Unsere innere Uhr sorgt für Unterschiede beispielsweise in Stoffwechsel und Hormonproduktion morgens, mittags und abends. Selbst Gehirn und Muskulatur arbeiten abhängig von dieser Rhythmik. Deshalb kann auch die Einnahme von Medikamenten im Verlauf des Tages unterschiedlich wirksam sein. Foto: chokniti/stock.adobe.com

Infusion von Krebsmedikamenten: Tageszeit beeinflusst die Wirksamkeit

Eine Krebsbehandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) war bei 361 Patienten am frühen Morgen am wirksamsten, am frühen Nachmittag (13.36 Uhr) am wenigsten effektiv. Besonders bei weniger schwer kranken Patienten (Performance Status 0 – 1) erreichte die morgendliche Infusion ein signifikant längeres Gesamtüberleben. Bei Frauen wirkte sich die Tageszeit auch auf Nebenwirkungen aus. Das belegt eine im European Journal of Cancer (Eur. J. Cancer) veröffentlichte Studie mit Patientendaten aus dem französischen Krebszentrum Centre Léon Bérard.

Medizinische Behandlung auf die innere Uhr abstimmen

Alle Abläufe im Körper sind an einen 24-stündigen Biorhythmus angepasst, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet. Unsere innere Uhr sorgt für Unterschiede beispielsweise in Stoffwechsel und Hormonproduktion morgens, mittags und abends. Selbst das Gehirn und die Muskulatur arbeiten abhängig von dieser Rhythmik. Dies bedeutet auch, dass auch eine medizinische Behandlung, wie etwa die Einnahme von Medikamenten, im Verlauf des Tages unterschiedlich wirksam sein kann. Die Wirksamkeit von Behandlungen mit Hilfe der inneren Uhr zu optimieren ist das Fachgebiet der Chronomedizin.

In einer prospektiven Studie wurde nun untersucht, wie sich die Tageszeit bei Verabreichung auf die Wirksamkeit von Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) auswirkt. Diese Medikamente werden bei Krebserkrankungen eingesetzt und unterstützen das körpereigene Immunsystem dabei, Tumorzellen zu erkennen und anzugreifen. Für die Studie wurden die Daten von Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem Krebs inkludiert, die eine Behandlung mit ICI allein oder in Kombination mit Chemotherapie erhalten hatten.

Die Patienten wurden anhand der Tageszeit eingeteilt, zu der sie im Laufe der Therapie den Großteil der ICI-Infusion erhalten hatten. Die Autoren gruppierten die Patienten zudem nach dem Performance Status (WHO-Skala), der mit Werten von 0 – 1 wenig bis deutliche Symptome der Erkrankung, aber noch die Fähigkeit zur Selbstversorgung anzeigt. Ein Performance Status von 2 – 3 zeigt hingegen eine schwerere Erkrankung mit starken Einschränkungen und ausgeprägterer Hilfsbedürftigkeit an.

Krebstherapie mit ICI je nach Tageszeit effektiver

Insgesamt konnten Behandlungsdaten von 361 Patienten analysiert werden. 80 % der Teilnehmer waren an nicht-kleinzelligem Lungenkrebs erkrankt. Der Zeitpunkt für den Start der Behandlung lag bei den Teilnehmern zwischen 7.25 Uhr und 17.21 Uhr. Wurde die ICI-Infusion am Morgen gestartet, im Vergleich zum Start der Infusion am Abend, war dies mit einem längeren Gesamtüberleben assoziiert. Als schlechtester Zeitpunkt für den Infusionsbeginn wurde 13.36 Uhr ermittelt.

Bei einem Start der Infusion am frühen Morgen war das Mortalitätsrisiko 4,8-mal niedriger im Vergleich zum schlechtesten Zeitpunkt am Nachmittag. Auch die Zahlen zum Gesamtüberleben zeigen: Bei Infusionsbeginn am frühen Morgen waren es 30,3 Monate gegenüber 15,9 Monate am Nachmittag.

Infusion am frühen Morgen mit höherer Wirksamkeit

In der Studie wurde zudem genauer untersucht, bei welchen Patienten-Untergruppen der Startzeitpunkt für die ICI-Infusion ausschlaggebend war. Hier zeigte sich, dass der Einfluss des Startzeitpunkts auf das Gesamtüberleben nur bei Patienten mit Performance Status 0 – 1 signifikant war. Lag der Performance Status hingegen bei 2 – 3, hatte der Startzeitpunkt der Infusion keinen signifikanten Einfluss auf das Gesamtüberleben. Zudem zeigte sich, dass der Startzeitpunkt der Infusion nur bei Frauen, aber nicht bei Männern einen Einfluss auf das Auftreten von Nebenwirkungen hatte.

Die Autoren schlussfolgerten, dass der Start der ICI-Infusion am frühen Morgen bei Krebspatienten mit einem Performance Status von 0 – 1 im Vergleich zum Start der Infusion später am Tag mit einem längeren Gesamtüberleben assoziiert sei. Immuncheckpointhemmer sollten demnach möglichst am frühen Morgen eingesetzt werden, so das Fazit.    DGP/HealthCom/tok