Der Vagusnerv reguliert wichtige Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Verdauung und Atemfrequenz. Das Coronavirus attackiert den Nerv, was zu einem starken Anstieg des Botenstoffs Interferon führt, der vermutlich das autonome Nervensystem schädigt, was vor allem bei COVID-19-Patienten mit schweren Verläufen in den Intensivstationen festgestellt wurde. Foto: Vadim/stock.adobe.com
Schwere COVID-19-Verläufe: Störungen des autonomen Nervensystems nachgewiesen
Störungen des autonomen Nervensystems treten häufig bei schweren Krankheitsverläufen von COVID-19 auf. Dies haben Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) festgestellt. Im Fokus ihrer Untersuchungen stand der Vagusnerv – eine wesentliche Komponente des autonomen Nervensystems, die wichtige Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Verdauung und Atemfrequenz reguliert.
Verminderte Atemfrequenz Folge von Coronavirus-Attacke auf Vagusnerv
Die Wissenschaftler untersuchten 323 Patienten mit unterschiedlichen Verläufen von COVID-19 sowie 33 mit SARS-CoV-2-infizierte Verstorbene. Sie konnten bei allen verstorbenen und untersuchten COVID-19-Patienten den SARS-CoV-2-Erreger im Nerv nachweisen. Dabei bestand ein Zusammenhang zwischen den Virusmengen und dem Ausmaß der krankhaften Veränderungen sowie der Entzündungsreaktion im Nerv, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP).
Weiterhin wurden auffällige Veränderungen in den Kerngebieten des Vagusnervs im Hirnstamm von COVID-19-Patienten entdeckt. Der festgestellten Beeinträchtigung des Nervs entsprechend zeigte sich bei der klinischen Patienten-Kohorte eine verminderte Atemfrequenz bei schweren Krankheitsverläufen. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler im Fachjournal Acta Neuropathologica veröffentlicht.
Starker Anstieg von Botenstoff Interferon
„Bemerkenswert war, dass das Coronavirus im Nerv zu einem starken Anstieg des Botenstoffs Interferon führte, der vermutlich zur Schädigung des autonomen Nervensystems wesentlich beiträgt“, sagt Erstautor Dr. Marcel S. Woo vom Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose des UKE. Eine Störung des autonomen Nervensystems wurde bei akuten Verläufen von COVID-19, aber auch bei Long-COVID und anderen neurologischen Erkrankungen auf der Grundlage von klinischen Beobachtungen angenommen, jedoch bisher neuropathologisch nicht sicher nachgewiesen.
„Unsere Daten legen nahe, dass SARS-CoV-2, zumindest bei schweren Verläufen der Erkrankung, die Funktion des Vagusnervs einschränkt und damit zum kritischen Verlauf beitragen kann“, sagt Prof. Dr. Markus Glatzel, Direktor des Instituts für Neuropathologie des UKE. DGP