Bei einer Sepsis (Blutvergiftung) breiten sich Bakterien (im Bild stäbchenförmig, neben roten und weißen Blutkörperchen) aus, gelangen in den Blutkreislauf und befallen anschließend alle Organe. Mit jeder Stunde ohne ärztliche Behandlung steigt das Sterberisiko um 5 bis 10 Prozent. Foto: Dr_Microbe/stock.adobe.com
Alle 6,5 Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an einer Sepsis
Alle sechseinhalb Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an einer Sepsis, oft auch Blutvergiftung oder Blutstrominfektion genannt. Diese Erkrankung ist damit die dritthäufigste Todesursache. Zum Welt-Sepsis-Tag am 13. September appelliert PD Dr. Christian Hohenstein, Chefarzt des Interdisziplinären Notfallzentrums der Zentralklinik Bad Berka, sich über die Symptome einer Sepsis genau zu informieren und schnell zu handeln
Dabei müsse man Mythen ausblenden, wie zum Beispiel dass ein roter Strich, der sich nach einer Verletzung bilde, gleichbedeutend mit einer Sepsis sei: „Der rote Strich ist nichts anderes als eine sichtbare Ausbreitung der Infektion, meistens im Bereich der Haut oder der Lymphgefäße. Das heißt nicht, dass man es nicht behandeln muss. Aber der rote Strich ist einfach nur eine Infektion der Lymphgefäße“, so der Chefarzt.
Mit guter Diagnostik und Akuttherapie Leben retten
Noch immer sei es mitunter auch für Ärzte schwierig, eine Sepsis zu erkennen, dabei könne im Frühstadium sehr gut mit Antibiotika behandelt und Folgeschäden vermieden werden. Zu den Symptomen einer Sepsis gehören erhöhte Atemfrequenz, Fieber und erhöhte Entzündungswerte. „Doch diese Parameter treffen auch auf einen Schnupfen zu. Daher ist es schwierig, insbesondere bei älteren Patienten. Generell kann man sagen: Die Sepsis merkt man daran, dass man sich richtig krank fühlt und Angst hat“, erklärt der Notfallmediziner. „Jeder weiß aber auch, dass dies auf eine Corona-Infektion zutreffen kann – daher ist eine Abklärung wichtig.“
Die dritthäufigste Todesursache könnte etwas von ihrem Schrecken verlieren, denn eine gute Diagnostik und Akuttherapie können Leben retten und die dauerhaften Folgen einer Sepsis minimieren. „Mit jeder Stunde ohne ärztliche Behandlung steigt das Sterberisiko um 5 bis 10 Prozent. Nicht jede Infektion bedeutet Sepsis, aber jede Sepsis stammt von einer Infektion und der damit verbundenen Reaktion des Körpers“, so PD Dr. Christian Hohenstein.
Bis zu 20.000 vermeidbare Sepsis-Todesfälle
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch mit einer schweren Sepsis im Krankenhaus stirbt, ist in Deutschland höher als in vielen anderen Ländern, hat Pharma-Fakten.de vermeldet. In der Bundesrepublik gebe es jährlich rund 75.000 Sepsis-Todesfälle. Vermutlich liege die tatsächliche Zahl höher, weil eine Blutvergiftung oft unerkannt bleibe oder nicht erfasst werde. Mindestens 15.000 bis 20.000 durch Sepsis bedingte Todesfälle pro Jahr würden, so Pharma-Fakten.de, allein in Deutschland als vermeidbar gelten.
Vorbeugen durch mehr Hygiene
Nach einer Verletzung bei der Gartenarbeit oder einem Tierbiss reagiere ein gesunder Körper. Bei den meisten Menschen eitere die Wunde, damit töte das eigene Immunsystem die Bakterien. „Bei immungeschwächten Menschen ist der Körper dazu nicht in der Lage. Die Bakterien breiten sich aus, gelangen in den Blutkreislauf und befallen anschließend alle Organe. Besonders gefährdet sind alte Menschen, Menschen mit einer Immunschwäche wie bei einer HIV-Infektion, Alkoholabhängige und Krebspatienten.“
Vorbeugen könne jeder auch mit häufigem Händewaschen und anschließender Desinfektion. In Zeiten der Pandemie und danach habe es durch die vermehrte Händehygiene deutlich weniger Sepsis-Fälle gegeben. pm