Bei Patienten mit einer ersten depressiven Episode und Auffälligkeiten des Lipid-Stoffwechsels sollten die Schilddrüsenwerte untersucht werden. Bei etwa jedem vierten Patienten liegt eine Autoimmun-Thyreoiditis vor, die zentral behandelt werden muss, um die Depression therapieren zu können. Foto: Axel Kock/stock.adobe.com

Bei Depressionen mit auffälligen Cholesterinwerten unbedingt die Schilddrüse testen

Eine Untersuchung mit 1251 Patienten unter 45 Jahren mit einer ersten depressiven Episode und Auffälligkeiten des Lipid-Stoffwechsels zeigte, dass in dieser Patientengruppe häufig eine Autoimmun-Thyreoiditis vorliegen kann. Das heißt: Die Schilddrüse sollte vom Arzt unbedingt getestet werden.

Demnach sollten bei Patienten mit Depression und auffälligen Blutfettwerten die Schilddrüsenparameter, wie TSH-Werte für Hinweise auf eine Unterfunktion und Antikörper gegen die Schilddrüse, als mögliche Ursache der Depression und Blutfettwerte untersucht werden. Das berichtet das DeutschesGesundheitsPortal (DGP).

Viele Wege, auf eine Depression zu reagieren

Depression ist eine komplexe Erkrankung mit vielen Varianten, die ganz unterschiedlich auf Behandlungen ansprechen oder mit verschiedenen Begleiterkrankungen verbunden sein können. Zunehmend wird bei Personen mit einer depressiven Störung ein möglicher Zusammenhang mit dem Fettstoffwechsel diskutiert und untersucht. Besser bekannt ist bereits ein Zusammenhang zwischen Depression und einer gestörten Schilddrüsenfunktion, die sich in Laborwerten in einem erhöhten TSH-Wert (Thyroid-stimulierendes Hormon) zeigt.

Die Schilddrüsenfunktion ist eng mit dem Fettstoffwechsel verknüpft – die Verbindung zwischen Fettstoffwechsel und Depression könnte also womöglich durch eine Unterfunktion der Schilddrüse zustande kommen. Dies untersuchten Wissenschaftler nun mit Hilfe von Patienten, die mit einer ersten depressiven Episode in ambulante Behandlung kamen.

Blutfette und Antikörper gesucht

Ambulante Patienten (18 bis 44 Jahre) mit erster depressiver Episode ohne medikamentöse Therapie wurden in die Studie aufgenommen. Neben demographischen Daten wurden Körpermaße (body mass index, BMI), Lipid-Spiegel und Schilddrüsenfunktions-Werte gemessen. Diese umfasste das Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin (low-density lipoprotein), HDL-Cholesterin (high-density lipoprotein), den TSH-Wert (thyroid stimulating hormone), freies Triiodothyronin (FT3), freies Tetraiodothyronin (FT4), Antikörper gegen Thyreoglobulin (TG-Ab) und Antikörper gegen die Thyroidperoxidase (TPO-Ab).

Das Hormon TSH regt die Schilddrüse zu einer stärkeren Produktion der Schilddrüsenhormone (deren Spiegel mit FT3 und FT4 gemessen wird) an. Ist der TSH-Wert erhöht, deutet dies auf eine Unterfunktion der Schilddrüse. Können zusätzlich Antikörper gegen die Schilddrüse (TG-Ab und TPO-Ab) detektiert werden, deutet dies auf autoimmune Entzündungsprozesse der Schilddrüse, also eine Autoimmun-Thyreoiditis. Zusätzlich zu den Stoffwechsel-Werten ermittelte die Studie den Schweregrad der Depression (Hamilton Rating Scale for Depression, HAMD), Angstsymptome (Hamilton Anxiety Rating Scale, HAMA) und die positive Subskala der PANSS-Befragung (Positive and Negative Syndrome Scale, PANSS).

Analyse von Schilddrüse und Cholesterinwerten

Auffälligkeiten des Fettstoffwechsels wurden bei 74,58 % der 1251 ambulant behandelten Patienten gefunden. Im Vergleich zu depressiven Patienten ohne begleitende Auffälligkeiten des Lipidmetabolismus fielen die Patienten, die zusätzlich zu ihrer ersten depressiven Episode auch Störungen des Fettstoffwechsels aufwiesen, durch mehrere Aspekte auf:

  • Höherer BMI
  • Stärkere Depression (höherer HAMD-Wert)
  • Stärkere Ängste (HAMA-Wert)
  • Höherer PANSS-Wert (positive Unterskala)
  • Erhöhte TSH-Werte
  • Erhöhte TG-Ab-Werte
  • Erhöhte TPO-Ab-Werte

Die weitere Analyse zeigte, dass der TSH-Level, der HAMD-Score und der BMI Risikofaktoren für einen auffälligen Lipidmetabolismus waren:

  • TSH-Spiegel: Odds ratio, OR: 1,271; 95 % Konfidenzintervall, KI: 1,183 – 1,365; p < 0,0001
  • HAMD-Score: OR: 1,248; 95 % KI: 1,177 – 1,323; p < 0,0001
  • BMI: OR: 1,088; 95 % KI: 1,008 – 1,174; p < 0,0001

Der TSH-Spiegel stellte dabei einen unabhängigen Risikofaktor für einen abnormalen Fettstoffwechsel bei depressiven Patienten dar. Sowohl der Gesamtcholesterin-Spiegel als auch der LDL-Cholesterin-Spiegel korrelierten positiv mit dem TSH-Level, dem Schweregrad der Depression (HAMD) und dem Wert der positiven Unterskala des PANSS.

Vor Depressionstherapie die Autoimmun-Thyreoiditis behandeln  

Je stärker die Depression ausgeprägt war, desto höher waren in dieser Patientengruppe also der Cholesterin-Spiegel und der TSH-Wert. Die HDL-Cholesterin-Werte waren hingegen niedriger bei höherem TSH-Wert. Auch die Triglycerid-Spiegel korrelierten positiv mit dem TSH und dem HAMD-Score sowie den Antikörpern gegen die Schilddrüse.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bei Patienten mit einer ersten depressiven Episode und Auffälligkeiten des Lipid-Stoffwechsels die Schilddrüsenparameter, speziell die TSH-Werte, untersucht werden sollten. Bei etwa jedem vierten Patienten kann demnach eine Autoimmun-Thyreoiditis vorliegen, die zentral behandelt werden muss, um die Depression therapieren zu können. DGP