Laut DAK-Gesundheitsreport 2022 hat landesweit fast jeder und jede sechste Beschäftigte mindestens einen psychischen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Foto: DAK-Gesundheit/iStock

Depression und Stress: Psychisches Risiko für Herzinfarkt

In Baden-Württemberg sind die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen in den vergangenen zehn Jahren um 27 Prozent gestiegen. Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Ängste sind die zweithäufigste Ursache für eine Krankschreibung. Sie können auch körperliche Folgen haben. Laut DAK-Gesundheitsreport 2022 hat landesweit fast jeder und jede sechste Beschäftigte mindestens einen psychischen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Hochgerechnet auf die Erwerbstätigen haben damit eine Million Menschen in Baden-Württemberg ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko durch Depressionen, Ängste oder Arbeitsstress. Die Betroffenen weisen auch vermehrt körperliche Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck oder Adipositas.

Jedes Jahr sterben rund 27.000 Menschen in Baden-Württemberg an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. „Unser aktueller Gesundheitsreport zeigt, dass die Rolle von Stress und psychischen Erkrankungen als Risiko für Herzinfarkte oft unterschätzt wird“, sagt Siegfried Euerle, Landeschef der DAK-Gesundheit. „Die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen steigen seit Jahren. Depressionen und negativer Stress sind bereits für sich genommen eine große Belastung. Sie gehen aber auch buchstäblich ans Herz“. Expertenstimmen zufolge ist das Risiko für einen Herzinfarkt bei Depressionen ähnlich hoch wie bei starkem Übergewicht.

Depressionen oder Ängste sind die zweithäufigste Ursache für eine Krankschreibung. Sie können auch körperliche Folgen haben, etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Foto: DAK-Gesundheit/iStock

Psychische Risikofaktoren kommen häufig nicht allein

Der DAK-Gesundheitsreport zeigt eine Zunahme der Fehltage wegen psychischer Erkrankungen von 2011 bis 2021 um 27 Prozent. Für die Studie analysierte das IGES-Institut die Daten von rund 280.000 erwerbstätigen DAK-Versicherten. Zusätzlich befragte das Forsa-Institut für die DAK-Gesundheit über 1.000 Beschäftigte in Baden-Württemberg. Demnach lebt fast ein Sechstel der Befragten mit einem psychischen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. Und diejenigen, die von Depressionen, Angststörungen oder Arbeitsstress betroffen sind, berichten auch häufig von weiteren verhaltensbezogenen oder körperlichen Risikofaktoren. So rauchen sie zum Beispiel häufiger (plus zehn Prozentpunkte) und Bluthochdruck ist bei ihnen deutlich verbreiteter (plus 12 Prozentpunkte). „Zwischen Psyche und Herz gibt es eine auffällige Wechselwirkung“, sagt DAK-Landeschef Euerle. „Das sollten Ärzte, Medizinerinnen und Arbeitgeber bei Prävention und Gesundheitsprogrammen im Blick behalten.“

Unterschätzte Wechselwirkung von Psyche und Körper

Der Report zeigt darüber hinaus, dass viele Erwerbstätige mit Depressionen auch häufiger wegen der sogenannten koronaren Herzkrankheit (KHK) in ärztlicher Behandlung sind. Bei KHK verschließen sich langsam die Herzkranzgefäße und es kann auch schon im mittleren Lebensalter zu einem akuten Herzinfarkt kommen. „Zum einen ist es so, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen häufiger Herzprobleme haben. Zum anderen zeigen unsere Abrechnungsdaten, dass Herz-Kreislauf-Patientinnen und -Patienten auch häufiger eine psychische Erkrankung entwickeln“, erklärt Euerle. 4,3 Prozent der Männer mit einer Depressionsdiagnose sind gleichzeitig mit KHK in Behandlung, aber nur 2,2 Prozent ohne Depression. Bei den Frauen ist der Unterschied ebenfalls deutlich.

Arbeitsstress als Belastung für das Herz

Laut Report kann eine problematische Situation am Arbeitsplatz Stress und Ängste befeuern. Ein Problem ist die sogenannte Gratifikationskrise. Sie meint eine Kluft zwischen Leistung und Belohnung. Acht Prozent der Befragten in Baden-Württemberg sind betroffen: Sie bringen viel Leistung oder nehmen es zumindest so wahr und erfahren gleichzeitig wenig Wertschätzung. So empfinden 14 Prozent Lohn und Gehalt als nicht angemessen und ebenfalls 14 Prozent empfinden das, was sie als Anerkennung von ihren Vorgesetzten bekommen, als zu dürftig.

Ältere Erwerbstätige fehlen häufiger wegen Herz-Kreislauf

Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen im Durchschnitt 44 Fehltage im Jahr je 100 Versicherte – bei den Männern mehr, bei den Frauen weniger. Mit dem Alter steigt die Anzahl der Fehltage deutlich an. 45- bis 49-jährige Männer bringen es je 100 Versicherte auf 54 Fehltage, bei ihren zehn Jahre älteren Kollegen sind es 130 Tage – weit mehr als zweimal so viele. DAK-Landeschef Euerle sieht Firmen in der Pflicht, Stress, Belastung und die psychische und physische Gesundheit ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Blick zu haben und zu schützen.

Kurse nutzen und aktiv werden

Laut der Studie erhalten 52 Prozent der Erwerbstätigen von Arbeitgeberseite Angebote aus dem Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Bei den Erwerbstätigen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind es nur 47 Prozent. Prävention sei bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sehr wichtig, betont Euerle.

Auch die Krankenkassen böten zahlreiche Kurse, um den eigenen Lebensstil zu ändern. Wer weniger raucht, sich mehr bewegt, gesünder ernährt, mehr entspannt und ein gesünderes Arbeitsleben hat, senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für gesetzlich Versicherte ist außerdem ein jährlicher Check-up ab 35 Jahren alle drei Jahre kostenlos. Die medizinische Vorsorgeuntersuchung könne mögliche Risikofaktoren frühzeitig erkennen, sei aber in Baden-Württemberg nur sechs von zehn Befragten ab 35 Jahren mit einem psychischen Risiko überhaupt bekannt.

Die DAK-Gesundheit informiert zum Thema Herzgesundheit unter: www.dak.de/herz-kreislauf
pm/tok