Im Raum Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden wurden bis 2008 mit PFC kontaminierte Komposte auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht. Mit einer dritten Blutuntersuchung im großen Stil soll nun angezeigt werden, ob die Konzentration des Schadstoffs im Blut weiter zurückgegangen ist. Foto: ryanking999/stock.adobe.com

Dritte Blutuntersuchung in Rastatt und Mittelbaden wegen Kontamination mit giftigem PFAS

Drei Jahre nach der letzten PFC-Blutkontrolluntersuchung in Rastatt und Mittelbaden startet das baden-württembergische Landesgesundheitsamt mit dem Gesundheitsamt Rastatt jetzt die dritte und voraussichtlich letzte Untersuchungsrunde. Es wird das Blut von ausgewählten Bürgern untersucht, um herauszufinden, ob die Konzentration des Schadstoffs im Blut weiter zurückgegangen ist. Der Grund: Ackerböden wurden in der Region mit dem giftigen PFAS oder PFC verseucht.

„Schon die zweite Untersuchungsrunde 2020 hat gezeigt, dass die PFC-Blutkonzentrationen deutlich zurückgegangen sind. Diese Erkenntnis wollen wir nun absichern. Deshalb ist es uns wichtig, unabhängige und wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu erhalten“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha.

Im Raum Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden wurden bis 2008 mit PFC kontaminierte Komposte auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht. Dies führte zu einer Kontamination der Böden, des Grund- und damit auch des Trinkwassers. Die Trinkwasserkontamination wurde nach Bekanntwerden der Trinkwasserbelastung im Jahr 2012 durch weitreichende Maßnahmen bei der Aufbereitung durch die Trinkwasserversorger deutlich gesenkt.

Langlebige und giftige Chemikalien

Die Chemikalien sind besonders langlebig und können zum Teil gesundheitliche Beeinträchtigungen beim Menschen auslösen. Sogenannte PFAS, per- und polyfluorierte Chemikalien, sind eine Gruppe von mehr als 10.000 künstlich hergestellten Stoffen. Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und werden fast überall eingesetzt: in Regenjacken, beschichteten Pfannen und in dem Papier, in das Burger eingewickelt werden. Auch Löschschäume zur Brandbekämpfung oder die Kühlmittel in Wärmepumpen können PFAS enthalten. Wenn sie einmal in der Umwelt sind, bleiben sie dort für sehr lange Zeit und reichern sich auch im menschlichen Körper an. PFAS stehen in Verdacht, unfruchtbar zu machen und zu Fettleibigkeit und Krebs zu führen.

Offizielle Blutuntersuchungen seit 2018

Bei früheren, privat initiierten Blutuntersuchungen auf PFC bei einigen Personen aus dem betroffenen Gebiet wurden PFOA-Konzentrationen zwischen 12 und 64 Mikrogramm pro Liter beobachtet. Weil zunächst nur relativ wenige Blutproben untersucht wurden, konnte die Verteilung der PFOA-Werte in der betroffenen Bevölkerung auf dieser Basis vor der Blutkontrolluntersuchung nicht eingeschätzt und bewertet werden.

Vor diesem Hintergrund beauftragte das Ministerium für Soziales und Integration das Landesgesundheitsamt, eine Blutkontrolluntersuchung im Landkreis Rastatt zu konzipieren und in Kooperation mit dem Gesundheitsamt Rastatt durchzuführen. Das Studiendesign wurde vor Beginn der Untersuchung mit einem Expertengremium abgestimmt und konsentiert.  

Nachdem die Verunreinigung von Ackerböden mit per- und polyfluoriertenChemikalien (kurz PFAS oder PFC) im Raum Rastatt und Baden-Baden bekannt geworden war, hatte das baden-württembergische Gesundheitsministerium eine Studie zur Untersuchung der Blutkonzentrationen dieser Stoffe in der Bevölkerung beauftragt.

Seit 2018 lässt das Landesgesundheitsamt nun untersuchen, ob die Konzentration von PFC im Blut der Menschen vor Ort nach Abstellen der Belastung durch das Trinkwasser abgenommen hat.

Teilnehmende erhalten Einladung des Gesundheitsamtes

Zur Beteiligung an der dritten Untersuchungsrunde werden jetzt Personen eingeladen, die bereits an früheren Untersuchungen der Studie teilgenommen haben sowie weitere nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Personen, die sich entsprechend des Belastungsprofils in die folgenden drei Gruppen aufgliedern:

1. Menschen, die Trinkwasser aus dem Versorgungsverbund Vorderes Murgtal vor 2014 konsumiert haben.

2. Menschen, die im Bereich belasteter Böden und/oder belasteten Grundwassers leben.

3. Menschen aus Gebieten ohne PFC-Nachweise im Boden oder im Grundwasser. Diese Gruppe fungiert als Vergleichsgruppe und verkörpert den Durchschnitt der ortsansässigen unbelasteten Bevölkerung.

Die Auswahl neuer Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfolgt über die Einwohnermelderegister der entsprechenden Gemeinden nach dem Zufallsprinzip. Die Untersuchung umfasst die Beantwortung eines Fragebogens und die Abgabe einer Blutprobe. „Ich hoffe sehr, dass viele Menschen, die eingeladen werden, auch tatsächlich an der Studie teilnehmen“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha. „Nur so erhalten wir ein aussagekräftiges Ergebnis.“

Werte sind bereits zurückgegangen

Die zweite Untersuchungsrunde im Jahr 2020 hat gezeigt, dass – nach Abstellen des Eintrags über das Trinkwasser – die PFC-Blutkonzentrationen der am stärksten belasteten Gruppe, die belastetes Trinkwasser konsumiert hatte, deutlich zurückgegangen waren. Diese Erkenntnis soll nun durch die dritte Untersuchungsrunde abgesichert werden.

Die anonymisierten Ergebnisse werden wie auch bei den vorherigen Untersuchungsrunden als Abschlussbericht auf der Seite des Gesundheitsministeriums veröffentlicht.

Die Ergebnisse der ersten beiden Untersuchungsrunden sind in folgenden Berichten zu finden:

2018: Ergebnisse der PFC-Blutkontrolluntersuchung im Landkreis Rastatt (PDF)

2020: Ergebnisse der PFC-Blutkontrolluntersuchung im Landkreis Rastatt (PDF)

Antworten auf häufig gestellte Fragen zu PFC und zur Blutkontrolluntersuchung im Landkreis Rastatt finden Sie in einem FAQ-Papier des Sozialministeriums Baden-Württemberg zum Thema PFC (PDF).