Von den 192.208.062 Impfungen in Deutschland gab es nur 0,17 Prozent Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen und 0,03 Prozent Verdachtsfälle auf schwerwiegende Nebenwirkungen. Wichtig: Aus der Anzahl der Verdachtsmeldungen kann man nicht darauf schließen, dass es sich tatsächlich um eine Nebenwirkung handelt. Foto: merklicht.de/stock.adobe.com
So oft haben Patienten nach Coronaimpfungen Nebenwirkungen gemeldet
340.282 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Coronaimpfungen wurden dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bis zum 31. März 2023 gemeldet. Am 7. April 2023 ist der rechtliche Rahmen für die COVID-19-Schutzmaßnahmen ausgelaufen. In dieser Zeit wurden in Deutschland über 192 Millionen Impfdosen verabreicht. Die bis zum 31. März 2023 gemeldeten Verdachtsfälle schwerwiegender Nebenwirkungen belaufen sich auf 56.432.
Mehr Frauen mit Verdachtsfällen
In Prozentzahlen ausgedrückt: Von den 192.208.062 Impfungen in Deutschland gab es nur 0,17 Prozent Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen (fast 18 Fälle auf 10.000 Impfungen) und 0,03 Prozent Verdachtsfälle auf schwerwiegende Nebenwirkungen (fast 3 Fälle auf 10.000 Impfungen).
Von den 56.432 Verdachtsfällen mit schwerwiegender Nebenwirkung entfallen rund zwei Drittel auf Versionen des von BioNTech hergestellten mRNA-Impfstoffs Comirnaty. Moderna und AstraZeneca kommen jeweils auf rund 14 Prozent. Auffällig ist der hohen Frauenanteil. 69 Prozent der gesamten Fälle betreffen Menschen weiblichen Geschlechts, bei den schwerwiegenden Fällen sind es 57 Prozent.
127 konsistente Todesfälle bei über 192 Millionen Impfungen
Wie das PEI berichtet, wurde in 0,98 Prozent der berichteten Verdachtsfallmeldungen ein tödlicher Verlauf in unterschiedlichem zeitlichen Abstand nach einer COVID-19-Impfung mitgeteilt. 127 Fälle wurden vom Paul-Ehrlich-Institut als konsistent – im Sinne der Definition der WHO (www.who.int) – mit einem ursächlichen Zusammenhang mit der jeweiligen COVID-19-Impfung bewertet. Und das bei 192 Millionen Impfungen.
Bei der Interpretation von Melderaten von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen ist zu beachten, dass aus der Anzahl der Verdachtsmeldungen nicht darauf geschlossen werden kann, dass es sich um eine Nebenwirkung handelt. Es kann aus der Melderate also auch nicht auf die Häufigkeiten der gemeldeten körperlichen Reaktion geschlossen werden. Auf der Grundlage von Verdachtsfallmelderaten sind ebenfalls nicht ohne Weiteres Vergleiche zwischen einzelnen Impfstoffen statthaft, da viele Faktoren – nicht zuletzt die öffentliche Aufmerksamkeit – die Melderate beeinflussen können.
Impfung und Übersterblichkeit
Die absoluten Zahlen der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang nach einer Impfung, die als konsistent mit der Verursachung durch eine COVID-19-Impfung bewertet wurden, sind sehr gering, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in einem Bulletin für Arzneimittelsicherheit erklärt.
Vielfach wurde diskutiert, ob die COVID-19-Impfung mit Übersterblichkeit assoziiert sein könnte. Da die Bedenken bezüglich einer möglichen Übersterblichkeit nach COVID-19-Impfung in Norwegen zu Beginn der Impfkampagne vor allem älteren, gebrechlichen Menschen galten, untersuchte eine norwegische Arbeitsgruppe im Rahmen einer landesweiten Kohortenstudie, in die 688.152 Personen im Alter von ≥70 Jahren einbezogen wurden, die Mortalität (alle Ursachen) innerhalb von 21 Tagen nach der ersten Dosis COVID-19-mRNA-Impfstoff.
Es fand sich kein Hinweis auf eine erhöhte Mortalität innerhalb von 21 Tagen nach Impfung.
Impfung reduziert Gesamtmortalität
In einer ungarischen Studie, in die Daten der gesamten Bevölkerung einbezogen wurden, konnte gezeigt werden, dass die Gesamtmortalität bei COVID-19-geimpften Personen im Vergleich zu ungeimpften Personen nach Bereinigung von Störfaktoren (Confounder) und des sogenannten „healthy vaccinee effects“ (gesunde Personen lassen sich eher impfen, sodass das Risiko für das betrachtete Ereignis eher unterschätzt wird) deutlich niedriger ist.
Die wirksame Reduktion der Gesamtmortalität ließ sich für jeden einzelnen der verwendeten COVID-19-Impfstoffe zeigen.
Eine Studie des Office for National Statistics (ONS) in England untersuchte die Auswirkungen der COVID-19-Impfung auf das Risiko der Gesamt- und der kardialen Sterblichkeit bei jungen Menschen im Alter von 12 bis 29 Jahren. Die Ergebnisse zeigten keinen signifikanten Anstieg der kardialen oder der Gesamtmortalität in den zwölf Wochen nach der COVID-19-Impfung im Vergleich zum Zeitintervall von mehr als zwölf Wochen nach einer Impfdosis.
Allerdings wurde ein Anstieg der kardialen Sterblichkeit bei Frauen, nicht aber bei Männern, nach einer ersten Dosis eines Nicht-mRNA-COVID-19-Impfstoffes (z.B. Vaxzevria) festgestellt. Dieses Ergebnis ist erstaunlich, basiert aber auf wenigen Fällen eines kardialen Todes bei Frauen in unterschiedlichem zeitlichen Abstand nach Immunisierung mit Nicht-mRNA-COVID-19-Impfstoffen (n=41).
Long-/Post-COVID-ähnliche Beschwerden
In Deutschland wird in der Öffentlichkeit zunehmend diskutiert, ob COVID-19-Impfungen zu andauernden Beschwerden, vergleichbar Long-COVID nach Infektion mit SARS-CoV-2, führen könnten. Das Paul-Ehrlich-Institut erhielt im Rahmen der Überwachung der Arzneimittelsicherheit seit Beginn der COVID-19-Impfkampagne (27. Dezember 2020) bis zum 31. März 2023 insgesamt 1452 Meldungen über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen in unterschiedlichem zeitlichen Abstand nach COVID-19-Impfung und unabhängig von der Dauer der unerwünschten Reaktionen, die als Long-COVID-ähnlich, Chronisches Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome/Myalgische Enzephalomyelitis, CFS/ME), posturales Tachykardiesyndrom (POTS), einschließlich der Beschwerden, die als Post-exertional Malaise (PEM, Unwohlsein nach Belastung) gemeldet wurden, oder Beschwerden, die als „Post-Vac“ berichtet wurden.
Der Begriff „Post-Vac“ stellt keine medizinisch definierte Bezeichnung einer Erkrankung dar und unterliegt keiner eindeutigen Falldefinition für die Meldung eines Verdachtsfalls einer Nebenwirkung eines Impfstoffprodukts. Sehr häufig fehlen bei den Verdachtsfallmeldungen allerdings wichtige klinische Informationen, insbesondere zum Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptome und der Dauer bzw. ob die Symptome noch vorliegen, sodass die diagnostische Sicherheit der berichteten Gesundheitsstörungen in den meisten Fällen nicht beurteilt werden kann. Auch eine Koinzidenz zu einer COVID-19-Infektion ist oft nicht beurteilbar.
Werden die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einer vorläufigen Falldefinition festgelegten Kriterien des Long-/Post-COVID-Syndroms nach SARS-CoV2-Infektion zum zeitlichen Abstand der berichteten Symptome von dem Indexereignis (hier Impfung) und Dauer der Symptome analog angewendet, reduziert sich die Anzahl der Verdachtsfälle auf 747. Anzumerken ist, dass in diesen Fällen vielfach keine differenzialdiagnostischen Untersuchungen zu anderen Erkrankungen und/oder Infektionen, die die Symptome erklären könnten, mitgeteilt wurden. Mathias Brandt/statista.com/pm/tok