Als „sanfte Einschlafhilfe“ werden Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin beworben. Doch in Arzneimittel-Studien zur Wirkung des Schlafhormons Melatonin haben sich laut Ernährungswissenschaftlerin Dr. Britta Nagl regelmäßig unerwünschte Wirkungen gezeigt – besonders am Folgetag. Foto: Danijela/stock.adobe.com
Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln mit dem Schlafhormon Melatonin
Melatoninhaltige Mittel sollen laut Herstellern das Einschlafen erleichtern und den Schlaf verbessern. Doch beeinflussen Körperbau, Alter, Genetik und zusätzlich eingenommene Medikamente, wie Melatonin im Körper wirkt. Auch aus diesem Grund sollte das Hormon nicht unkritisch in beliebiger Dosis eingenommen werden.
„Wer unter Schlafstörungen leidet, sollte die Ursache ärztlich abklären lassen“, betont Prof. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), im Gesundheitsmagazin „Apotheken Umschau“.
Vorsicht vor unkontrollierter Einnahme
In den vergangenen Jahren sind Nahrungsergänzungsmittel mit dem körpereigenen Hormon Melatonin auf den Markt gekommen, die, anders als die beiden in Deutschland erhältlichen verschreibungspflichtigen Präparate, nicht auf ihre Wirksamkeit getestet werden müssen. Sie werden als Kapseln, Tropfen, Spray, Pulver oder Gummidrops ohne Rezept in Drogeriemärkten, Apotheken oder Online-Shops verkauft, und zum Teil haben sie einen höheren Melatoningehalt als die zugelassenen verschreibungspflichtigen Medikamente.
Aus Sicht des BfR fehlen Studien zu den gesundheitlichen Effekten der Nahrungsergänzungsmittel. „Die momentan verfügbaren wissenschaftlichen Daten zur Verwendung von Melatonin sprechen gegen eine unkritische, unkontrollierte Einnahme melatoninhaltiger Nahrungsergänzungsmittel, vor allem über einen längeren Zeitraum“, heißt es in einer BfR-Stellungnahme.
Eine Reihe unerwünschter Nebenwirkungen
Bestehende Untersuchungen wurden oft nur mit wenigen Testpersonen und über einen kurzen Zeitraum hinweg durchgeführt. Es sei deshalb schwer, bei Nahrungsergänzungsmitteln verlässliche Aussagen zu treffen, bestätigt Schlafmedizinerin Prof. Dr. Kneginja Richter, die an der Technischen Hochschule Nürnberg lehrt. „Hinzu kommt, dass viele Nahrungsergänzungsmittel auch Vitamine, Magnesium oder andere Inhaltsstoffe enthalten.“ Das könne die Wirkung unabhängig vom Melatonin beeinflussen.
In seiner Stellungnahme nennt das BfR eine ganze Reihe unerwünschter Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, verlängerte Reaktionszeit, Blutdruckabfall sowie das vermehrte Auftreten von Albträumen. Zudem würden einige Studien an Erwachsenen darauf hinweisen, dass die Melatonineinnahme die körpereigene Produktion von Hormonen beeinflusst. Insbesondere bei langfristiger Einnahme rät das Bundesinstitut deshalb zur Vorsicht.
Melatonin ist auch in Lebensmitteln enthalten
Melatonin ist ein Hormon, das eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus spielt. Es wird hauptsächlich in der Zirbeldrüse im Gehirn produziert, kann aber auch in bestimmten Lebensmitteln vorkommen. Hier sind einige Lebensmittel, die Melatonin enthalten:
Kirschen: Besonders Sauerkirschen sind eine der besten natürlichen Quellen für Melatonin.
- Trauben: Trauben, insbesondere rote Trauben, enthalten Melatonin.
- Tomaten: Diese enthalten ebenfalls kleine Mengen an Melatonin.
- Walnüsse: Walnüsse sind nicht nur nahrhaft, sondern auch eine gute Quelle für Melatonin.
- Hafer: Haferflocken können Melatonin enthalten und sind zudem reich an Ballaststoffen.
- Reis: Insbesondere Jasminreis hat einen höheren Melatoningehalt.
- Bananen: Sie enthalten Melatonin sowie Magnesium und Kalium, die zur Entspannung beitragen können.
- Milch: Milchprodukte enthalten Melatonin, und warme Milch wird oft als Hausmittel für besseren Schlaf empfohlen.
Die Ernährung kann einen gewissen Einfluss auf die Melatoninproduktion im Körper haben, jedoch ist die Menge an Melatonin, die durch Lebensmittel aufgenommen wird, im Vergleich zu den Mengen, die der Körper selbst produziert, relativ gering. Eine Ernährung, die reich an melatoninhaltigen Lebensmitteln ist, kann helfen, die Melatoninspiegel zu unterstützen, insbesondere wenn sie in Kombination mit einer gesunden Lebensweise und Schlafhygiene erfolgt. Da Melatonin aus Tryptophan, einer Aminosäure, synthetisiert wird, können Lebensmittel, die reich an Tryptophan sind, wie Pute, Huhn, Fisch, Eier, Nüsse und Samen, ebenfalls die Melatoninproduktion im Körper fördern.
Neben der Ernährung sind auch andere Faktoren wichtig, um einen Melatoninmangel auszugleichen, wie regelmäßige Schlafenszeiten, eine dunkle Schlafumgebung und die Vermeidung von Bildschirmen vor dem Schlafengehen. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, Melatonin in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu verwenden, insbesondere bei Schlafstörungen oder Jetlag. Dies sollte jedoch idealerweise unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Bei ernsthaften Schlafproblemen oder einem nachgewiesenen Melatoninmangel ist es jedoch ratsam, einen Arzt zu konsultieren. pm/tok