Telefonieren Sie mit ruhigem Gewissen weiter, denn: „Die Frage, ob Handynutzung bei Menschen das Risiko erhöht, an Krebs am Kopf zu erkranken oder unter kognitivem Leistungsabfall zu leiden, kann jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Nein beantwortet werden“, sagt BfS-Präsidentin Inge Paulini. Foto: Antonioguillem/stock.adobe.com

So sicher ist Handystrahlung wirklich: BfS-Studien für die WHO zeigen ein klares Bild

Macht Handystrahlung krank? Um diese Frage, basierend auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft, beantworten zu können, wurden von der Weltgesundheitsorganisation WHO mehrere große Übersichtsarbeiten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse von drei der systematischen Analysen, die mit Beteiligung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) entstanden sind, sprechen gegen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Mobilfunknutzung.

Das BfS war bei zwei dieser systematischen Reviews die federführende Forschungseinrichtung. Für BfS-Präsidentin Inge Paulini steht fest: Es gibt keine wissenschaftliche Basis, um Handystrahlung zu verteufeln. Weder für Krebs noch Sauerstoffstress in Zellen oder sinkende Leistungsfähigkeit des Gehirns lassen sich in den drei umfassenden Literaturstudien belastbare Hinweise für Handystrahlung als deren Auslöser finden.

Mehrere Tausend aktuelle und ältere Studien durchforstet

Für jede dieser Übersichtsarbeiten wurden mehrere Tausend Studien der vergangenen Jahrzehnte zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und Gesundheit gesichtet und auf ihre Qualität nach festgelegten Standards überprüft. Die Literaturstudien sind Teil einer umfangreichen Neubewertung des Risikos von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) durch die WHO. Diese Felder werden genutzt, um Informationen zu übertragen – etwa beim Einsatz von Mobiltelefonen. Die bislang letzte umfassende Bewertung möglicher Gesundheitsrisiken durch die hochfrequenten Felder war 1993 erschienen. Für die Neuauflage wurden von der WHO zehn systematische Reviews an internationale Forschungseinrichtungen vergeben.

Die Präsidentin des BfS, Inge Paulini, sagt: „Die neuen Studien sind die bisher umfassendsten Analysen zu drei von zehn zentralen Fragestellungen der WHO zu elektromagnetischen Feldern. Die Frage, ob Handynutzung bei Menschen das Risiko erhöht, an Krebs am Kopf zu erkranken oder unter kognitivem Leistungsabfall zu leiden, kann jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Nein beantwortet werden. Auch für den immer wieder diskutierten Einfluss von Handystrahlung auf den sogenannten oxidativen Stress ergeben sich aus der wissenschaftlichen Literatur keine belastbaren Hinweise.“

Kein erhöhtes Handystrahlungs-Risiko für Tumore des Kopfes

Eine besonders stark beachtete Publikation untersuchte den Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und dem Krebsrisiko in Beobachtungsstudien am Menschen. Für die Studie wurden rund 5000 Studien aus den vergangenen Jahrzehnten gesichtet und daraus nach vorher festgelegten und veröffentlichten Kriterien 63 Studien ausgewählt.

Die Ergebnisse der systematischen Analyse dieser Studien sprechen gegen ein erhöhtes Risiko für Tumore des Kopfes durch die Nutzung von Mobiltelefonen. Zu den untersuchten Tumorarten gehören Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome, Hypophysentumoren und Speicheldrüsentumoren bei Erwachsenen und auch Hirntumoren bei Kindern. Auch für die Felder von Schnurlostelefonen und Sendemasten ergaben sich keine Zusammenhänge mit einem erhöhten Krebsrisiko. Die Studienergebnisse decken sich mit Zeitreihenanalysen und wurden durch weitere sogenannte Sensitivitätsanalysen gestützt.

Die Autoren dieser Studie arbeiten aktuell an einer weiteren Metastudie, in der sie das Risiko für andere Krebserkrankungen wie Leukämie, Non-Hodgkin-Lymphom oder Schilddrüsenkrebs untersuchen. 

Hochfrequente Felder fördern nicht den oxidativen Stress in Körperzellen

Eine weitere Studie unter Leitung des BfS untersuchte einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Ausgesetztsein (Exposition) gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und Biomarkern des oxidativen Stresses. Mit oxidativem Stress bezeichnet man ein Ungleichgewicht zwischen oxidativen und reduzierenden Prozessen in Körperzellen. Oxidativer Stress wird etwa mit Entzündungen oder Herzkreislaufkrankheiten in Verbindung gebracht. Biomarker für das Vorliegen oxidativen Stresses sind zum Beispiel bestimmte Veränderungen an Proteinen oder der DNA.

Insgesamt wurden über 12.000 experimentelle Tier- und Zellkulturstudien gesichtet. 56 Studien, die in den Jahren 2008 bis 2023 erschienen, konnten in die Analyse aufgenommen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich aus der weltweiten Studienlage bisher kein belastbarer Hinweis für einen Zusammenhang zwischen den hochfrequenten Feldern und oxidativem Zellstress ergibt.

Bei dieser Untersuchung handelt es sich um die bisher erste Arbeit, die einen Zusammenhang zwischen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und Einflüssen auf Biomarker von oxidativem Stress systematisch analysiert.

Elektromagnetische Felder und die kognitive Leistungsfähigkeit

Eine dritte Studie, die ebenfalls unter der Leitung des BfS entstand, analysierte wissenschaftliche Literatur zu experimentellen Studien am Menschen zu elektromagnetischen Feldern und kognitiver Leistungsfähigkeit. Hierzu wurden etwa 23.000 Arbeiten gesichtet. Davon flossen 76 Studien in die Bewertung ein, die einen Einfluss dieser Felder etwa auf Reaktionsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Wahrnehmung untersuchten

Für den Strahlenschutz haben diese Ergebnisse aus den drei Übersichtsarbeiten große Relevanz. Denn sie bilden die Basis für die Bewertung möglicher Risiken im Zusammenhang mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern. Außerdem zeigen Sie auf, ob und in welchen Bereichen noch Forschungsbedarf besteht.

Sie wollen wissen, wie stark Ihr Handy strahlt?

Strahlenschutz bei Mobiltelefonen hat Verbraucher 2024 stark interessiert: Auf den Internetseiten des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) wurden Informationen zu elektromagnetischen Feldern von Mobiltelefonen besonders häufig genutzt. Unter www.bfs.de/sar sind weit über 4000 Handymodelle gelistet mit Angaben dazu, wie strahlungsarm die Geräte sind.

Bei der Datenübertragung nutzen Handys hochfrequente elektromagnetische Felder. Werden die Geräte nahe am Körper betrieben, wird ein Teil der Energie dieser Felder vom Körper als Wärme aufgenommen. Für diese Energieaufnahme gibt es ein eigenes Maß, die sogenannte Spezifische Absorptionsrate, kurz SAR. Sie wird in Watt pro Kilogramm angegeben. Das BfS stellt auf seinen Seiten SAR-Messwerte zur Verfügung, die die Hersteller der Handys ermitteln lassen. Die Liste wird kontinuierlich um neue Modelle erweitert.

Großes Informationsbedürfnis in der Vorweihnachtszeit

Das Übersichts-Angebot des BfS erfährt großen Zuspruch: Nutzer der BfS-Seite riefen in den Wochen vor Weihnachten besonders oft diese Liste auf.

Nach internationalen Richtlinien soll die Spezifische Absorptionsrate auf maximal 2 Watt pro Kilogramm begrenzt werden, wenn das Gerät beim Telefonieren an den Kopf oder den Rumpf gehalten wird. Für den Betrieb des Handys in der Hand gilt der Wert 4 Watt pro Kilogramm. Die Einhaltung der Spezifischen Absorptionsrate wird durch das CE-Kennzeichen von den Herstellern gewährleistet. Außerhalb der Europäischen Union (EU) gibt es teils abweichende Messverfahren. Die Werte sind mit den in der EU ermittelten Werten dann nicht vergleichbar.

Alle in Deutschland erhältlichen Modelle halten die geltenden Höchstwerte laut Herstellerangaben ein. Wenn die geltenden Grenz- und Höchstwerte eingehalten werden, geht nach aktuellem Stand der Wissenschaft kein Gesundheitsrisiko von elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks aus.    pm/tok