Gamer aus der E-Sport-Szene sitzen über 10 Stunden am Tag vor dem Monitor. 50 % kommen auf mindestens 150 Minuten körperlicher Bewegung pro Woche und 33 % liegen bei der mentalen Gesundheit unter dem Grenzwert für weitere diagnostische Verfahren zur Untersuchung von Depressionen. Foto: DALU11/stock.adobe.com

Lebensstil von Gamern: Sitzzeiten nehmen zu, körperliche Aktivität nimmt ab, hohes Depressionsrisiko

Videospieler verbringen täglich viele Stunden vor der Konsole oder dem Computer. Häufig mit negativen Folgen für ihre Gesundheit: Gamer bewegen sich immer weniger, die Sitzzeiten nehmen zu: von durchschnittlich 7,5 Stunden täglich in den Jahren 2019/2020 auf über 10 Stunden am Tag im Jahr 2023.

Das zeigen Analysen der Deutschen Sporthochschule Köln und der AOK Rheinland/Hamburg, die über sechs Jahre hinweg durchgeführt wurden. Seit 2017 kooperieren beide und befragen seit 2018 jährlich Hunderte E-Sportler aus Deutschland zu ihrem Gesundheitszustand. Während sich ansonsten jedes Jahr mehr als 1000 junge Erwachsene an den Umfragen beteiligt haben, waren es zuletzt in einem kürzeren Untersuchungszeitraum mehr als 400. Es zeichnet sich ein klarer Trend ab: Die durchschnittliche Sitzzeit der Videospielerinnen und -spieler ist von 2019/2020 bis 2023 um rund 35 % gestiegen.

Gamer bewegen sich trotz langer Sitzzeiten erstaunlich oft

Die Erhebungen zeigen aber auch, dass im Jahr 2023 ungefähr jeder zweite Befragte (54 %) die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Mindestaktivität von 150 Minuten körperlicher Bewegung pro Woche geschafft hat – trotz der langen Sitzzeiten. „Ein erfreulicher Wert und entgegen der allgemeinen Annahme, dass sich Videospielende nur wenig bewegen. Jedoch sehen wir auch, dass die Werte rückläufig sind“, sagt Chuck Tholl, Projektleiter des E-Sport-Projekts an der Deutschen Sporthochschule.

Im Jahr 2020 hatten bei ähnlicher Befragung noch 80 % der Gamer angegeben, die WHO-Empfehlung zu erfüllen. Nur 32 % der Videospieler erreichen den empfohlenen Wert von mehr als 300 Minuten körperlicher Aktivität pro Woche, ab dem weitere gesundheitsförderliche Effekte zu erwarten sind. „Gerade dieser Benchmark sollte erreicht werden, um den negativen Auswirkungen des Videospielens entgegenzuwirken und langfristig leistungsfähig und gesund zu bleiben“, so Tholl.

Junge Gamer in Bewegung bringen

„Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig konkrete und motivierende Maßnahmen der körperlichen Aktivität und Gesundheit in unserer modernen, von digitalen Unterhaltungsmedien geprägten Gesellschaft sind. Uns ist es wichtig, junge Menschen beim Gaming und im E-Sport zu begleiten. Mit gezielten Programmen für ein gesünderes Leben möchten wir sie besser in Bewegung bringen, ihre mentale und soziale Gesundheit fördern und einen Ausgleich zu den Aktivitäten an Konsole und PC in den Fokus rücken“, sagt Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg.

Besorgniserregende Entwicklung bei psychischer Gesundheit

Bei den Analysen von AOK und Sporthochschule stand auch das allgemeine Wohlbefinden im Fokus. Im Rahmen der Bewertung der mentalen Gesundheit sinken die Durchschnittswerte über die Jahre hinweg. In 2023 lag der Mittelwert bei nur noch 55 von 100 Punkten – 2022 noch bei 60 Punkten. Dieser Trend ist bedenklich, denn 33 % der Befragten liegen aktuell sogar unter der kritischen Marke von 50, dem Grenzwert für weitere diagnostische Verfahren zur Untersuchung von Depressionen.

Auch der Rest der Bevölkerung sitzt viel

Mit dem Bewegungsmangel und den langen Sitzzeiten stehen die Gamer übrigens nicht allein da. Auch die restliche Bevölkerung sitzt viel, so das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes: Demnach sitzt die Mehrheit (61 %) aller Erwerbstätigen an einem normalen Arbeitstag mehr als vier Stunden. Mehr als ein Viertel (27 %) sitzt sechs bis acht Stunden, etwa jeder Zehnte (12 %) sogar acht Stunden und mehr. Außerdem hat die Forsa-Umfrage der AOK ergeben, dass 42 % der Befragten eigene gesundheitliche Beschwerden auf Bewegungsmangel und langes Sitzen zurückführen.

„Diese Werte sind alarmierend. Bezieht man die Sitzzeiten dann noch auf das Alter oder weitere soziodemographische Faktoren besteht ein dringender Handlungsbedarf, um die Menschen auf die Bedeutung von Bewegung aufmerksam zu machen und ihnen aktive Unterstützung zu bieten“, sagt Sabine Deutscher. In der jüngsten Befragung von AOK und Sporthochschule hatte das Durchschnittsalter bei 23 Jahren gelegen.    pm