Um Über- oder Unterzuckerungen zu vermeiden, empfehlen Diabetologen, die Glukosewerte während der Reise und der klimatischen Veränderungen häufiger als zu Hause zu überprüfen. Foto: LunaLu/stock.adobe.com

Urlaub mit Diabetes mellitus: Alles geht, aber nur mit perfekter Vorbereitung

Ende Juni beginnen die ersten Sommerferien in manchen deutschen Bundesländern. Ob ein Ferienaufenthalt ohne lange Anreise oder in die Ferne auf andere Kontinente: Beides ist für Menschen mit einer chronischen Erkrankung wie Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2 grundsätzlich möglich. Zu bedenken gibt es trotzdem einiges.

Reisen in andere Zeit- und Klimazonen verlangen im Vorfeld mehr Vorbereitung und Organisation, damit die notwendige Therapie wie zu Hause weiterlaufen kann und der Stoffwechsel stabil bleibt. Die gemeinnützige Organisation > diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe bietet dafür kostenfreie Informationen und Tipps an.

„Menschen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2 können bei einer stabilen Stoffwechsellage grundsätzlich genauso frei ihre Reiseziele wählen wie Menschen, die ohne Diabetes leben“, sagt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Diabetologe aus Hamburg. Er empfiehlt insbesondere insulinbehandelten Menschen, vorab mit ihrem diabetologischen Behandlungsteam zu besprechen, wohin es gehen soll und welche Faktoren gegebenenfalls auf der Reise eine besondere Rolle spielen können. Dazu zählen zum Beispiel Zeitumstellung, Klimawechsel, andere Gesundheitssysteme im Ausland oder mögliche Notfälle wie Unterzuckerungen.

Langstreckenflüge beeinflussen Insulindosis

Langstreckenflüge bedeuten meist eine Reise über mehrere Zeitzonen hinweg. Wie sollten insulinbehandelte Menschen ihre Therapie unterwegs daran anpassen? „Generell gilt: In Richtung Westen, zum Beispiel nach Südamerika, verlängert sich durch die Zeitverschiebung der Tag“, erklärt Dr. Kröger: „Daher brauchen Betroffene dann auch mehr Insulin. Bei Flügen in den Osten hingegen, etwa nach Indien oder China, verkürzt sich der Tag für die Reisenden, weswegen sie weniger Insulin benötigen.“ Zu Bedenken sei außerdem, dass sich auch aufgrund geringerer körperlicher Aktivität auf einem Langstreckenflug, unabhängig von der Richtung der Reise, möglicherweise der Insulinbedarf und die Insulinsensitivität verändere.

Klima und Stress können Glukosetoleranz verändern

Darüber hinaus können klimatische Veränderungen den Stoffwechsel und die Diabetestherapie beeinflussen. Bei Aufenthalten in tropischen Ländern kann sich die Glukosetoleranz verschlechtern: Nach den Mahlzeiten kann es daher zu einem stärkeren Glukoseanstieg als gewohnt kommen. Auch in extremer Kälte oder Höhe entgleist der Stoffwechsel schneller als zu Hause. „Zudem verursachen lange Anreisen, Zeitverschiebung und eine neue Umgebung bei vielen Menschen Stress, der den Glukosespiegel ansteigen lassen kann“, erklärt Dr. Kröger.

Darauf müssen Menschen mit Diabetes zeitnah ihre Therapie anpassen. „Umgekehrt kann längere oder intensivere Bewegung im Urlaub den sonst üblichen Insulinbedarf auch sinken lassen“, betont der Diabetologe. Um Über- oder Unterzuckerungen zu vermeiden, empfiehlt er, die Glukosewerte während der Reise häufiger als zu Hause zu überprüfen.

Bescheinigungen und Informationen zusammenstellen

Vor dem Antritt der Reise sollten Menschen mit Diabetes folgende Fragen klären: Wie bringe ich den benötigten Therapievorrat im Reisegepäck unter? Was muss ich beim Transport von Diabetesmedikamenten bei der Anreise, aber auch bei der Lagerung vor Ort beachten? Bekomme ich in einer Notfallsituation im Ausland die gleiche Behandlung wie in Deutschland?

„Idealerweise sollte die zwei- bis dreifache Menge des voraussichtlichen Therapiebedarfs mit ins Reisegepäck“, rät Dr. Kröger. Damit der Insulinbedarf sicher am Reiseziel ankommt, sollte er in einer Kühltasche transportiert und auch am Reiseziel kühl gelagert werden.

Bei Flugreisen sollten Menschen mit Diabetes zudem eine Bescheinigung zum Mitführen von Insulin und Co. zum Vorzeigen im Handgepäck haben. Für den Notfall empfiehlt es sich, einen internationalen Diabetes-Pass oder ein Dokument in der Landessprache des Urlaubslandes bei sich zu tragen, welche über die bestehende Diabetes-Erkrankung informieren.

Reise-Checkliste

Diese Checkliste dient Ihnen bei den Urlaubsvorbereitungen als „Gedächtnisstütze“, was Sie alles einpacken sollten, wenn Sie unter Diabetes leiden und Insulin spritzen müssen.

Handgepäck

• Insuline (gekühlt aufbewahren) / Blutzucker senkende Tabletten

• Spritzen/Pens (Ersatznadeln)

• Teststreifen (Blutzucker, Azeton, Harnzucker). Tipp: Mehr Streifen mitnehmen, als eigentlich für die Reisezeit benötigt!

• Messgerät (Ersatzbatterien)

• Stechhilfe, Lanzetten

• Diabetes-Tagebuch

• Traubenzucker in ausreichender Menge und z.B. Plätzchen oder Obst

• ggf. Glukagon

• Diabetikerausweis mit Übersetzung in Landessprache und einen Diabetes Dolmetscher

• Attest für Kontrollen am Flughafen / an der Grenze (Betreff: Notwendigkeit des Mitführens von Insulinspritzen)

• Zwischenmahlzeiten

• bei Inlandsurlaub: Chipkarte Ihrer Krankenkasse

• Katheter

• Ersatzbatterien für Insulinpumpe

Hauptgepäck

• Vorräte: Insulin/Blutzucker senkende Tabletten

• Insulinfläschchen U40 und U40-Spritzen oder U100-Spritzen, falls Pen defekt

• Teststreifen (Blutzucker, Azeton, Harnzucker)

• Traubenzucker

• Kohlenhydrat-Austauschtabelle

• evtl. Süßstoff

Ansonsten nicht vergessen

• Reiseticket / Autopapiere

• Reisepass / Personalausweis

• Devisen / Reiseschecks / Kreditkarte

• Wörterbuch

• Medikamente gegen Durchfall und Erbrechen

• Sonnenschutzmittel

• Reisekrankenversicherung, die auch diabetische Notfälle einschließt

Denken Sie daran

• Bewegung senkt den Blutzucker

• Hitze / Sonnenbäder können die Insulinwirkung beschleunigen

• Streben Sie während der Reise lieber einen etwas höheren Blutzucker an

• Messen Sie während der Reise mindestens alle 3 Stunden den Blutzucker, ebenso das Azeton im Urin

• bestimmen Sie den Blutzucker am ersten Abend vor dem Schlafengehen – die größte Gefahr einer Unterzuckerung besteht nicht während des Fluges, sondern in der folgenden Nacht

• Bei Durchfall und Erbrechen entgleist Ihr Wasser- und Mineralhaushalt schneller

• Verlassen Sie sich nicht darauf, dass verzehrte Kohlenhydrate den Blutzucker ausreichend erhöhen

• Trinken Sie mit Zucker gesüßten Schwarztee und essen leicht verdauliche Kohlenhydrat

• Trinken Sie zudem ausreichend und bewegen sich regelmäßig während der Reise

• Sprechen Sie vor langen Flügen nach Amerika oder Asien mit Ihrem Diabetologen. Denn bei den Reisen in die USA z.B. verlängern sich die Tage: Der Insulinbedarf steigt. Nach Asien werden die Tage während der Reise kürzer, der Insulinbedarf verringert sich

• Wenn Sie Insulin und Spritzen mit sich führen, sollten Sie für Flugreisen und Grenzkontrollen einen ärztliche Bescheinigung mit sich führen. >Einen Vordruck für diese Bescheinigung finden Sie hier. pm