
In den vier Phasen des weiblichen Zyklus fühlen sich Frauen unterschiedlich und reagieren oft auch anders: Mit Cycle Syncing können Frauen auf den Takt des Zyklus eingehen. Fotos: (im Uhrzeigensinn oben links startend) Lumos sp/CatalnIlie/Liubomir/peopleimages.com/stock.adobe.com / Grafik: Akbar Hossain – KI-generiert/stock.adobe.com / Gestaltung: Stegh - PZ-Medien
Cycle Syncing: Leben im Takt mit dem weiblichen Zyklus – Die vier Phasen positiv nutzen
Stimmungsschwankungen, Energiehochs, Heißhunger, viele Frauen kennen solche wechselnden Phasen ihres Zyklus. Doch statt sie als lästige Nebenwirkungen hinzunehmen, richten immer mehr Frauen ihren Alltag bewusst nach den vier Phasen ihres Zyklus aus. Das Prinzip nennt sich Cycle Syncing. Wie das genau funktionieren kann, verrät dieser Ratgeber.
„Cycle Syncing bedeutet nicht, sich dem Zyklus unterzuordnen, sondern seine Kraft gezielt zu nutzen“, sagt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der BARMER. Der weibliche Zyklus besteht demnach aus vier Phasen: Menstruation, Follikelphase, Ovulation, also dem Eisprung und der Lutealphase. In jeder Phase dominieren unterschiedliche Hormone und damit auch unterschiedliche körperliche und emotionale Bedürfnisse.

Die vier Phasen des weiblichen Zyklus
Menstruation (Tag 1 bis 5): Rückzug und Reflexion. Mit dem Einsetzen der Blutung sinken die Spiegel der Hormone Östrogen und Progesteron auf ihren Tiefpunkt. Viele Frauen fühlen sich dann erschöpft und brauchen mehr Ruhe. „In dieser Phase ist es völlig in Ordnung, sich zurückzuziehen, Nein zu sagen und mehr Schlaf zuzulassen“, erklärt Marschall. Meditation, sanftes Yoga oder auch Tagebuchschreiben können helfen, in sich hineinzuhorchen.
Follikelphase (Tag 6 bis 13): Energie tanken. Nach der Menstruation steigt das Hormon Östrogen, die Energie kehrt zurück. Jetzt ist die ideale Zeit, um neue Projekte zu starten oder kreative Ideen umzusetzen. „Diese Phase fühlt sich oft wie ein innerer Frühling an, also voller Aufbruchsstimmung“, sagt Marschall. Auch intensive Workouts wie Krafttraining oder Cardio seien jetzt besonders effektiv.
Ovulation (Tag 14 bis 17): Kommunikation und Klarheit. Der Eisprung markiert den hormonellen Höhepunkt. Östrogen und Testosteron sorgen für Selbstbewusstsein und Kommunikationsstärke. „In dieser Phase fällt es leicht, sich zu zeigen, zu netzwerken oder Präsentationen zu halten“, sagt Marschall.
Lutealphase (Tag 18 bis 28): Fokus und Fürsorge. Nach dem Eisprung steigt das Progesteron. Viele Frauen werden ruhiger und introvertierter. Gleichzeitig nimmt die Konzentrationsfähigkeit zu. „Diese Phase eignet sich perfekt für To-Do-Listen, Aufräumen und organisatorische Aufgaben“, sagt Marschall. Sportarten wie Pilates oder Spaziergänge können den Körper sanft unterstützen. Um eventuelle Regelschmerzen zu lindern, rät sie vor allem zu einer anti-entzündlichen Ernährung.
Cycle Syncing im Alltag
Cycle Syncing bedeutet nach Angaben von Marschall nicht, das ganze Leben auf den Zyklus zu „trimmen“, sondern vielmehr, bewusste Mikro-Anpassungen im Alltag vorzunehmen. Viele Frauen dokumentieren ihren Zyklus mit Apps oder Tagebuch und stimmen Termine, Ernährung und Bewegung bewusst darauf ab. Wer weiß, dass die Menstruation naht, plant bewusst ruhigere Tage ein, legt wenn möglich wichtige Meetings in die Ovulationsphase oder gestaltet die Lutealphase produktiv, aber unbedingt zurückgezogen. „Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Balance. Der Zyklus ist wie eine innere Landkarte, die uns Orientierung gibt“, erläutert Marschall.
Wissenschaft und Körperintelligenz vereint
Obwohl Cycle Syncing noch kein offizieller medizinischer Standard ist, basiert das Konzept auf hormonellen Grundlagen. Schmerzempfinden, Stressresistenz oder sportliche Leistungsfähigkeit verändern sich über den Zyklus hinweg. Der wissenschaftliche Nachweis des Effektes steht noch aus, aber auch die eigene Körperwahrnehmung ist schon hilfreich.
Wer beginnt, auf den eigenen Rhythmus zu hören, kann häufig Veränderungen erleben. Dazu können mehr Energie, weniger Regelschmerzen und ein tieferes Verständnis für sich selbst zählen. „Wenn wir lernen, mit unserem Zyklus statt gegen ihn zu leben, erschließen wir eine Quelle von Energie, Klarheit und Selbstakzeptanz“, so das Fazit von Dr. Ursula Marschall. pm
Die 28 Zyklus-Tage sind nur ein Durchschnittswert
Der weibliche Zyklus ist nicht fix auf 28 Tage programmiert, sondern bewegt sich in einem natürlichen Rahmen von etwa 21 bis 35 Tagen. Schwankungen entstehen vor allem durch Einflüsse auf die Hormonsteuerung, sei es durch Alter, Stress, Lebensstil oder Erkrankungen. Die 28 Tage sind ein Durchschnittswert, wobei nur etwa 10 % bis 15 % aller Frauen wirklich exakt 28 Tage haben. Besonders bei Jugendlichen nach der Menarche (die erste Regelblutung bei Mädchen) und bei Frauen vor den Wechseljahren können die Abstände stark variieren.
Ursachen für Schwankungen
Hormonelle Regulation
- Der Zyklus wird durch das Zusammenspiel von Hypothalamus, Hypophyse und Eierstöcken gesteuert.
- Schwankungen entstehen vor allem in der Follikelphase (erste Zyklushälfte vor dem Eisprung), die unterschiedlich lang sein kann.
- Die Lutealphase (zweite Hälfte nach dem Eisprung) ist meist stabiler: ca. 12 bis 16 Tage.
Alter
- In der Pubertät: oft unregelmäßig, bis sich das System einpendelt.
- Vor den Wechseljahren: Zyklen werden wieder kürzer oder länger und unregelmäßiger.
Lebensstil und Umweltfaktoren
- Stress (zum Beispiel Cortisol-Einfluss auf Hormone).
- Ernährung und Untergewicht/Übergewicht.
- Starke körperliche Belastung (Leistungssport, Übertraining).
- Schlafmangel oder Schichtarbeit (Melatonin beeinflusst auch die Zyklussteuerung).
Gesundheitliche Ursachen
- Schilddrüsenerkrankungen.
- Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS).
- Hormonelle Verhütung (künstlich regulierte „Zyklen“).
- Allgemeine Erkrankungen, Infekte oder Medikamente.
Der männliche Zyklus funktioniert anders und wird nur selten deutlich gespürt
Auch Männer haben hormonelle Zyklen – tageszeitliche, monatliche und sogar jahreszeitliche. Sie sind subtiler und weniger reproduktiv ausgerichtet als die weiblichen, können aber Stimmung, Antrieb, Libido und Energie messbar beeinflussen. Männer haben einen ausgeprägten Tagesrhythmus. Der Hodenhormon-Spiegel ist morgens am höchsten und fällt im Laufe des Tages ab. Das wirkt sich auf Energie, Libido und Stimmung aus. Messungen zeigen, dass dieser Spiegel im Herbst oft höher liegt als im Frühjahr. Evolutionär könnte das mit Fortpflanzungsrhythmen zusammenhängen.
Männer berichten in Studien teilweise über wiederkehrende Phasen von Gereiztheit, Müdigkeit oder gesteigerter Motivation, die mit hormonellen Schwankungen korrelieren. In der Populärwissenschaft wird manchmal von einem männlichen PMS, dem Irritables Man Syndrom (IMS) gesprochen, das mit Hodenhormon-Absenkungen und Stresshormonen in Verbindung gebracht wird. Medizinisch ist das umstritten, es gibt aber Anknüpfungspunkte in der Endokrinologie.
Während der weibliche Zyklus sehr regelmäßig durch hormonelle Ereignisse gesteuert ist, sind männliche Schwankungen variabler und von Faktoren wie Schlaf, Stress, Ernährung und Alter abhängig. Es gibt beim Mann auch keine reproduktive Phase wie beim Eisprung und keine Menstruation, die als markante Fixpunkte eines regelmäßigen Zyklus dienen. Überhaupt überwiegen bei Männern die individuellen Unterschiede, denn nur manche erleben deutliche Schwankungen, bei anderen sind die Werte relativ stabil. tok