Viele Borderline-Patienten verletzen sich oberflächlich durch Ritzen. Es kann aber auch dazu kommen, dass sich Menschen mit BPS mit Rasierklingen, Glasscherben und anderen Gegenständen zum Teil lebensgefährliche Verletzungen zufügen. Foto: ullision/stock.adobe.com

1,5 Millionen Deutsche leiden an einer Borderline Persönlichkeitsstörung

Die Woche der seelischen Gesundheit ab dem 10. Oktober soll die Aufmerksamkeit auf psychische Erkrankungen sowie deren Bewältigungs- und Therapiemöglichkeiten lenken. Eine psychische Störung, die immer noch mit viel Unwissen und Vorurteilen einhergeht, ist die Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS).

Vor 20 Jahren noch nicht therapierbar

1,5 Millionen Deutsche leiden an diesem schwerwiegenden psychiatrischen Krankheitsbild, das von intensiven Gefühlen, Impulsivität, einem negativen Selbstbild und Schwierigkeiten in Beziehungen geprägt ist. 60 Prozent der Betroffenen haben mindestens einen Suizidversuch verübt. Während BPS noch vor etwa 20 Jahren als nicht therapierbar galt, kann die Störung mittlerweile so gut behandelt werden, dass Betroffene ein normales Leben führen können.

Die Borderline-Expertin Dr. Gitta Jacob erklärt: „Mit der richtigen, kontinuierlichen Therapie haben Betroffene gute Prognosen. Doch es gibt leider zu wenige für Borderline qualifizierte Therapeut:innen in Deutschland. Das hat zur Folge, dass zu viele Betroffene nicht oder sehr spät die richtige Diagnose erhalten. Stattdessen werden sie häufig als depressiv eingestuft und mit entsprechenden Therapien und Medikamenten behandelt. All das hilft Betroffenen langfristig jedoch nicht.“

Vielschichtige Störung und viele Missverständnisse

Die Vielschichtigkeit der Störung führt zu vielen Missverständnissen rund um Borderline. Gitta Jacob weiß: „Nicht jeder Betroffene hat regelmäßig Wutausbrüche, verletzt sich selbst oder kämpft ständig gegen Minderwertigkeitsgefühle. Viele Betroffene sind extrem empathisch und kreativ – das sind nur einige Beispiele für positive Eigenschaften, die zu selten erwähnt werden.“

Damit Betroffene ergänzend zu ambulanten Therapien Unterstützung erhalten, hat Gitta Jacob mit ihrem Team eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) entwickelt: „priovi“ bietet therapeutische Techniken an, die mit der Schematherapie auf einem anerkannten Verfahren zur Behandlung der Borderline-Störung beruhen. Die verordnungsfähige Anwendung begleitet BPS-Patienten wie ein virtueller Therapeut – individuell und einfühlsam.

Gitta Jacob erklärt: Betroffenen helfe „priovi“ hilft, besser mit ihren Emotionen umzugehen, soziales Miteinander zu lernen und sich Strategien für den Umgang mit Krisen anzueignen. Im individuellen Dialog kläre „priovi“ über vielschichtige Erlebens- und Verhaltenszustände auf und führe behutsam an gezielte Übungen heran, um besser mit starken beziehungsweise wechselnden emotionalen Zuständen umzugehen. Die digitale Gesundheitsanwendung nutze dabei verschiedene Formate, etwa Audios, Fallgeschichten und Comics, um die Nutzer gut abzuholen. pm

Mehr zum Thema: www.priovi.de

Borderline-Infos: https://www.oberbergkliniken.de/krankheitsbilder/borderline