Zwischen Mai und September 2022 machten gleich vier Fußball-Bundesligaprofis ihre Hodenkrebs-Erkrankung öffentlich. Die Krankheit betrifft zumeist junge Männer bis 45 Jahren. Foto: sulit.photos/stock.adobe.com

Sind Fußballspieler anfälliger für Hodenkrebs? – Junge Männer sollten regelmäßig selbst abtasten

Jährlich erkranken rund 4100 Männer in Deutschland an Hodenkrebs. Damit zählt er zu den eher seltenen Krebserkrankungen bei Männern. Betroffen sind zumeist Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Zwischen Mai und September 2022 machten gleich vier Fußball-Bundesligaprofis ihre Hodenkrebs-Erkrankung öffentlich. Grund genug für eine wissenschaftliche Studie.

Zunächst erklärten Timo Baumgartl von Union Berlin, gefolgt von Marco Richter und Jean-Paul Boetius von Herta BSC Berlin und Sébastien Haller von Borussia Dortmund, dass bei ihnen Hodenkrebs diagnostiziert wurde. Ist diese Häufung nur ein Zufall oder gibt es da Zusammenhänge mit diversen Faktoren, die sich wissenschaftlich belegen lassen und eventuell zu neuen medizinischen Erkenntnissen führen?

Besteht ein höheres Hodenkrebs-Risiko für Fußballspieler?

Nach den vier Fällen von Hodenkrebs innerhalb weniger Monate in 2022 im Bundesliga-Profifußball häuften sich Anfragen in den Pressestellen des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V. (BvDU) und der Deutschen Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA): Besteht ein höheres Hodenkrebs-Risiko für Fußball-Profis? Wie kann jeder Einzelne Vorsorge treffen?

Laut derzeitigem Stand gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass ein höheres Risiko besteht, sodass aktuell von einer Koinzidenz ausgegangen wird, so berichtet es das DeutschesGesundheitsPortal (DGP). „Durch die gehäuften Fälle im Profi-Fußball innerhalb nicht einmal eines halben Jahres wurde die Öffentlichkeit sensibilisiert“, so Catrin Steiniger, Präsidentin des BvDU e.V. und Fachärztin für Urologie.

Unkenntnis bei jungen Männern

„Auch ohne bewiesenen Zusammenhang bleibt die generelle Gefahr einer Hodenkrebs-Erkrankung, bisher größtenteils ein Tabu-Thema, bestehen – insbesondere für jüngere Männer. Die meisten jungen Männer wissen gar nicht, dass sie die Altersgruppe sind, die Hodentumore bekommen kann.“ Ein Umstand, der sich dank des offenen Umgangs der Fußballer mit ihrer Krankheit derzeit zu ändern scheint. „Neben dem Alter gibt es weitere Risikofaktoren für eine Hodenkrebserkrankung, die alle jungen Männer kennen sollten“, ergänzt die Präsidentin der DGA, Prof. Dr. Sabine Kliesch, Chefärztin des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA), Universität Münster.

Diagnosezeitraum von 31.000 Fällen untersucht

Prof. Dr. Klaus-Peter Dieckmann, Ärztlicher Leiter des Hodentumorzentrums der Asklepios Klinik Altona, führte in Kooperation mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) und der Universität Essen eine epidemiologische Studie durch. Die Forschungsgruppe ist der Frage nachgegangen, ob eine jahreszeitliche Häufung bei Hodenkrebs besteht, die dann wiederum Rückschlüsse auf mögliche Ursachen liefern könnte. „Wir haben 31.000 Fälle von Hodentumor-Erkrankungen der letzten elf Jahre aus Deutschland hinsichtlich ihres Diagnosezeitraumes ausgewertet“, erklärt Dieckmann.

„Wenn es tatsächlich eine erkennbare jahreszeitliche Häufung gegeben hätte, könnten wir in der Ursachenforschung beispielsweise einen intensiveren Blick auf den Vitamin-D-Stoffwechsel oder direkte Sonneneinstrahlung werfen. Ziel ist ja grundsätzlich, Ursachen zu erkennen, um Erkrankungen soweit möglich zu vermeiden“, so Dieckmann.

Das Ergebnis der Studie ist jetzt im renommierten PLOS ONE als wissenschaftlicher Beitrag erschienen. Die Studie zeigt, dass ein saisonaler Zusammenhang trotz der zunächst auffälligen Häufung nicht besteht. Dieckmann sieht dies dennoch positiv: „Für die Krebsforschung auf diesem Gebiet ist das ein Erkenntnisgewinn, der uns davor schützt, falsche Wege zu gehen.“

Prof. Dr. Klaus-Peter Dieckmann, Ärztlicher Leiter des Hodentumorzentrums der Asklepios Klinik Altona, hat 31.000 Hodenkrebs-Fälle untersucht und keinen Bezug von Jahreszeit und Diagnose-Zeitraum entdeckt. Bildrechte/Foto: Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA

Früherkennung der Tumore steigert Heilungschancen

Ein erhöhtes Risiko besteht nach einer Vorerkrankung mit einseitigem Hodenkrebs, einem Hodenhochstand in der Kindheit, Hodenkrebserkrankungen von Vater oder Brüdern sowie Unfruchtbarkeit. Eine Früherkennungsuntersuchung für junge Männer im Rahmen des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms gibt es in Deutschland nicht. Deshalb ist es wichtig, eigenverantwortlich zu handeln. Denn auch bei Hodenkrebs gilt – je früher der Tumor erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Rund 95 Prozent der Männer mit Hodenkrebs werden wieder gesund.

Regelmäßig den Hodencheck machen

Unabhängig von der scheinbaren Häufung von Hodenkrebs unter jungen Bundesliga-Fußballspielern und einer nicht an Jahreszeiten gebundenen Diagnose-Häufigkeit, sollten „jugendliche und junge Männer zwischen 14 und 45 Jahren“, so sagt es Prof. Dr. Laura-Maria Krabbe, DGU-Ressort Leitlinien und Qualitätssicherung, „unbedingt den Hodencheck kennen, denn die regelmäßige Selbstuntersuchung der Hoden ist die wichtigste Früherkennungsmaßnahme.“

Ihr Hinweis: „Verändert sich die Größe eines Hodens, tritt ein Schweregefühl auf oder gibt es tastbare Verhärtungen, so können das Warnzeichen für ein Hodenkarzinom sein. Betroffene dürfen sich dann keinesfalls scheuen, einen Urologen oder eine Urologin aufzusuchen.“ 

Auf > www.hodencheck.de wird die Selbstuntersuchung der Hoden erklärt und niedergelassene Urologinnen und Urologen sowie urologische Kliniken in ganz Deutschland sind online zu finden. Der Berufsverband fordert darüber hinaus, die Hodenkrebs-Vorsorge als Früherkennungsuntersuchung für junge Männer in das gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm aufzunehmen. DGA-Präsidentin Prof. Dr. Sabine Kliesch betont, dass es einer medizinisch wenig aufwendigen Untersuchung durch Abtasten und Ultraschall der Hoden bedarf, um frühzeitig einen Hodentumor zu entdecken. Um so erfreulicher sei es, dass bereits der erste Profiverein der Fußball-Bundesliga die entsprechenden Konsequenzen bezüglich seines medizinischen Check-ups ziehen will!

Selbstuntersuchung der Hoden: So geht’s

Wie oft?

Urologen empfehlen allen Jungen und Männern zwischen 14 und 45 Jahren, die Hoden regelmäßig einmal im Monat abzutasten: Am besten im Stehen unter der warmen Dusche oder nach einem warmen Bad, weil die Haut des Hodensacks dabei entspannt und die Hoden gut zu fühlen sind. Mit etwas Übung wird die Selbstuntersuchung der Hoden schnell zur Routine und benötigt wenig Zeit.

Worauf achten?

Auffällig ist eine einseitige schmerzlose Vergrößerung oder Verhärtung des Hodens oder ein kleiner, harter schmerzloser Knoten auf dem Hoden. Ebenso kann ein Schweregefühl oder ein Ziehen im Hodenbereich ein Warnhinweis sein.

So geht’s

Zuerst Hodensack und Hoden in der geöffneten Handfläche von unten betasten und leicht auf und ab bewegen. Dabei entsteht ein Gefühl für Gewicht und Größe der Hoden.

Dann jeden Hoden einzeln abtasten: Dafür die Hoden zwischen Daumen (oben) sowie Zeige- und Mittelfinger (unten) hin und her rollen. Unebenheit oder Knoten sind so leicht zu spüren.

Tastbar sind auch die Nebenhoden, die wie eine Mütze oben auf und an der Außenseite der Hoden liegen und leicht mit einem auffälligen Befund verwechselt werden können.

Zuletzt noch im Spiegel prüfen, ob eine Schwellung im Bereich des Hodensacks auffällig ist.

Etwas Auffälliges gefunden?

Bei Veränderungen an den Hoden sollte ohne Aufschub unbedingt ein Urologe aufgesucht werden. Mit einer Tast- und Ultraschalluntersuchung sowie einer Blutuntersuchung kann der Urologe/die Urologin einen Verdacht auf einen Hodentumor abklären.

Antworten auf alle Fragen rund um den Hodencheck gibt es in jeder urologischen Praxis oder auch online auf www.hodencheck.de. Weitere Informationen zu Hodentumoren und anderen urologischen Erkrankungen finden Interessierte auf den Seiten der Urologischen Stiftung Gesundheit unter folgendem Link: > urologische-stiftung-gesundheit.de. Die Patientenleitlinie Hodenkrebs steht kostenfrei zum Download im Leitlinienprogramm Onkologie unter > www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/hodenkrebs zur Verfügung. pm/DGP/Asklepios/tok