Filmschauspielerin Michaela May konnte viele Jahre nicht vom Suizid ihrer drei Geschwister erzählen. Bildrechte: Wort & Bild Verlag/Foto: Getty Images/Hannes Magerstaedt
Schuldgefühl bei Hinterbliebenen: Warum Michaela May erst jetzt vom Suizid ihrer Geschwister erzählt
Michaela May spielte in komödiantischen Serien wie „Münchner Geschichten“ und „Monaco Franze“ – und wurde immer als fröhlich, stark und gesund wahrgenommen. Umso überraschender ist ihre Lebensgeschichte. Ihre zwei Brüder und eine Schwester nahmen sich mit 28, 34 und 22 Jahren infolge von Depressionen das Leben.
Die Schauspielerin berichtete erstmals in ihrer Biographie „Hinter dem Lächeln: Autobiografie“ darüber, die zu ihrem 70. Geburtstag vor einem Jahr erschien. „Wenn ich davon erzähle, kann ich vielleicht Menschen helfen, die auch einen schweren Rucksack zu tragen haben. Und ihnen zeigen, wie man trotz eines solchen Schicksals noch lebensfroh durch die Welt gehen und das Leben genießen kann“, sagt sie im Interview mit dem Apothekenmagazin „Senioren Ratgeber“.
Suizidtrauernde behalten Schmerz oft für sich
Ihr Wunsch, anderen mit ihrer eigenen Geschichte zu helfen, hat sich für die Schauspielerin erfüllt. Wenn sie in psychiatrischen Kliniken und für AGUS, einen Verein für Suizidtrauernde, liest, erhalte sie viele positive Reaktionen. Diese reichten von „Sie haben mir wieder Lebensmut gegeben“ bis hin zu „Man kann also doch über den Schmerz hinwegkommen“.
Dass May ihre Geschichte erst jetzt mit anderen teilt, hängt mit dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2019 zusammen. Bis sie im Alter von 97 Jahren starb, galt der unausgesprochene Codex, die Ereignisse aus Selbstschutz für sich zu behalten.
Schuldgefühle bei Hinterbliebenen
Im Interview mit dem „Senioren Ratgeber“ erklärt die Schauspielerin auch, warum es Menschen schwerfällt darüber zu sprechen, wenn sie Angehörige durch Depressionen verloren haben. „Weil immer dahintersteht: Warum hat er nicht eingegriffen? Es bleibt immer ein Hauch von Schuld bei den Hinterbliebenen. Aber es gibt keine Schuld.“
Dass sie trotz der schweren Schicksalsschläge lebensfroh blieb, mag auch am Schauspielberuf liegen, mutmaßt die gebürtige Münchnerin, die mit ihrem Mann Regisseur Bernd Schadewald in der bayerischen Hauptstadt lebt. „Mein Leben war ein Spiel. Das hat mich gerettet.“
Michaela May: „Hinter dem Lächeln: Autobiografie“, Verlag Piper, 2022, 256 Seiten, ISBN: 978-3492071192
INFO
In Deutschland ist die Zahl der Suizide seit Anfang der 80er-Jahre von etwa 18.000 auf mittlerweile rund 9200 Tote im Jahr (Quelle: Statistisches Bundesamt 2020) gesunken. Diese positive Entwicklung zeigt, dass sich die Versorgungssituation in den vergangenen 40 Jahren in Deutschland verbessert hat. Menschen mit Depression holen sich häufiger Hilfe, und Ärzte erkennen Depressionen besser.