Wer bei der Online-Partnersuche negative Erfahrungen macht, die am Selbstwert kratzen, kann einen Online-Dating-Burnout entwickeln. Foto: New Africa/stock.adobe.com

Frust statt Freude, Ghosting statt Gefühle: Online-Dating kann krank machen

Ob über digitale Partnervermittlungen, Dating-Apps oder Social Media: Online-Dating boomt – und das nicht nur im Frühling. Doch die Suche nach der großen Liebe im Netz kann ihre Tücken haben. Das wird aus Freude schnell einmal Frust, der aufs Gemüt schlägt.

Negative Empfindungen scheinen schlichtweg dazu zu gehören, wie eine aktuelle forsa-Umfrage für die KKH Kaufmännische Krankenkasse zeigt.

Grafik: KKH/Umfrage: forsa

Emotionale Erschöpfung, Wut und Scham

Demnach hat die Partnersuche via Internet bei 59 Prozent der befragten Nutzer zwischen 18 und 60 Jahren emotionale Erschöpfung und Frustration ausgelöst. Bei 37 Prozent führte Online-Dating zu Traurigkeit oder depressiver Verstimmung. 30 Prozent fühlten sich unter anderem wegen der großen Auswahl an potenziellen Partnern gestresst. Bei fast ebenso vielen (28 Prozent) hat die Partnersuche im Internet Ärger oder Wut ausgelöst. Und knapp jeder fünfte Nutzer (19 Prozent) hat beim Online-Dating Scham empfunden.

Swipen, Liken & Matchen: Online-Dating hat seine Vorzüge, ist bequem, unkompliziert, unverbindlich, jederzeit an jedem Ort möglich und scheinbar selbstbestimmt. Obendrein ermöglicht es, mit vielzähligen möglichen Partnern in Kontakt zu treten, die man im Alltag wohl kaum treffen würde. Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Beziehung: durchaus gegeben. Doch etliche Singles erleben Frust statt Freude, Stress statt gesteigertem Selbstwertgefühl, Wut statt Zuversicht. Warum ist das so?

Unehrliche Profile, Ghosting und das Gefühl, eine Ware zu sein

Die forsa-Umfrage gibt Aufschluss. So haben 54 Prozent der Nutzer keine Antwort auf ihre Nachricht bekommen oder der Kontakt zu ihnen wurde plötzlich abgebrochen (Ghosting). 46 Prozent empfinden die Partnersuche im Internet als oberflächlich oder haben das Gefühl, dass es nur um sexuelle Interessen geht. Letzteres trifft vor allem auf Frauen zu (61 Prozent zu 35 Prozent der Männer). Fast ebenso viele (44 Prozent) haben den Eindruck, dass zumindest ein Teil der Profile unehrlich oder geschönt ist.

Jeder dritte Befragte, der im Internet auf Partnersuche war, hat niemanden gefunden, der in Frage kommt (34 Prozent). Und 32 Prozent haben den Eindruck, dass man sich bei Online-Kontaktbörsen, Dating-Portalen und Dating-Apps eher wie eine Ware fühlt (36 Prozent der Frauen und 28 Prozent der Männer).

Grafik: KKH/Umfrage: forsa

Burnout durch Online-Dating

Die Umfrage unter Singles zeigt: Die digitale Suche nach dem Glück zu zweit kann steinig, verletzend und frustrierend sein. Zum teils fragwürdigen Umgang Online-Suchender kommen die eigenen, häufig hohen Erwartungen und Hoffnungen, die oder den Richtigen zu finden. Das nahezu unerschöpfliche Angebot an potentiellen Partnern im Dating-Dschungel lässt die eigenen Ansprüche obendrein wachsen. Etliche Singles geraten dabei unter Entscheidungsdruck. All das kann für Stress beim Online-Daten sorgen.

Ob Ablehnung, Oberflächlichkeit, Ignoranz, Ghosting oder Erfolglosigkeit: „Wer hier trotz hohem Invest an Freizeit, teils an Emotionen und auch Geld negative Erfahrungen macht, die mitunter am Selbstwert kratzen, kann einen Online-Dating-Burnout entwickeln“, erklärt Psychologin Isabelle Wenck von der KKH.

„Mit einem krankhaften Burnout etwa durch hohe Arbeitsbelastung oder zwischenmenschliche Konflikte am Arbeitsplatz ist ein Dating-Burnout jedoch nicht zu vergleichen, auch wenn Symptome wie Antriebslosigkeit oder emotionale Erschöpfung daran erinnern. Vielmehr handelt es sich um ein psychosomatisches Syndrom, das durch wiederholtes Frustrations- und Stresserleben beim Knüpfen digitaler Kontakte entstehen kann.“

Rechtzeitig erkennen, wann die Partnersuche belastend wird

Entscheidend ist, sich rechtzeitig zu fragen, ob die digitale Partnersuche seelisch zu sehr belastet. „Das ist der erste wichtige Schritt, um sich vor möglichen gesundheitsgefährdenden Folgen zu schützen. Für den Fall ist es ratsam, Onlinezeiten und Kontakte zu reduzieren oder sogar erst einmal zu pausieren“, sagt Expertin Wenck.

„Wer einen neuen Anlauf der Online-Suche startet, sollte versuchen, seine Erwartungen und Ziele nicht zu hoch zu schrauben. Zudem ist es wichtig, darauf zu achten, weiterhin reale Interaktionen in der Freizeit zu erleben. Damit lassen sich Enttäuschungen beim Online-Dating besser abfedern.“ Nicht zuletzt erhöht das die Chancen, fernab von Dating-Portalen und -Apps sein passendes Gegenstück zu finden – gleich ob beispielsweise bei Treffen mit Freunden und Kollegen, über die Mitgliedschaft etwa in einem Sport- oder Naturverein oder während einer Single-Reise.    pm

Info

Das Meinungsforschungsinstitut forsa hat bei einer repräsentativen Online-Umfrage vom 31. Januar bis 14. Februar 2025 bundesweit 1010 Singles im Alter von 18 bis 60 Jahren, die offen für eine (neue) Partnerschaft sind, befragt. Nähere Informationen zur KKH erhalten Sie hier.