Auf Instagram, TikTok & Co. werden schlanke und fitte Körper häufig überrepräsentiert und so in den Fokus gerückt. Die Realität sieht jedoch anders aus. Foto: Artem Varnitsin/stock.adobe.com
#BodyPositivity: Mehr Akzeptanz für unterschiedliche Körper
Soziale Medien spielen eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung des idealen Körpers durch die Nutzer – oft leiten sie in eine ungesunde Richtung. Forschende der Uni Würzburg haben untersucht, wie Instagram, TikTok und Co. zu einem vielfältigeren Konzept von Körperformen und körperlicher Attraktivität beitragen kann. Die Antwort lautet: körperpositive (Englisch: body positive) Inhalte.
Auf Social-Media-Plattformen werden schlanke und fitte Körper häufig überrepräsentiert und so in den Vordergrund gerückt. Die Realität sieht jedoch anders aus und wird beim Scrollen durch Social-Media-Posts und -Profile oft vernachlässigt. Aus diesem Grund werden diese Plattformen zumindest teilweise für die Förderung ungesunder Schlankheitsideale verantwortlich gemacht – insbesondere bei Frauen. Eine Bewegung, die sich gegen diese ungesunden Schönheitsideale wendet, ist Body Positivity (BoPo) – also eine positive Grundeinstellung zum Körper. BoPo befürwortet die Schönheit aller Körperformen und -typen, wie das DeutschesGesundheitsPortal berichtet.
Hashtags zu Diät und Fitness dominieren noch
Und unter #bodypositivity findet man bei Instagram zum Beispiel rund 12 Millionen Posts. 19 Millionen Beiträge sind es gar unter #bodypositive. 1,2 Millionen Posts liefert #BoPo. Es bewegt sich also etwas in Richtung BoPo, ein Trend ist erkennbar.
Aber: Wer sich fürs Abnehmen interessiert, wird weitaus großzügiger bedient. 1,4 Millionen Posts gibt es mit dem Hashtag #diät. In der englischen Version #diet sind es über 76 Millionen Beiträge. Und dann gibt es da noch Hastags zu Themen wie Diätplan, Diätrezepten, Diättagebuch, Diätmotivation und vielem anderem mehr, was der vermeintlichen Körperoptimierung helfen oder als Vorlage für den schönen Musterkörper dienen könnte. Unerreicht sind die Hashtags mit allem, was sich mit dem Wort „fit“ kombinieren lässt: #fit kommt auf 192 Millionen Beiträge, bei #fitness sind es gar #512 Millionen Posts. Fit und schlank – unser Bild vom Idealkörper ist zumindest auf Instagram immer noch eher eindimensional, denn geprägt von BoPo-Vielfalt.
In einer an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) entstandenen Studie stellten die Autoren, Professor Jan-Philipp Stein, Sophie Scheufen und Professor Markus Appel, die Hypothese auf, dass BoPo die Kraft hat, das Konzept von idealen Körpern zu verändern. Vor allem sollte das Betrachten von körperpositiven Inhalten nicht nur das als ideal empfundene Körpergewicht verändern, sondern auch die Bandbreite der gewichtsbezogenen Normen erweitern. Veröffentlich wurde die Arbeit im Fachjournal Journal of Experimental Psychology.
Fokus verschieben – von einem zu diversen Körperidealen
Zwei Experimente wurden durchgeführt, um die Auswirkungen von körperpositiven Inhalten auf die Körperwahrnehmung zu untersuchen: „Frühere Untersuchungen konzentrierten sich ausschließlich auf die Erfassung eines einzigen Körperideals. Deshalb wurden die Teilnehmerinnen in beiden Experimenten gebeten, nicht nur eine Körperform zu wählen, sondern alle Körperformen, die sie für ideal halten“, erklärt Markus Appel, Lehrstuhlinhaber für Kommunikationspsychologie und Neue Medien.
In beiden Experimenten wurden zwei Gruppen randomisiert. Im ersten Experiment wurden den Teilnehmerinnen entweder fünf Instagram-Posts gezeigt, die als Body-Positivity-Inhalte kategorisiert wurden, oder fünf Instagram-Posts, die als Fitspiration-Inhalte kategorisiert waren. Unter Fitspiration versteht man Inhalte, die zu einem aktiven und gesundheitsbewussten Lebensstil ermutigen sollen, dabei aber oft eine Betonung auf geringes Gewicht legen.
Nach der Ansicht der Beiträge wurden die Teilnehmerinnen gebeten, auf einer visuellen Bewertungsskala alle Gewichtstypen auszuwählen, die sie für ideal hielten. Diese Messmethode kam auch im zweiten Experiment zum Einsatz; anstelle von Fitspiration-Inhalten wurden jedoch neutrale Instagram-Posts präsentiert. Darüber hinaus nutzten die Forschenden ein Prä-Post-Design, das eine Untersuchung der numerischen Unterschiede vor und nach dem Test ermöglichte.
Body-Positive Content erzeugt erweitertes Idealbild
Wie erwartet war die durchschnittliche Körperform, die nach Ansicht der BoPo-Inhalte als ideal gewählt wurde, etwas voluminöser als nach Ansicht der Fitspiration-Inhalte. Darüber hinaus wählten die Personen in der BoPo-Bedingung im Schnitt fast drei Körperformen zur Beschreibung eines idealen Körpers, während die Teilnehmerinnen, die Fitspiration-Inhalte sahen, nur etwas mehr als zwei Körpertypen wählten.
Eine Zusätzliche Aufgabe bestand darin, das Gewicht von 36 Personen zu schätzen, die auf Ganzkörperfotos abgebildet waren. Im Durchschnitt schätzten die Probandinnen, die BoPo-Inhalte gesehen hatten, das Gewicht der abgebildeten Fremden deutlich geringer als jene, die Fitspiration-Inhalte konsumiert hatten. Dies deutet darauf hin, dass die Gewichtswahrnehmung tatsächlich durch den vorherigen Kontakt mit verschiedenen Arten von Social-Media-Inhalten beeinflusst wurde.
Körperpositive Inhalte und Körperselbstwertgefühl
Die Daten zeigten außerdem, dass körperpositive Inhalte zu einem gesteigerten Gefühl des Wohlbefindens im eigenen Körper führen. Darauf aufbauend deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die erhöhte Anzahl der als ideal angesehenen Körperformen eine Wirkvariable darstellt, die das Körperselbstwertgefühl positiv beeinflusst.
Digitale Body Positivity könnte in einer einzigartigen Position sein, um gesellschaftliche Veränderungen zu fördern: „Indem sie verinnerlichte Schönheitsstandards in Richtung Diversität verändert, könnte sie ungerechte, auf dem Aussehen basierende, Vorurteile adressieren, die in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens immer noch bestehen“, schließt Jan-Philipp Stein. DGP/tok