Studien zeigen, dass der Renteneintritt mit erhöhten Risiken für psychische und physische Erkrankungen verbunden sein kann. Eine Untersuchung des Institute of Economic Affairs in Großbritannien legt nahe, dass Rentner im Schnitt ein um 40 Prozent höheres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken, als Menschen, die noch im Berufsleben stehen. Foto: peopleimages.com/stock.adobe.com

Ohne Plan in die Rente? Warum das Ihr Herz und Ihre Psyche ruinieren kann

Der Herbst des Lebens ist nicht automatisch ein goldener. Allzu häufig wechseln Arbeitende völlig unvorbereitet in die Rente. Ist das erste Urlaubsfeeling dann verflogen, macht sich mitunter eine Tristesse im Leben der neuen Rentner und Pensionäre breit. Und das kann teils schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.

Begreift man den Übergang in den Ruhestand jedoch als Entwicklungsprozess, der aktiv vorbereitet wird, kann dieser Abschnitt zu einem der schönsten im Leben werden.

Wenn der Alltag das Urlaubsfeeling einholt

Der letzte Arbeitstag ist gekommen. Seit Jahren wurde er herbeigesehnt, und dann ist er plötzlich da, der wohlverdiente Ruhestand. Die ersten Wochen in Rente können sich mitunter wie ein zweiter Jahresurlaub anfühlen. Lange Ausschlafen, ein spätes Frühstück, ausgedehnte Spaziergänge mit dem Partner, Kaffeekränzchen mit den Freunden und Freundinnen.

Doch nach ein paar Wochen kann sich Unzufriedenheit einstellen. Der Austausch mit den ehemaligen Kollegen fehlt, die Hausarbeit erfährt keinerlei Wertschätzung, der Haussegen beginnt in Schieflage zu geraten und das Hobby, für das man früher auch keine Zeit hatte, haben Rentner leider auch nicht. Nein, so hatte man sich das arbeitsbefreite Leben nicht vorgestellt. Aber so passiert es vielen. Nicht alle Beschäftigten, für die die Rente in Sichtweite gerät, machen sich vorab überhaupt Gedanken über diesen neuen Lebensabschnitt.

Fehlende Anerkennung und Kontakte

„Nicht mehr gebraucht zu werden, der Verlust eines geregelten Tagesablaufes, dazu die fehlende Anerkennung und das Wegbrechen der sozialen Kontakte, all das kann zu Ängsten und Unzufriedenheit führen“, erklärt Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der BARMER. „Das Risiko für psychische und psychosomatische Erkrankungen ist dann erhöht.“ Was können zukünftige Rentnerinnen und Rentner also besser machen, um auch wirklich einen goldenen Herbst des Lebens zu erleben?

Früher Blick in die Zukunft

Idealerweise beginnt die Auseinandersetzung mit der Zeit nach dem Ende der Erwerbstätigkeit bereits einige Jahre vor dem finalen Datum. Der Abschied vom Job wird in den meisten Fällen nicht so leicht, da die Identifikation in aller Regel hoch ist. Sich vergegenwärtigen, dass dieser Abschnitt endlich ist und bald ein neuer beginnen wird, führt zu einer kontinuierlichen Auseinandersetzung mit dem neuen Lebensabschnitt. Ist es dann soweit, wird der Wechsel nicht als dramatisch einschneidend erlebt.

Übrigens hat es sich auch als gut erwiesen, den Wechsel ins Rentnerdasein in Etappen anzugehen. „Wer seine Arbeitsstunden nach und nach verringern kann, bereitet sich möglicherweise besser auf den neuen Lebensabschnitt vor, als von 100 auf null zu fallen“, rät Andrea Jakob-Pannier.

Eigene Wünsche definieren

Wer sich bereits auf die Gedankenreise in den Ruhestand befindet, der sollte auch gleich überlegen, was er oder sie vom Ruhestand konkret erwartet. Was will ich mit meiner neugewonnenen Zeit anfangen? Möchte ich meine Eltern oder Schwiegereltern pflegen, eine Sprache erlernen, einem zeitintensiven Hobby nachgehen, oder muss ich meine Rentenkasse durch einen Job aufbessern?

Die Pläne können natürlich jederzeit angepasst oder korrigiert werden. Wichtig ist, dass der Gedankenprozess an den Ruhestand in Bewegung bleibt. Wer hier eine positive Erwartungshaltung aufbaut, dem wird auch ein guter Übergang gelingen. Negative Gedanken an mögliche Erkrankungen im Alter und was vielleicht alles schiefgehen könnte, sind da eher hinderlich.

Partnerschaftliche abstimmen und Engagements finden

Naheliegend, aber oft vernachlässigt ist die zukünftige Beziehung zum Partner. Immerhin wird man mit ihm oder ihr häufig einen Großteil seiner Zeit verbringen wollen. Sah man sich zu Arbeitszeiten nur wenige Stunden nach Feierabend oder an den Wochenenden, sollte in Gesprächen überprüft werden, ob sich die Erwartungen und Bedürfnisse beider zu großen Teilen decken.

Welche Gemeinsamkeiten sind vorhanden? Wie viel Raum wird den individuellen Interessen eingeräumt? „Eine glückliche Zeit zu zweit kann besser funktionieren, wenn man miteinander redet und kompromissbereit ist, um auch in dieselbe Richtung zu gehen“, sagt Jakob-Pannier.

Egal, ob es die Enkelkinder oder das Ehrenamt sind, freiwillige Engagements für andere können Freude bereiten und Anerkennung bringen. Zudem geben sie dem Alltag eine neue Struktur und wertvolle soziale Kontakte. „Keine Sorge, von der einst so kräftezehrenden 40-Stunden-Woche ist man weit entfernt“, so die Psychologin bei der BARMER. pm


Wie sehr gefährdet der Renteneintritt die Gesundheit?

Der Eintritt in den Ruhestand ist ein bedeutender Einschnitt im Leben vieler Menschen. Während einige Senioren diese neue Lebensphase genießen und sich über mehr Freizeit freuen, kann der Renteneintritt für andere ernsthafte gesundheitliche Risiken mit sich bringen. Wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass insbesondere die ersten Jahre nach dem Ende des Berufslebens gesundheitlich herausfordernd sein können, wenn Betroffene keine Pläne oder sinnvolle Beschäftigungen für die Zeit nach der Arbeit haben.

Gesundheitsrisiken in den ersten Rentenjahren

Studien zeigen, dass der Renteneintritt mit einem erhöhten Risiko für sowohl psychische als auch physische Erkrankungen verbunden sein kann. Eine Untersuchung des Institute of Economic Affairs in Großbritannien legt nahe, dass Rentner im Durchschnitt ein um 40 Prozent höheres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken, als Menschen, die noch im Berufsleben stehen.

Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine allgemeine Verschlechterung des Gesundheitszustandes wurden mit dem Renteneintritt in Verbindung gebracht. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik bestätigte, dass insbesondere Menschen, die vor dem Ruhestand keine festen Freizeitaktivitäten oder soziale Netzwerke aufgebaut haben, stärker betroffen sind.

Psychische und physische Herausforderungen des Ruhestands

Die plötzliche Veränderung des Alltags und der Verlust der beruflichen Identität können erhebliche Auswirkungen auf die mentale und körperliche Gesundheit haben.

Zu den häufigsten Herausforderungen gehören:

  • Gefühl der Nutzlosigkeit: Viele Menschen beziehen einen großen Teil ihres Selbstwertgefühls aus ihrer Arbeit. Der Verlust dieser Rolle kann zu Identitätskrisen und Depressionen führen.
  • Mangel an sozialer Interaktion: Der Arbeitsalltag bietet tägliche soziale Kontakte. Fällt diese Struktur weg, kann soziale Isolation drohen, die das Risiko für Demenz und Depressionen erhöht.
  • Bewegungsmangel: Ohne die tägliche Routine fällt oft auch die körperliche Aktivität weg. Dies kann zu Gewichtszunahme, Bluthochdruck und Diabetes führen.
  • Fehlende geistige Herausforderung: Der plötzliche Wegfall geistig fordernder Tätigkeiten kann den kognitiven Abbau beschleunigen.

Wer unvorbereitet in den Ruhestand geht, kann verschiedene Symptome entwickeln:

  • Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit
  • Schlafstörungen
  • Konzentrationsprobleme
  • Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • Chronische Müdigkeit
  • Sozialer Rückzug und Vereinsamung

Um diesen Risiken entgegenzuwirken, sind eine bewusste Vorbereitung auf den Ruhestand und Präventionsstrategien essenziell:

  • Neue Strukturen schaffen: Ein fester Tagesablauf hilft, den Alltag weiterhin als sinnvoll und erfüllend zu gestalten.
  • Soziale Kontakte pflegen: Der Austausch mit Familie, Freunden oder der Beitritt zu Vereinen und Gruppen kann Einsamkeit verhindern.
  • Körperlich aktiv bleiben: Sport und Bewegung sind essenziell für die Gesundheit und können das Risiko für viele Krankheiten senken.
  • Sich geistig fordern: Neue Hobbys, Ehrenamtstätigkeiten oder sogar das Erlernen einer neuen Sprache halten das Gehirn fit.
  • Gesunde Lebensweise beibehalten: Eine ausgewogene Ernährung, genügend Schlaf und der Verzicht auf schädliche Gewohnheiten tragen zur allgemeinen Gesundheit bei.         tok