
Nur wer seinen Blutdruck regelmäßig selbst und richtig misst, beugt Bluthochdruck vor. Der bleibt nämlich oft sehr lange unentdeckt und schädigt unterdessen die Blutgefäße und wird zum Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen und Nierenschäden. Ab dem Alter von 30 Jahren sollte man den Blutdruck regelmäßig kontrollieren. Foto: iconation/stock.adobe.com
Keine Lust auf Bluthochdruck und seine üblen Folgen? Auf gesunden Lebensstil umstellen und immer wieder messen
Bluthochdruck ist ein wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Durchblutungsstörungen und Nierenschäden. Das Problem: Einen zu hohen Blutdruck spürt man normalerweise nicht – man muss ihn messen, um ihn früh genug zu erkennen. Wer seinen Blutdruck kontrollieren sollte, wie man richtig misst und welche Behandlungsmöglichkeiten es bei Bluthochdruck gibt, dazu informierte die Deutsche Hochdruckliga in der Vital-Region-Telefonaktion SPRECHZEIT.
Wichtige Fragen und Antworten im Überblick
Ab welchem Alter sollte man seinen Blutdruck messen?
Prof. Dr. med. Martin Hausberg: Ein zu hoher Blutdruck macht sich in der Regel nicht bemerkbar. Menschen mit Bluthochdruck können sich über Jahre hinweg gut fühlen, obwohl die Schädigung der Blutgefäße bereits fortschreitet. Der einzige Weg, einen Bluthochdruck möglichst frühzeitig festzustellen, ist die Messung. Man sollte den Blutdruck regelmäßig ab dem Alter von 30 Jahren kontrollieren. Einfach und engmaschig geht das, indem man den Blutdruck selbst zu Hause misst.
Gibt es Blutdruckmessgeräte, die zuverlässig und dabei einfach zu bedienen sind?
Prof. Dr. med. Markus van der Giet: Es gibt zahlreiche sehr gute und einfach zu bedienende Blutdruckmessgeräte. In der Regel wird mit einem automatischen oszillometrischen Gerät am Oberarm gemessen, denn hier ist die Fehleranfälligkeit am geringsten. Dabei ist es wichtig, eine der Oberarmweite angepasste Manschette zu verwenden. Alternativ gibt es mittlerweile auch Handgelenksmessgeräte, die sehr gut im Alltag eingesetzt werden können. Die Deutsche Hochdruckliga hat in den letzten Jahren zahlreiche Geräte für die Alltagsmessung an Oberarm und Handgelenk geprüft. Eine Liste ist unter www.hochdruckliga.de abrufbar.
Wie messe ist richtig?
Prof. Dr. med. Martin Hausberg: Für die Messung mit einem automatischen oszillometrischen Oberarmmessgerät darf der Oberarm nicht mit Kleidung bedeckt sein. Achten Sie auf die richtige Größe der Manschette und ihre Position. Die Messung erfolgt nach fünf Minuten Ruhe im Sitzen, wobei der Unterarm auf einem Tisch liegt. Eine Minute nach der ersten Messung machen Sie eine zweite, bei größeren Differenzen der Ergebnisse nach einer weiteren Minute eine dritte Messung. Als Ergebnis gilt der Mittelwert der beiden letzten Messungen.
Welche Werte gelten als normal?
Prof. Dr. med. Markus van der Giet: Es werden immer zwei Werte gemessen – der erste ist der systolische und der zweite der diastolische Wert. Bei der Blutdruckselbstmessung gelten Werte bis 135 mmHg systolisch und 85 mmHg diastolisch als normal, abgekürzt 135/80 mmHg. Wird in der Arztpraxis gemessen, liegt die Grenze bei 140/90 mmHg.
Wie dokumentiere ich die Ergebnisse am besten?
Prof. Dr. med. Reinhard Fünfstück: Liegt eine Bluthochdruckerkrankung vor, ist es sehr wichtig, die Blutdruckwerte regelmäßig zu kontrollieren, zu dokumentieren und die Messwerte mit der betreuenden Ärztin oder dem Arzt zu besprechen. Zur regelmäßigen Kontrolle sollten Sie im Abstand von sechs Wochen beziehungsweise vor jedem Arztbesuch eine Blutdruckmesswoche durchführen. Hierbei wird morgens und abends nach fünfminütiger Ruhephase der Blutdruck zweimal im Abstand von einer Minute gemessen und alle Werte aufgeschrieben. Empfehlenswert ist die Verwendung eines Blutdruck-Passes, wie ihn die Deutsche Hochdruckliga anbietet.
Kann ich den Blutdruck mit einem Smartphone überwachen?
Prof. Dr. med. Oliver Vonend: Eine direkte Blutdruckmessung nur mit dem Smartphone ist derzeit noch nicht zuverlässig möglich. Die aktuellen Leitlinien empfehlen sogenannte Wearables, zu denen auch Smartphones mit PPG-Sensorik zählen könnten, explizit nicht zur Blutdruckmessung. Die Messung über Lichtsensoren (PPG) ist dafür noch nicht ausreichend validiert. Für die automatische Blutdruckmessung zu Hause sind weiterhin validierte Manschettengeräte der Standard. Smartphone-Apps können jedoch unterstützend wirken, etwa durch Erinnerungen an Messungen oder zur Dokumentation der mit einem Manschettengerät ermittelten Werte.
Wie weit kann ich meinen Blutdruck durch Ernährungsumstellung, Sport und gesunde Ernährung senken?
Prof. Dr. med. Christian Ott: Die Anpassung des Lebensstils ist die Basis jeder Bluthochdrucktherapie. Der Effekt hängt dabei unter anderem von der Blutdruckhöhe, der bisherigen Lebensweise und den Maßnahmen der Lebensstiländerung ab, wobei sich diese Maßnahmen addieren. Eine gesunde Lebensweise kann das Auftreten einer Hypertonie und die Notwendigkeit einer medikamentösen Therapie bei Hypertonie Grad 1 verzögern. Ist eine medikamentöse Therapie erforderlich, können die Lebensstil-Maßnahmen die Wirkung der Therapie verstärken oder die Anzahl der zur Kontrolle des Blutdrucks erforderlichen Medikamente verringern.
Wovon hängt ab, welche der vielen Blutdrucksenker infrage kommen?
Prof. Dr. med. Vedat Schwenger: Die Therapieauswahl hängt von mehreren individuellen Faktoren ab, darunter Alter und Geschlecht sowie etwaige Begleiterkrankungen, zum Beispiel eine Herz- oder Nierenerkrankung, Diabetes, Hormonüberproduktion, Herzrhythmusstörungen oder ein Schlaganfall in der Vergangenheit. In vielen Fällen kommen zudem mehrere Wirkstoffe gleichzeitig zum Einsatz, unter Umständen in einer Tablette kombiniert.
Muss ich Blutdrucksenker lebenslang einnehmen? Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Prof. Dr. med. Christian Ott: Die Behandlung des Bluthochdrucks erfordert nahezu immer eine lebenslange Therapie. Im Allgemeinen sind die wichtigsten Blutdruckmedikamente sehr gut verträglich. Zu Beginn einer blutdrucksenkenden Therapie macht der Körper eine Umstellung durch – Patienten können sich in der ersten Zeit schlapp fühlen. Typische Nebenwirkungen sind zum Beispiel Reizhusten bei ACE-Hemmern oder Ödeme bei Kalziumantagonisten. Thiazid- und thiazidartige Diuretika bewirken eine erhöhte Lichtempfindlichkeit, die mehr Sonnenschutz erfordert. Falls Nebenwirkungen auftreten, sollten Betroffene die Therapie keinesfalls selbstständig abbrechen, sondern ihre behandelnde Ärztin/ihren Arzt informieren.
Ich habe zunehmend Schwierigkeiten, die Einnahme so vieler Tabletten hinzubekommen.
Prof. Dr. med. Reinhard Fünfstück: Zur Behandlung einer Hypertonie ist es meist erforderlich, Medikamente aus verschiedenen Medikamentengruppen gleichzeitig einzusetzen. So können unterschiedliche Mechanismen, die den Blutdruck beeinflussen, gleichzeitig reguliert werden. Man spricht dann von einer Kombinationstherapie. Dabei gibt es Fixkombinationen, die mehrere Medikamente in nur einer Tablette vereinen. Patienten müssen dadurch insgesamt weniger Tabletten einnehmen, während sich die nützlichen Effekte der einzelnen Wirkstoffe addieren und unerwünschte Nebenwirkungen begrenzt werden.
Kann oder sollte ich die Medikation selbst den gemessenen Werten anpassen?
PD Dr. med. Stephan Lüders: Nicht ohne Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin! Sie sollten keinesfalls zum Beispiel die Medikamenteneinnahme aussetzen oder die Dosierung verringern, nur weil ihr gemessener Blutdruck niedriger ist als sonst. Es gibt zwar Fälle, in denen Präparate reduziert, pausiert oder aber auch erhöht werden können, doch darüber sollte es eine klare und genaue Absprache geben. Dabei ist die korrekte Blutdruckselbstmessung eine unabdingbare Voraussetzung, um Anpassungen wie besprochen vorzunehmen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Medikamente nicht wie beabsichtigt wirken, sprechen Sie mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin.
Was kann ich tun, wenn die Medikamente den Blutdruck zu weit senken?
Dr. med. Ulrich Tholl: Der Blutdruck unterliegt Schwankungen, die medikamentös oder anderweitig bedingt sein können. Eine rasche Blutdrucksenkung oder niedrige Werte können zu Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Schwindel oder Kollaps-Symptomen führen. Gerade bei medikamentösen Neu-Einstellungen oder Therapieänderungen sind häufigere Kontrollmessungen sinnvoll. Informieren Sie Ihren Arzt, wenn Beschwerden wiederholt auftreten oder die Blutdruckwerte anhaltend niedrig sind. Idealerweise dokumentieren Sie die Werte in einem Blutdrucktagebuch. Auf keinen Fall sollten Sie Medikamente einfach weglassen oder die Therapie eigenständig ändern.
Wo bekomme ich verlässliche, verständliche Informationen zum Thema Bluthochdruck?
Prof. Dr. med. Oliver Vonend: Das Internet bietet eine Fülle von Informationen, die jedoch oft nicht validiert und daher kritisch zu hinterfragen sind. Für verlässliche und verständliche Informationen zum Thema Bluthochdruck sind qualitätsgesicherte Quellen entscheidend. Hierzu zählen insbesondere die Patienteninformation der Nationalen Versorgungsleitlinie Hypertonie (www.awmf.org) sowie die umfassenden Informationsangebote der Deutschen Hochdruckliga (www.hochdruckliga.de).
Info
Die Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL setzt sich dafür ein, dass möglichst viele Betroffene von ihrer Krankheit erfahren und möglichst viele gute Werte erreichen. Einen wichtigen Beitrag dazu liefert das Informationsportal der Hochdruckliga unter www.hochdruckliga.de, das sich ausdrücklich auch an Betroffene und Interessierte wendet. Neben anschaulichen Videos, einem Patientenleitfaden und einem Podcast stehen viele Informationsmedien zum kostenlosen Download oder zum Bestellen bereit, darunter Infobroschüren mit häufigen Fragen und Antworten, eine Anleitung zum richtigen Blutdruckmessen und ein interaktives Blutdrucktagebuch. Ergänzt wird das Angebot durch Experten-Telefonsprechstunden zu verschiedenen Schwerpunktthemen. pm
Die Experten in der Sprechzeit waren:
- Prof. Dr. med. Markus van der Giet; Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie; Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga DHL e.V.; Leiter des zertifizierten Hochdruckzentrums DHL der Charité am Campus Benjamin Franklin; Berlin
- Prof. Dr. med. Carsten Böger; Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie, Diabetologe, Hypertensiologe DHL, Chefarzt der Abteilung für Nephrologie, Diabetologie und Rheumatologie, Klinikum Traunstein, Kliniken Südostbayern sowie Ärztlicher Leiter des KfH-Nierenzentrums Traunstein
- Prof. Dr. med. Reinhard Fünfstück; Facharzt für Innere Medizin; Praxis für Innere Medizin, Hypertensiologie, Nephrologie, Diabetologie; MVZ Gesundheitszentrum Weimar; Hypertoniebeauftragter des DHL-Landesverbandes des Freistaates Thüringen
- Prof. Dr. med. Martin Hausberg; Facharzt für Innere Medizin/Nephrologie und internistische Intensivmedizin; Klinikdirektor Medizinische Klinik I, Städtisches Klinikum Karlsruhe
- PD Dr. med. Stephan Lüders; Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie; Direktor Dialysezentrum, Nephrologische Ambulanz, Hypertonie- und Lipidzentrum; Zentrum für Bluthochdruck, St. Josefs-Hospital Cloppenburg
- Prof. Dr. med. Christian Ott; Facharzt für Innere Medizin; Diabetologie, Nephrologie; Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin 4, Schwerpunkt Nephrologie; Klinikum Nürnberg, Campus Süd
- Prof. Dr. med. Vedat Schwenger; Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie; Ärztlicher Direktor und Zentrumsleiter für Innere Medizin; Klinik für Nieren-, Hochdruck- und Autoimmunerkrankungen; Klinikum Stuttgart
- Dr. med. Ulrich Tholl; Facharzt für Innere Medizin; Nierenzentrum Ammerland, Westerstede
- Prof. Dr. med. Oliver Vonend; Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie/Hypertensiologie; Direktor der Klinik für Nephrologie und Hypertensiologie; Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden/Nierenzentrum Wiesbaden