In Baden-Württemberg zeigen die Erstklässler eine hohe Grundimmunisierung bei Masern. Bei der FSME-Impfung sieht es dagegen mau aus, obwohl Baden-Württemberg schon seit einigen Jahren ein FSME-Hochrisikogebiet ist. Foto: Tino Neitz/stock.adobe.com
Europäische Impfwoche: Region Nordschwarzwald nur Mittelmaß bei den Impfquoten für Erstklässler
Ziel der Europäischen Impfwoche der Weltgesundheitsorganisation ist es, für die Bedeutung von Impfungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten zu sensibilisieren. In diesem Jahr wird dabei besonders hervorgehoben, wie wichtig das Nachholen verpasster Impfungen ist, um Krankheitsausbrüche zu verhindern.
„Seit der Einführung des Masernschutzgesetzes im Jahr 2020 sind die Impfquoten gegen Masern in Baden-Württemberg deutlich gestiegen“, so der Landesgesundheitsminister Manne Lucha in Stuttgart anlässlich der aktuellen Aktionswoche. „Damit Infektionskrankheiten erst gar nicht ausbrechen können, ist es entscheidend, Impflücken rechtzeitig zu schließen. Die Masern sind hierfür ein eindrückliches Beispiel“, sagte Lucha.
Im Schnitt 96,5 Prozent vollständig geimpfte Erstklässler im Südwesten
In Baden-Württemberg werden alle Kinder vor der Einschulung durch die Gesundheitsämter untersucht. Bei der Einschulungsuntersuchung wird unter anderem auch der Impfstatus des Kindes erfasst. Daten aus dem Untersuchungsjahr 2023 zeigen, dass in Baden-Württemberg rund 96,5 Prozent der Vorschüler vollständig gegen Masern geimpft waren. Für einen vollständigen Impfschutz gegen Masern empfiehlt die Ständige Impfkommission eine Impfung im Alter von elf Monaten sowie eine weitere im Alter von 15 Monaten.
Das Masernvirus ist hochansteckend. Daher müssen mindestens 95 Prozent der Bevölkerung gegen Masern immun sein, damit die Übertragung des Virus nachhaltig unterbrochen werden kann.
Baden-Württemberg von Masernepidemien verschont
„Seit dem Ende der COVID-19-Pandemie steigen die Maserninfektionszahlen in Europa deutlich an. In Baden-Württemberg sind bislang zum Glück nur Einzelfälle zu beobachten. Das haben wir auch der hohen Masernimpfquote zu verdanken“, hebt Gesundheitsminister Lucha in diesem Zusammenhang hervor.
So erkrankten im vergangenen Jahr 2361 Menschen im Europäischen Wirtschaftsraum an Masern. Die Mehrheit der Erkrankten (86 Prozent) hatte zuvor keine Masernimpfung erhalten. Durch die heutzutage stark erhöhte Mobilität kommt es auch immer wieder zu Eintragungen von Krankheiten aus dem Ausland. In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2023 hingegen mit insgesamt 5 Fällen nur wenige Masernerkrankungen gemeldet.
Nachholbedarf bei anderen Routineimpfungen
„Bei anderen Routineimpfungen haben wir in Baden-Württemberg allerdings nach wie vor Nachholbedarf. Das gilt für Kinder wie Erwachsene. Ich rufe Sie daher auf: Lassen Sie Ihren Impfstatus und den Ihrer Kinder überprüfen!“, appelliert Gesundheitsminister Lucha anlässlich der Europäischen Impfwoche, die am 27. April endet.
Die Impfempfehlungen für die Bevölkerung in Deutschland entwickelt die Ständige Impfkommission, ein unabhängig sowie ehrenamtlich tätiges Expertengremium. Eine übersichtliche Darstellung der von ihr empfohlenen Impfungen hat die Ständige Impfkommission mit dem Impfkalender veröffentlicht. Neu hinzugekommen ist dabei die Impfung gegen Meningokokken B. Sie ist seit Januar 2024 für alle Säuglinge ab dem zweiten Monat empfohlen und soll bis zum fünften Geburtstag nachgeholt werden.
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Region Nordschwarzwald nur Mittelmaß bei der Impfbegeisterung
Wie sieht die Impfsituation bei Erstklässlern in der Region Nordschwarzwald aus? Bei neun ausgesuchten Impfungen hätten die vier stadt- und Landkreise Pforzheim, Enzkreis, Calw und Freudenstadt rein rechnerisch 36 Mal über dem baden-württembergischen Durchschnitt der jeweiligen Impfquote liegen können. Doch die vier Kreise sind weit vom Idealfall entfernt. Nur 16 Mal lagen die offenbar nicht sonderlich impfbereiten Kreise über oder gleichauf mit dem Landesdurchschnittswert. Dabei zeigt sich, dass die nördliche Hälfte der Region mit Pforzheim und dem Enzkreis offenbar besser durchgeimpft ist als der südliche Teil mit den Landkreisen Calw und Freudenstadt, die insgesamt nur sechs Mal den Durchschnittswert übertrafen. Das gelang Pforzheim und dem Enzkreis in je fünf Fällen (insgesamt also zehn Mal).
Bei den oben erwähnten Masern liegt nur Pforzheim mit 96,7 Prozent über dem Landesschnitt von 96,5 Prozent, während der Rest der Region Nordschwarzwald passen muss. Bei Polio, Diphtherie und Tetanus sind drei von vier Stadt- und Landkreisen der Region überdurchschnittlich gut geimpft.
Erschreckender Ausfall bei FSME-Impfung
Besonders auffällig: Die FSME-Impfung, mit der man Kinder gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis schützen will, wird kaum genutzt. Landesweit gab es nur 31,8 Prozent gegen FSME grundimmunisierte Erstklässler. FSME-Viren werden in der Regel durch den Stich von Zecken auf den Menschen übertragen. Bei der Erkrankung kann es zu Entzündungen des Gehirns, der Hirnhaut oder des Rückenmarks kommen. Behandeln kann man nur die Symptome der Krankheit. Nach überstandener FSME mit Beteiligung des Zentralnervensystems können aber auch als Spätfolgen anhaltende Kopfschmerzen, Konzentrations- und Gleichgewichtsstörungen, Lähmungen und Anfallsleiden bestehen bleiben. Etwa ein Prozent der FSME-Fälle kann sogar tödlich verlaufen. Schwere Krankheitsverläufe treten häufiger bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen auf als bei Kindern.
Die landesweit vergleichsweise niedrige Impfquote erstaunt umso mehr, da Baden-Württemberg schon seit vielen Jahren wie Bayern auch ein Hochrisikogebiet für FSME-Infektionen ist. Die Grenze des Hochrisikogebiets verschiebt sich Jahr für Jahr weiter nach Norden. Trotzdem sind im Enzkreis nur 26,6 Prozent und in Pforzheim nur 27,3 Prozent der Erstklässler gegen FSME geimpft – so als würde es hier keine Wiesen und Wälder geben, in denen Kinder sich frei bewegen können.
Anders sieht es im Süden der Region Nordschwarzwald aus, wo der Nachwuchs im ländlichen Raum wohl mehr mit der Natur in Kontakt kommt und schon die ein oder andere Zecke mit nach Hause gebracht hat. Im Landkreis Calw sind immerhin 41,9 Prozent der Schulanfänger gegen FSME geimpft, während der Landkreis Freudenstadt auf vorbildliche 57,4 Prozent kommt. Hier scheint die Gefahr durch Zeckenbisse eher wahrgenommen zu werden.
Nach einem Zeckenbiss kann man aber auch noch unter Umständen unter einer Borreliose leiden. Gegen diese Krankheit gibt es bisher noch keine Impfung, aber die Borreliose kann mit Antibiotika behandelt werden. pm/tok