Den letzten Willen dokumentieren

Damit das eigene Vermögen nach dem Tod nicht unter die gesetzliche Regelung zur Erbfolge fällt, um Streitigkeiten innerhalb der Familie zu vermeiden oder um den unehelichen Partner zu berücksichtigen, kann ein Testament sinnvoll sein. Damit ist es möglich festzulegen, wie das Erbe verteilt werden soll. „Es ist nicht möglich, bestimmten Personen einzelne Gegenstände wie Schmuck oder ein Auto zu vererben“, so die ERGO Juristin. „Allerdings kann ein Testament auch ein sogenanntes Vermächtnis vorsehen, durch das Verfasser einer Person einen Geldbetrag oder einen bestimmten Gegenstand hinterlassen können.“ Diese sind jedoch keine Erben, sondern haben nur einen Herausgabeanspruch der betreffenden Gegenstände.

Damit das Dokument wirksam ist, muss der Verfasser geistig gesund und mindestens 16 Jahre alt sein. Ist der Verfasser noch minderjährig, ist nur ein notarielles Testament wirksam. Wer das Testament selbst verfasst, muss es vollständig eigenhändig und per Hand schreiben. Außerdem dürfen Ort, Datum und Unterschrift nicht fehlen. Die Expertin rät, das Schriftstück mit „Testament“ oder „Letzter Wille“ zu betiteln und es bei einem Nachlassgericht zu hinterlegen. Übrigens: Kinder, die im Testament enterbt werden, haben trotzdem das Recht auf ihren gesetzlichen Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

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