Möglicherweise eine Folgeerscheinung der Pandemiejahre sind die vielen Atemwegsinfektionen, die 35,7 Prozent der Krankschreibungen in Baden-Württemberg ausmachen. Foto: Martin Villadsen/stock.adobe.com

AOK Baden-Württemberg: Krankenstand weiterhin sehr hoch – Atemwegsinfektionen prägen Ausfallzeiten

Die AOK Baden-Württemberg verzeichnet im Jahr 2024 erneut hohe Fehlzeiten bei ihren Versicherten: Jeder Beschäftigte war durchschnittlich 2,2-mal krankgeschrieben, wie aktuelle Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigen. Mit 221,852 Arbeitsunfähigkeitsfällen (AU-Fällen) je 100 Versicherte liegt das Land knapp unter dem Bundesdurchschnitt (2,3).

„Die Zahlen bestätigen eine besorgniserregende Entwicklung: Atemwegserkrankungen dominieren nicht nur weiterhin das Geschehen, sondern verstärken sich sogar“, erklärt Dr. Ralph Bier, Arzt bei der AOK Baden-Württemberg.

Mehr als jeder dritte Krankenschein wegen Infektionen der Atemwege

Allein im Jahr 2024 entfielen 83,210 von 221,852 AU-Fällen – mit 37,5 Prozent mehr als jeder dritte Krankenschein – auf Infektionen der Atemwege. Besonders drastisch zeigte sich dieser Trend im Februar 2025: In diesem Monat erreichten Atemwegserkrankungen mit 180.576 Fällen je 100 Versicherte einen historischen Höchststand.

„Solche Spitzenwerte können auf eine erhöhte virale Aktivität oder eine geschwächte Immunabwehr in der Bevölkerung hinweisen. Dies ist möglicherweise eine Folgeerscheinung der Pandemiejahre“, so Bier.

Psychische Krankheiten bedingen lange Ausfallzeiten

Während Atemwegsinfekte hierzulande zwar häufig, aber meist kurz verlaufen (durchschnittlich 5,5 Tage pro Fall), fallen Beschäftigte mit psychischen Diagnosen wie Depressionen oder Angststörungen weitaus länger aus: 28 Tage pro Krankschreibung. „Die Zahlen spiegeln nicht nur den Stress moderner Arbeitswelten wider, sondern auch eine Entstigmatisierung: Betroffene trauen sich heute möglicherweise eher, Hilfe zu suchen“, erklärt Dr. Ralph Bier.

Ein Blick auf die letzten zehn Jahre zeigt: Während in Baden-Württemberg die AU-Tage je 100 Versicherte insgesamt von 2015 bis 2024 um 16 Prozent zugenommen haben, stiegen die Krankheitstage aufgrund einer psychischen Erkrankung je 100 Versicherte von 257 auf 344 im selben Zeitraum um 33 Prozent an.

Telefonische Krankschreibungen fallen kaum ins Gewicht

Ein Teil des Gesamtanstiegs lässt sich auf die 2023 eingeführte elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zurückführen. „Vorher wurden vor allem kurze Erkrankungen seltener gemeldet. Die eAU sorgt für eine vollständigere Erfassung“, betont Bier. Gleichzeitig widerlegen die Daten Vorurteile zur Missbrauchsgefahr: Einerseits waren 2024 in Deutschland insgesamt 26,4 Millionen atemwegsbedingte AU-Fälle unter den AOK-versicherten Beschäftigten zu verzeichnen. Andererseits sind von den niedergelassenen Ärzten nur in 145.000 Fällen telefonische Krankschreibungen abgerechnet worden. Das bedeutet, dass 2024 bundesweit rein rechnerisch 1,5 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitsfälle wegen Atemwegserkrankungen telefonisch veranlasst worden sind.

Die AOK Baden-Württemberg unterstützt die Unternehmen dabei, ihr betriebliches Gesundheitsmanagement auszubauen. Darüber hinaus empfiehlt sie den Unternehmen folgende Maßnahmen: „Ob Grippeschutzimpfungen, Stressmanagement oder ergonomische Arbeitsplätze – hier liegt enormes Potenzial“, so Dr. Ralph Bier.   pm