Als Dreh- und Angelpunkt der Zukunft des Berufes stellte sich laut Studie "WeCare4us" das Arbeiten im Team heraus. Wer einen stabilen Kreis an Kollegen hat, werde in schwierigen Situationen aufgefangen, bleibe mental gesund und motiviert. Foto: Monkey Business/stock.adobe.com

Zukunftsforscher Druyen: „Teams sind das Immunsystem der Krankenhauspflegekräfte“

Die Zukunft der Medizin – das ist mehr als nur Digitalisierung und Technologiefortschritt. Sie wird gestaltet von den Menschen, die sich für die Berufe in dieser spannenden Branche entscheiden. Insbesondere in der Pflege gibt es aktuell und in absehbarer Zukunft großen Bedarf. Was kann getan werden, um Menschen für die Pflege zu begeistern?

Die Universitätsmedizin Essen hat dazu gemeinsam mit dem Institut für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement sowie der opta data Gruppe die Studie „WeCare4us“ erstellt, in der insgesamt 200 Beschäftigte der Pflege verschiedener Altersgruppen, Positionen und Stationen in qualitativen Interviews zu ihrem Beruf und ihrer Zukunftsvision befragt wurden. Auf Basis der Ergebnisse sollen nun konkrete Maßnahmen abgeleitet werden.

Größter Kritikpunkt: Personalmangel verursacht Zeitdruck

Ob als Baby, im hohen Alter oder durch eine Krankheit – alle Menschen sind im Laufe ihres Lebens pflegebedürftig. Doch dass man in diesem Fall professionelle Pflege erfährt, ist in Deutschland längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Personalmangel, Zeitdruck, ein reformbedürftiges Gesundheitssystem – die Pflege steht vor einer Vielzahl struktureller Probleme. Doch was sagen die Pflegefachpersonen selbst zur aktuellen Situation ihres Berufs? Und wie schauen sie in die Zukunft?

Der größte Kritikpunkt laut der Studie „WeCare4us“ war für 67 Prozent der Befragten der Personalmangel und der daraus resultierende Zeitmangel. Bei mehreren Fragestellungen beklagten die Pflegenden zudem das fehlende Verständnis und die fehlende Wertschätzung für ihren Beruf. Das beginne bereits klinikintern bei anderen Berufsgruppen wie zum Beispiel der Ärzteschaft, ziehe sich aber auch durch bis in das in der Gesellschaft und den Medien vorherrschende Berufsbild.

Digitalisierung wird zwiespältig gesehen

Zwiespältig sahen viele Pflegefachpersonen die Digitalisierung. Zwar werde bei technologischen Entwicklungen, wie beispielsweise der elektronischen Patientenakte, durchaus das Potenzial gesehen, den Arbeitsalltag spürbar zu entlasten, jedoch seien Digitalisierungsprojekte während der Start- und Umsetzungsphase häufig mit erhöhtem Aufwand verbunden. Zudem zeigte sich in der Studie mit dem Generationswechsel in der Pflege ein Wandel der Denkweise: Junge Pflegefachpersonen fordern zunehmend mehr berufliche Perspektiven und Aufstiegschancen sowie eine bessere Work-Life-Balance.

Ein gutes Team ist wichtig für mentale Gesundheit und Motivation der Pflegenden

Als Dreh- und Angelpunkt der Zukunft des Berufes stellte sich das Arbeiten im Team heraus. „Teams sind das Immunsystem der Krankenhauspflegekräfte“, sagt Prof. Thomas Druyen, Studienleiter und Geschäftsführer des IZZ. Wer einen stabilen Kreis an Kolleginnen und Kollegen hat, werde in schwierigen Situationen aufgefangen, bleibe mental gesund und motiviert.

Druyen betonte außerdem eine positive Beobachtung aus der Studie: Trotz der hohen Belastung und der Krisenlage, mit der die Pflege kämpfe, bliebe stets die Liebe zum Beruf erkennbar. Druyen: „Pflege ist in Deutschland für viele Pflegefachpersonen in Krankenhäusern die letzte Insel der menschlichen und sozialen Dienstleistungen in Zeiten exponentiellen Wachstums und Schnelllebigkeit.“ Zudem zeigten viele Befragte einen großen Willen, ihren Beruf zu retten und präsentierten dazu in den Interviews auch konkrete Ideen.

Pflegepersonal noch mehr in alle Prozesse einbeziehen

Gerade dieser Willen zur Mitgestaltung, die vorhandenen Erfahrungswerte und Ideen seien das, was man mit der Studie sichtbar und nutzbar machen wollte, sagt Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen: „Unser Personal – rund 11.000 Beschäftigte – hat ein riesiges Wissen und eine große Expertise. Das müssen wir nutzen und unsere Mitarbeitenden in der Pflege noch intensiver in unsere Prozesse einbeziehen, insbesondere bei der Umsetzung unserer Digitalisierungsprojekte. Aus diesem Grund haben wir diese Studie gestartet und werden aus den Ergebnissen die notwendigen Maßnahmen ableiten.“

Diesen Ansatz zum Miteinander betont auch Pflegedirektorin Andrea Schmidt-Rumposch: „Die Pflege kann bei uns aktiv mitgestalten. Sie ist bei uns im Haus wichtiger Partner der Medizin.“ Auf Basis der Studie sollen daher Workshops zu den Themenbereichen „Gesundheit und Zeitmanagement“ sowie „Kommunikation und Wertschätzung“ folgen. Darin sollen aus den Ergebnissen gemeinsam mit Mitarbeitenden konkrete Maßnahmen erarbeitet werden, um die Situation der Pflege am UK Essen zu verbessern. Die Workshops sind für alle Pflegemitarbeitenden am UK Essen offen. pm/tok