Die gesundheitlichen Schäden durch das Rauchen sind enorm. In Deutschland rauchen derzeit mehr als 30 Prozent der Bevölkerung. An den Folgen des Tabakkonsums versterben hierzulande jährlich 125.000 Menschen. Foto: Viktoriia/stock.adobe.com
Nikotinsucht: Wenig Motivation zur Entwöhnung und viel mehr jugendliche Raucher
In Deutschland rauchen derzeit mehr als 30 Prozent der Bevölkerung. An den Folgen des Tabakkonsums versterben hierzulande jährlich 125.000 Menschen. Die Motivation der Raucher in Deutschland, mit dem Qualmen aufzuhören, ist niedrig und über die letzten Jahre zudem leicht gesunken.
Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler der Medizinischen Fakultäten der Universitäten Duisburg-Essen (UDE) und Düsseldorf, die Daten von fast 19.000 Rauchern ausgewertet haben. Diese Raucher hatten zwischen 2016 und 2021 an der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) teilgenommen, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet.
Rauchen unattraktiv machen
Dass Tabakkonsumenten immer weniger motiviert sind, das Rauchen aufzugeben, betrachten die Forscher mit großer Sorge. Die einzige Ausnahme von diesem Abwärtstrend sind die 18- bis 24-Jährigen, deren Motivation leicht gestiegen ist. „Es ist wichtig, Tabakkontrollmaßnahmen umzusetzen, die das Rauchen unattraktiv machen und Impulse zu setzen, die den Rauchstopp fördern“, erklärt Benjamin Borchardt, Facharzt für Allgemeinmedizin am Institut für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Essen. „Das umfasst den Preis, aber auch die Verfügbarkeit und Sichtbarkeit von Tabak. Zudem benötigen wir ein niedrigschwelliges Angebot an wirksamen Therapien und Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung, die von Krankenkassen übernommen werden.“
Mehrere Versuche bis zur Rauchfreiheit
Ein vielversprechender Faktor für die Überwindung der Sucht ist ein vorheriger Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören. „Wer innerhalb der letzten Monate schon eine – vermeintlich – letzte Zigarette geraucht hat, bei dem ist es wahrscheinlich, dass er es erneut versuchen wird“, sagt Prof. Dr. Daniel Kotz, Suchtforscher am Centre for Health and Society (chs) der Universität Düsseldorf.
Es gibt wissenschaftlich fundierte Methoden wie eine Kurzberatung oder eine Verhaltenstherapie, doch die diese Wege zur Rauchfreiheit sind auch nicht effektiver wie die beliebteren Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummis. Dann gibt es da noch den Umstieg auf E-Zigaretten mit und ohne Nikotin.
Methoden, die als evidenzbasiert gelten, also etwa eine Kurzberatung oder Verhaltenstherapie, spielen bei Weitem nicht so eine große Rolle, wie man meinen könnte. Sie werden nicht gut angenommen und als nicht besonders Erfolg versprechend angesehen. Am ehesten kommen zum Einsatz – aber auch da ist die Hoffnung nicht besonders groß, dass es langfristig hilft. Ein Teil der Menschen war mit dem Umstieg auf E-Zigaretten und Vaporizer mit und ohne Nikotin erfolgreich.
Und was ist mit der eigenen Willenskraft? Viele Ex-Raucher, die sich darauf berufen, waren zum Teil durch akute gesundheitliche Raucherprobleme mehr oder minder zu einem Entzug gezwungen. Kommt noch Unterstützung aus dem familiären Kreis oder generell aus dem sozialen Umfeld dazu, kann es gelingen, dauerhaft vom Nikotin wegzukommen.
„Mit jedem Versuch kommt man dem Ziel einer dauerhaften Rauchfreiheit näher“, sagt Suchtforscher Kotz. Das heißt: Einfach verschiedene Entwöhnungswege ausprobieren und nach einem Rückschlag nicht aufgeben, sondern wieder von vorne mit der Reduzierung der Zigarettenmenge oder dem harten Entzug anfangen.
Jeder Deutsche raucht im Schnitt 791 Zigaretten pro Jahr
Jeder Deutsche raucht durchschnittlich etwa 791 Zigaretten im Jahr. Das klingt im ersten Moment nach viel, der Pro-Kopf-Verbrauch von Zigaretten in Deutschland fällt jedoch seit Jahren, wie die Statista-Grafik mit Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt. Zehn Jahre zuvor lag der Durchschnittskonsum noch bei über 1000 Zigaretten pro Jahr.
Laut den Statista Consumer Insights haben von mehr als 6000 Teilnehmern auf die Frage, ob sie Zigaretten rauchen, 60 Prozent mit „Nein“ geantwortet. Die Abkehr der Deutschen von der Zigarette hat dabei mehrere Gründe. Viele Bundesbürger versuchen bewusst, gesünder zu leben, zudem wiegt der finanzielle Aspekt mit steigenden Zigarettenpreisen schwer. Außerdem müssen Raucher hierzulande vermehrt Abstriche machen, seitdem es nicht mehr überall uneingeschränkt möglich ist zu rauchen. Einen weiteren nicht unerheblichen Effekt haben alternative Rauchprodukte, die klassischen Tabak auf dem Markt verdrängen und häufig zur Entwöhnung verwendet werden. Der Anteil der E-Zigaretten-Rauchenden ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Zigarettenabsatz hat sich seit 1991 mehr als halbiert
65,8 Milliarden versteuerte Zigaretten wurden laut Statistischem Bundesamt (Destatis) 2022 in Deutschland verkauft – das entspricht einem Rückgang von 8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wie die Statista-Grafik zeigt, hat sich der Absatz seit 1991 mehr als halbiert. Das liegt sicher teilweise an Maßnahmen wie Warnhinweisen und Werbeverboten.
Eine größere Rolle könnte indes die Preisentwicklung gespielt haben. Destatis zufolge wurde die Tabaksteuer auf Zigaretten von 1989 bis 2022 insgesamt 16 Mal erhöht. Und auch 2023 wurde die Steuer schon um zehn Prozent angehoben. Und dabei wird es nicht bleiben. In den Jahren 2025 und 2026 werden noch einmal jeweils 15 Cent pro Packung hinzukommen. Das führt dazu, dass zwar weniger Zigaretten verkauft werden, während gleichzeitig die versteuerten Verkaufswerte für Zigaretten aufgrund von Tabaksteuer- und Preiserhöhungen steigen.
Zahl der jungen Raucher steigt sprunghaft
Der Anteil der Tabak-Raucher in Deutschland hält sich seit Jahren auf einem stabilen Niveau. Etwa ein Drittel der Bevölkerung greift Daten der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) regelmäßig zum Glimmstängel. Unter dem besonders schutzbedürftigen Teil der Einwohner zeichnet sich indes ein gefährlicher Aufwärtstrend ab. Unter den minderjährigen Befragten (14 bis 17 Jahre) lag der Anteil der Tabak-Rauchenden (loser Tabak, Zigarren und Zigaretten) mit knapp 16 Prozent auf einem Rekordhoch. Gegenüber dem Vorjahr ist der Nutzeranteil um rund 7,2 Prozentpunkte angestiegen – das bedeutet etwa 200.000 minderjährige Raucher mehr als 2021.
Anders als erwartet sind es nicht die E-Zigaretten und -Shishas, bei denen der Anstieg derartig steil ist. Hier ist der Anteil von 0,5 Prozent in 2021 auf 2,5 Prozent in 2022 gewachsen und befindet sich damit auf dem Niveau von 2016 und 2017. Dennoch sind beispielsweise Einweg-E-Zigaretten ein Einstieg in den Tabakkonsum. Diese kommen häufig in verschiedenen Geschmacksrichtungen und bunten Farben und richten sich in ihrer Vermarktung gezielt an junge Erwachsene. Wissenschaftlich belastbare Befunde über die Gründe des gestiegenen Tabakkonsums konnten die Studienautoren noch nicht präsentieren.
E-Zigaretten: Hat es sich ausgedampft?
Das Interesse an E-Zigaretten schwindet. Ein Blick auf die Umsätze der E-Zigaretten-Branche verrät ein sinkendes Interesse am Verdampfen von Liquids in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Nachdem im Jahr 2018 weltweit ein Rekordumsatz von 550 Millionen Euro erwirtschaftet werden konnte, ist der Markt in den Folgejahren deutlich geschrumpft und wird im Jahr 2022 laut Verband des eZigarettenhandels schätzungsweise nur noch 300 Millionen Euro an Umsatz generieren. Das bedeutet allerdings eine leichte Erholung gegenüber dem Vorjahr.
Das „Vapen“ kommt langsam außer Mode, wie Einschätzungen von Statista belegen. Basierend auf Daten des Statista Global Consumer Surveys aus dem Jahr 2021, raucht etwa jeder Zehnte im DACH-Raum mindestens gelegentlich E-Zigaretten, Vape Pens und Co. Den größten Anklang finden diese in Deutschland (16 Prozent), in der Schweiz und Österreich sind es mit 14 beziehungsweise neun Prozent etwas weniger.
E-Zigaretten gelten im Vergleich zur Tabak-Zigarette selbst im Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg als weniger schädlich. Die Experten betonen aber, dass E-Zigaretten für Nichtraucher eine Erhöhung des Gesundheitsrisikos bedeuten, da bei ihrem Konsum ein Chemikaliengemisch inhaliert werde.
So steht es weltweit um den Kampf gegen die Tabaksucht
5,6 Milliarden Menschen leben laut Angaben der World Health Organization (WHO) in Ländern, in denen wenigstens eine der sechs von der WHO geförderten Best-Practice-Maßnahmen (MPOWER) zur Kontrolle des Tabakkonsums eingeführt wurde – das entspricht 71 Prozent der Weltbevölkerung. So haben beispielsweise rund 79 Prozent der WHO-Mitgliedsländer Warnhinweise auf Verpackungen eingeführt – allerdings nicht überall im gleichen Umfang, wie der Blick auf die Statista-Grafik zeigt.
Strikte Regulierungen bezüglich öffentlicher Flächen oder Räume, in denen nicht geraucht werden darf, gibt es fast 38 Prozent der Länder. In ähnlich vielen Ländern existieren strikte Tabak-Werbeverbote. Die WHO weist indes darauf hin, dass es in 44 Länder noch keine Maßnahmen zur Kontrolle des Tabakkonsums gibt. Entsprechend ruft die Organisation Angesichts von 8,7 Millionen Tabaktoten pro Jahr dazu auf, sich gegen die Tabak- und Nikotinindustrie zur Wehr zu setzen, die diese Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit ablehnt. DGP/Statista.com/tok