Bis zu 10 % der erwachsenen Deutschen leiden unter dem Restless-Legs-Syndrom, auch als Syndrom der unruhigen Beine bekannt. Zwei Drittel der Patienten sind Frauen. Foto: Andrey Popov/stock.adobe.com
Restless-Legs-Syndrom: Lassen sich Symptome ohne Medikamente lindern?
Das Restless-Legs-Syndrom, auch als Syndrom der unruhigen Beine bekannt, plagt in Deutschland etwa bei 3 bis 10 % der Erwachsenen. Dafür, dass so viele Menschen davon betroffen sind, ist es relativ unbekannt. Eine Anfrage einer Bürgerin war Ausgangspunkt dieses „ThemenCheck“-Berichts des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Thema: Lassen sich durch nicht medikamentöse Verfahren die Symptome des Restless-Legs-Syndroms lindern?
Im IQWiG-Auftrag hat ein interdisziplinäres Wissenschaftsteam der Gesundheit Österreich GmbH und der Medizinischen Universität Graz den Nutzen von nicht medikamentösen Verfahren zur Linderung der Symptome bei idiopathischem Restless-Legs-Syndrom (RLS) untersucht. Ihre Erkenntnis: Für einige Verfahren zeigen sich im Rahmen des „ThemenCheck Medizin“ Anhaltspunkte für einen Nutzen – die Vor- und Nachteile der untersuchten Behandlungen können aber noch nicht sicher beurteilt werden, wie das DeutschesGesundheitsPortal berichtet.
Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer
Die Wissenschaftler haben 22 randomisierte kontrollierte Studien (randomized controlled trials, RCTs) eingeschlossen, die 17 verschiedene nicht medikamentöse Behandlungen untersuchen. Diese Studien geben erste Hinweise darauf, dass bestimmte Behandlungen einen Nutzen für Betroffene mit starken RLS-Symptomen haben könnten. Weitere und bessere Studien sind aber nötig, um Vor- und Nachteile dieser und auch anderer Behandlungen zu überprüfen.
Das RLS, auch als Syndrom der unruhigen Beine bekannt, betrifft in Deutschland etwa 3 bis 10 % der Erwachsenen. Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer; Menschen im höheren Lebensalter sind häufiger betroffen als Jüngere. Dabei sind im Gegensatz zum komorbiden RLS (hier können Ursachen als Auslöser festgestellt werden) beim idiopathischen RLS die Ursachen unbekannt, und diese Form des RLS ist nicht heilbar.
Unkontrollierbarer Bewegungsdrang
Das RLS zeigt sich durch einen unkontrollierbaren Bewegungsdrang sowie durch Kribbeln, Ziehen oder Schmerzen in den Beinen. Oft nehmen die Symptome in Ruhe zu und lassen bei Bewegung nach. Die meisten Betroffenen haben Ein- und Durchschlafstörungen – viele stehen mehrmals nachts auf und gehen umher, um ihre Beschwerden zu lindern.
Das RLS kann daher häufig die Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und psychische Gesundheit – bis hin zur Depression – beeinträchtigen. Die Erkrankung verläuft unterschiedlich; meist werden die Beschwerden jedoch mit der Zeit stärker.
Medikamente bereiten Probleme
Viele Betroffene nehmen Medikamente ein, um die Beschwerden zu lindern. Diese können allerdings Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlafstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten verursachen oder sogar die Beschwerden noch verstärken.
Kann Eisen helfen?
Die 22 randomisierten kontrollierten Studien untersuchten insgesamt 17 unterschiedliche nicht medikamentöse Verfahren bei erwachsenen Personen mit meist schwerer Symptomatik bei idiopathischem RLS. Dazu gehörte auch eine Studie zur oralen Eisengabe als Nahrungsergänzungsmittel bei Personen ohne Eisenmangel.
Um sich ein vollständiges Bild von der Intervention einer Eisengabe machen zu können, entschieden die Forscherinnen und Forscher, ergänzend vier weitere Studien zu intravenösen Eisen-Infusionen bei Personen ohne Eisenmangel einzuschließen. In fast allen Studien erhielten die Teilnehmenden der Vergleichsgruppe ein Placebo, eine Scheinbehandlung oder keine Behandlung.
Die Vor- und Nachteile der untersuchten Behandlungen können nicht sicher beurteilt werden, da es zu den einzelnen Verfahren meist nur jeweils eine Studie mit wenigen Teilnehmenden gibt. Die Studien sind zudem nicht sehr aussagekräftig, etwa weil unklar ist, ob die Teilnehmenden den Versuchs- und den Vergleichsgruppen tatsächlich zufällig zugeteilt wurden. Außerdem dauerten die Studien nur durchschnittlich 5 Wochen, sodass langfristige Effekte unklar bleiben.
Hinweise auf lindernde Effekte
Trotzdem fanden Wissenschaftler Anhaltspunkte, dass bestimmte Behandlungen manche Beschwerden lindern könnten: Bei RLS-Symptomen wie Bewegungsdrang und Kribbeln können die Niedrigfrequenz-Elektrostimulation, die Nahinfrarotlicht-Therapie, die pneumatische Kompression, die Ganzkörper-Kältekammer, das Vibrationsboard, Akupunktur, die Counterstrain-Manipulation, Fußmassage-Geräte oder Bewegungsinterventionen wie Krafttraining und Yoga helfen. Auch Eisen-Infusionen können möglicherweise diese Symptome lindern.
Ein- und Durchschlafstörungen als Symptome des RLS könnten durch die spinale Gleichstrom-Stimulation Linderung erfahren sowie das Symptom Fatigue (Erschöpfung) durch Yoga oder die pneumatische Kompression. In den ausgewerteten Studien fanden sich zudem Hinweise, dass Yoga auch bei durch RLS-Symptome ausgelösten Depressionen Linderung bringen könne.
Nahrungsergänzungsmittel ohne Effekt
Für weitere Behandlungen, zum Beispiel Vitamin D, Baldrian und Eisen als Nahrungsergänzungsmittel, fanden die Wissenschaftler in den Studien keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen.
Berichte über unerwünschte Wirkungen (vor allem Magen-Darm-Beschwerden) liegen nur für die Nahrungsergänzungsmittel Eisen und Baldrian vor. Allerdings ist unsicher, ob die Angaben hierzu in allen Studien vollständig waren.
Weitere Studien müssen folgen
Die eingeschlossenen Studien deuten an, dass Patienten mit schwerer RLS-Symptomatik von einigen der nicht medikamentösen Verfahren profitieren könnten. Allerdings werden weitere Studien mit größeren Teilnehmerzahlen und längerer Studiendauer benötigt, um die Ergebnisse zu festigen und Aussagen zu Langzeiteffekten – insbesondere auch zu unerwünschten Begleiteffekten – treffen zu können.
Unklar ist mangels Studien, ob die nicht medikamentösen Verfahren auch bei einem milden oder moderaten RLS helfen können. Gerade in diesen Fällen suchen Betroffene vermutlich nach nicht invasiven Alternativen, um eine medikamentöse Behandlung umgehen oder – sofern diese schon begonnen wurde – möglicherweise die Dosis reduzieren zu können.
Für eine informierte Entscheidung sollten Betroffene regelmäßig über die zur Verfügung stehenden nicht medikamentösen Behandlungsoptionen und deren Vor- und Nachteile aufgeklärt werden.
Die vorläufigen Ergebnisse des Berichts „Restless-Legs-Syndrom (unruhige Beine): Lassen sich durch nicht medikamentöse Verfahren die Symptome lindern?“ hatte das Institut im Februar 2023 als vorläufigen „ThemenCheck“-Bericht veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Bericht überarbeitet und jetzt in seiner finalen Fassung veröffentlicht. DGP