
Neurodermitis, auch als atopische Dermatitis bekannt, ist eine chronische, entzündliche Hauterkrankung, die häufig mit einer Überempfindlichkeit des Immunsystems einhergeht. Sie ist besonders häufig bei Säuglingen und Kleinkindern. Foto: triocean/stockadobe.com
Neurodermitis bei Kindern: Welche Mythen wirklich stimmen wirklich?
Bloß kein Kortison, dafür stillen und warten, bis es sich auswächst: Tipps und Mythen zu Neurodermitis bei Babys gibt es viele, doch was ist davon ist tatsächlich belegbar und welche Ratschläge helfen wirklich?
Die aktuelle Ausgabe des Apothekenmagazins „ELTERN“ zeigt, was beim Thema Neurodermitis beim Nachwuchs richtig ist.
Stillen ist gut, aber keine sichere Prophylaxe
So heißt es etwa häufig, Stillen beuge der Entstehung von Neurodermitis vor. Ob das stimmt, ist unklar. Empfohlen wird aufgrund vielerlei positiver Effekte, Babys in den ersten vier Lebensmonaten möglichst ausschließlich zu stillen. Denn Muttermilch enthält immunologisch wirksame Inhaltsstoffe, die das kindliche Immunsystem fördern. Es ist aber kein Garant, dass ein Kind keine Neurodermitis entwickelt.
Sind Kortisonsalben für Kinder geeignet?
Noch eine beliebte Behauptung: Kortisonsalben seien für Kinder nicht geeignet. Das stimmt aber nicht. Ist die Haut akut entzündet, kommen zusätzlich antientzündliche Cremes und Salben zum Einsatz. „Einige Eltern schrecken vor Kortisonsalben zurück, aber sie sind sehr effektiv gegen die Hautentzündung und damit auch gegen den Juckreiz“, sagt Dr. Annice Heratizadeh, Oberärztin an der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie der Medizinischen Hochschule Hannover.
Für Kinder kommen in der Regel schwache bis mittelstarke Präparate infrage. Sie werden meist über einen kurzen Zeitraum eingesetzt und nur auf der betroffenen Hautstelle aufgetragen.
Verschwindet Neurodermitis mit dem Alter?
Was ist dran an der These, dass sich Neurodermitis von alleine auswächst? Im frühen Erwachsenenalter zeigen die meisten Betroffenen keine Beschwerden mehr. „Die genetische Veranlagung bleibt jedoch lebenslang bestehen“, sagt Ärztin Heratizadeh. Oft wachse sich die Neurodermitis zu einer Empfindlichkeit der Haut aus, sie bleibt also trocken und für äußere Reize anfällig.
Aber: Bei etwa einem Drittel der betroffenen Kinder bleibt die Neurodermitis lange bestehen. Typischerweise wechseln die betroffenen Hautstellen.
Tipp:
Prof. Dr. Uwe Gieler, Dermatologe und Chefarzt der Vitos-Klinik für Psychosomatik in Gießen, empfiehlt spezielle Neurodermitis-Schulungen: „Hier können sich Eltern austauschen und werden von einer Hautärztin, einem Psychologen und einer Ernährungsexpertin angeleitet. Das bringt den Eltern oft mehr Klarheit im Umgang mit der Neurodermitis und wappnet sie gegen die vielen Ratschläge, die oft auf sie einprasseln. Und auch eine Mutter-Kind-Kur sowie Selbsthilfegruppen können hilfreich sein.“
Woran erkennt man eine Neurodermitis?
Neurodermitis, auch als atopische Dermatitis bekannt, ist eine chronische, entzündliche Hauterkrankung, die häufig mit einer Überempfindlichkeit des Immunsystems einhergeht. Sie tritt oft in Schüben auf und kann in jedem Alter beginnen, ist jedoch besonders häufig bei Säuglingen und Kleinkindern. Die Symptome können von Person zu Person variieren, umfassen jedoch typischerweise:
- Juckreiz: Oft das auffälligste Symptom, das sehr unangenehm ist und zu Schlafstörungen führen kann.
- Rötung und Entzündung: Die betroffenen Hautstellen sind oft gerötet und entzündet.
- Trockene, schuppige Haut: Die Haut kann trocken und schuppig erscheinen, was zu Rissen führen kann.
- Bläschenbildung: In akuten Phasen können kleine Bläschen entstehen, die Flüssigkeit absondern.
- Verdickte Haut: Bei chronischem Verlauf kann die Haut an den betroffenen Stellen dicker und lederartig werden (Lichenifikation).
- Hautinfektionen: Durch Kratzen können Bakterien eindringen und Infektionen verursachen.
Wie behandelt man eine Neurodermitis?
Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Haut zu beruhigen und Schübe zu verhindern. Es ist wichtig, dass Patienten mit Neurodermitis eng mit einem Dermatologen zusammenarbeiten, um einen individuellen Behandlungsplan zu entwickeln, der auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmt ist. Zu den gängigen Behandlungsmethoden gehören:
- Hautpflege: Regelmäßige Anwendung von feuchtigkeitsspendenden Cremes oder Salben, um die Haut hydratisiert zu halten und die Barrierefunktion zu stärken.
- Topische Kortikosteroide: Diese werden häufig zur Reduzierung von Entzündungen und Juckreiz eingesetzt. Sie sollten jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden, um Nebenwirkungen zu vermeiden.
- Immunmodulatoren: Medikamente wie Tacrolimus oder Pimecrolimus können zur Behandlung von Entzündungen eingesetzt werden, insbesondere bei empfindlichen Hautstellen.
- Antihistaminika: Diese können helfen, den Juckreiz zu lindern, insbesondere nachts.
- Phototherapie: In einigen Fällen kann eine Lichttherapie (UVB oder PUVA) zur Behandlung von Neurodermitis eingesetzt werden.
- Vermeidung von Triggern: Identifikation und Vermeidung von Auslösern wie Allergenen, Reizstoffen oder Stress, die Schübe auslösen können. pm/tok