UNAIDS will die HIV-Krise bis 2030 beenden. Utopisch? Der Welt stehen dafür alle Instrumente zur Verfügung, etwa schnelle und bezahlbare Tests, hochwirksame Medikamente zur Therapie aber auch zur Prä-Expositionsprophylaxe. Und dann ist da immer noch das klassische Kondom, das Infektionen verhindern kann. Foto: Atlas/stock.adobe.com

Welt-AIDS-Konferenz: Drei Menschen infizieren sich jede Minute mit HIV

Seit 40 Jahren grassiert der HI-Virus, hat rund 40 Millionen Menschen das Leben gekostet – so viele Menschen leben in Polen. Immerhin ist es gelungen, die Zahl der Neuinfektionen seit 1995 um fast 60 Prozent zu reduzieren. Aber: Noch immer infizieren sich in jeder Minute drei Menschen mit dem Virus, 39 Millionen Menschen tragen das Virus in sich – ein weiteres Polen.

Die alle zwei Jahre stattfindende Welt-AIDS-Konferenz vom 21. bis 26. Juli in München versammelt regelmäßig Experten aus Forschung und Medizin sowie der Selbsthilfe, um für eine Welt zu streiten, „in der HIV keine Bedrohung mehr für die öffentliche Gesundheit und das individuelle Wohlbefinden darstellt.“ Eine gemeinsame, eine globale Antwort sei notwendig, heißt es bei der International AIDS Society (IAS) als Veranstalterin des Treffens, weil „Fortschritt dort passiert, wo Wissenschaft, Politik und Aktivismus zusammenkommen.“ Das Motto „Put People First.“ ist Ausdruck der Philosophie, dass eine erfolgreiche Bekämpfung dieser Epidemie nur gelingen kann, wenn sie aus der Sicht der Betroffenen geplant und umgesetzt wird.

Quelle: The Elton John Foundation/Grafik: Pharma-Fakten.de

Elton John: Ein Aktivist der ersten Stunde

Einer, der sich dem Kampf gegen HIV und Aids schon sehr früh verschrieben hat, ist Popstar Elton John. Bereits 1992 gründete er die Elton John AIDS Foundation mit dem Ziel, innovative HIV-Präventions- und Bildungsprogramme sowie direkte Betreuungs- und Unterstützungsdienste für Menschen zu fördern, die mit HIV leben oder ein erhöhtes Infektionsrisiko haben. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf den so genannten vulnerablen Gruppen wie junge Menschen, LGBTQ+-Personen und Drogenkonsumenten. Die Stiftung hat weltweit 3000 Projekte in 95 Ländern finanziert und dabei 600 Millionen US-Dollar gesammelt.

Mit dem biopharmazeutischen Unternehmen Gilead Sciences hat Elton Johns Stiftung die Initiative RADIAN ins Leben gerufen. Sie konzentriert sich auf die Regionen Ost-Europa und Zentralasien, wo Neuinfektionen und AIDS-Todeszahlen stark steigen. Dort leben schätzungsweise zwei Millionen Menschen mit HIV. Während weltweit die HIV-Neuinfektionen um 38 Prozent und die AIDS-bedingten Todesfälle um 52 Prozent zurückgegangen sind, sind sie in Ost-Europa und Zentralasien seit 2010 um 49 Prozent beziehungsweise 46 Prozent gestiegen. Es ist damit die einzige Region der Welt, in der sowohl HIV-Neuinfektionen als auch AIDS-bedingte Todesfälle zunehmen.

Fokus auf Menschen mit HIV in Ost-Europa und Zentralasien

RADIAN ruht auf zwei Säulen: Die erste konzentriert sich auf Städte, die besonders von HIV betroffen sind (RADIAN Model Cities) und verfolgt folgende Ziele:

  • Verringerung der Zahl der HIV-Neuinfektionen und Erhöhung des Anteils der HIV-Infizierten, die ihren Status kennen, in Pflege sind und eine nicht nachweisbare Viruslast aufweisen.
  • Verbesserung des Wohlbefindens und Verringerung der Stigmatisierung von Menschen, die mit HIV leben und von HIV bedroht sind.

Die erste RADIAN Model City war Almaty in Kasachstan, wo allein rund 5000 Menschen mit HIV leben und die Prävalenz doppelt so hoch ist, wie im Rest des Landes.

Säule Nummer zwei von RADIAN ist der „Unmet Need Fund“. Damit werden lokale Initiativen gefördert, um Prävention und Behandlung zu stärken sowie Stigmatisierung zu bekämpfen.

Bis heute hat RADIAN 185.060 Menschen direkt erreicht, bei 21.102 Menschen konnte eine Therapie gestartet werden. Über 10.000 so genannte Change Agents wurden geschult; damit sollen Stigmatisierung in den Gemeinden vor Ort bekämpft und die Versorgungsqualität verbessert werden.

HIV beenden? Alle Instrumente sind vorhanden

Die HIV-Krise bis 2030 zu beenden, wie sich das UNAIDS vorgenommen hat, klingt angesichts der Zahlen nach Fantasterei. Fest steht aber auch: Der Welt stehen dafür alle Instrumente zur Verfügung, etwa schnelle und bezahlbare Tests, hochwirksame Medikamente zur Therapie aber auch zur Prä-Expositionsprophylaxe. Auch ohne einen Impfstoff wäre es möglich, HIV an den Rand der Weltgeschichte zu drängen.

Anfang der 1990er-Jahre wäre es noch ein Ding der Unmöglichkeit gewesen – die Wissenschaft hatte schlicht keine wirksame Antwort auf das Virus. Heute ist das anders: Ob es uns gelingt, ist nur noch eine Frage des Wollens.   pm

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