Warum genau es heute so viel häufiger zu Entzündungen von Insektenstichen kommt, darüber wird in medizinischen Kreisen noch diskutiert. Der Klimawandel mehr exotische Mückenarten mit anderen Gifte oder Giftmengen nachz Deutschland geführt haben. Foto: AyKayORG/stock.adobe.com

Mückenstiche schwellen heute stärker an als früher: Was tun bei Entzündungen?

Immer häufiger werden Menschen mit Insektenstichen beim Arzt vorstellig. Der Grund: Die Einstichstellen entzünden sich, und das kann zu Komplikationen führen. Warum Mückenstiche heute stärker anschwellen als noch vor einigen Jahren, stellt Mediziner vor ein Rätsel.

Aber was tun, wenn sich ein Mückenstich entzündet? Und wann sollte ein Arzt drauf schauen?

Juckreiz durch Botenstoff Histamin

Wenn es surrt, ist es oft schon zu spät. Dann hat es einer dieser kleinen Plagegeister mal wieder geschafft, seinen Rüssel in unsere Haut zu bohren und sich an unserem Blut gütlich zu tun. Bei jedem Stich oder Biss gelangt auch immer etwas Speichel der Mücke mit in die Wunde. Die darin enthaltenen Proteine aktivieren Abwehrzellen in der Haut des Wirtes. Diese setzen den Botenstoff Histamin frei, der für den lästigen Juckreiz sorgt.

Symptome eines entzündeten Mückenstichs

Vor allem jetzt im Sommer werden Stechmücken wieder zum Problem. Sehr unangenehm, aber in der Regel nicht gefährlich. Auffällig ist jedoch, dass sich solche Stiche – anders als noch vor wenigen Jahren – immer öfter entzünden. Entstehen nach einem Stich oder Biss normalerweise Quaddeln von etwa einem Zentimeter Durchmesser, kommt es inzwischen immer häufiger zu großflächigeren Schwellungen oder gar Entzündungen an der Einstichstelle. Manchmal sind die Stiche auch offen oder füllen sich mit Eiter.

Keime verursachen Entzündungen

Stiche entzünden sich in der Regel dann, wenn sie aufgekratzt werden. Dann können Bakterien, die am Mundwerkzeug des Insekts hängen, in die Haut eindringen: „Hat die Mücke beispielsweise zuvor auf einem Hundehäufchen gesessen, können Fäkalbakterien wie Streptokokken oder Kolibakterien übertragen werden“, erklärt der Mainzer Dermatologe Dr. Uwe Kirschner.

Kratzt man sich den Stich wegen des Juckreizes dann auf, kann es zu einer Mischinfektion mit Hautbakterien kommen: „Streptokokken beispielsweise können eine Sepsis, sprich eine Blutvergiftung, verursachen, wenn sie in den Blutkreislauf gelangen oder ein Lymphödem, wenn sie in die Lymphbahnen gelangen.“

Neue Gifte durch den Klimawandel?

Warum genau es heute so viel häufiger zu Entzündungen von Insektenstichen kommt, darüber wird in medizinischen Kreisen noch diskutiert. „Es ist nicht auszuschließen, dass sich in Folge des Klimawandels hierzulande auch immer mehr exotische Mückenarten heimisch fühlen und diese andere Gifte oder Giftmengen abgeben, sodass es zu stärkeren Reaktionen kommt“, sagt Dr. Kirschner.

Aber auch Umweltgifte könnten eine Rolle spielen. Insektizide beispielsweise stehen im Verdacht, allergische Reaktionen auszulösen und eventuell zu Komplikationen zu führen. Diese chemischen Substanzen könnten, wenn auch nur in geringen Mengen, über den Speichel der Mücken in die Haut gelangen. Doch hierfür fehlen noch wissenschaftliche Beweise.

Lästiges Jucken: Am besten nicht kratzen!

Was aber tun, wenn man von einer Mücke gestochen wurde? Um einer Entzündung vorzubeugen, hilft vor allem eines: nicht kratzen! „Und die Einstichstelle gut kühlen, zum Beispiel mit einem kalten, feuchten Lappen oder einem Coolpack“, rät Dr. Kirschner. Durch die Kälte wird der Entzündungsprozess verlangsamt und die Weiterleitung des Juckreizes über die Nervenbahnen zum Gehirn abgeschaltet. „Danach ein – am besten gekühltes – Gel mit dem Wirkstoff Dimetindenmaleat auf die betroffene Stelle auftragen, zum Beispiel Fenistil. Das lindert den Juckreiz und reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass man an der Stelle kratzt.“

Neben Kälte wirkt auch Hitze wahre Wunder bei Mückenstichen. In der Apotheke gibt es hierfür spezielle batteriebetriebene Stifte. Die rund 50 Grad heißen Mückenstifte werden mit der keramischen Kontaktfläche für einige Sekunden auf den Stich gehalten. „Das Gewebe wird an der Einstichstelle kurz aufgeheizt. Dies führt dazu, dass die juckreizauslösenden Stoffe des Mückensekrets zerfallen“, so Dr. Kirschner.

Nicht jeder Tipp ist gut

Von manchen gut gemeinten Tipps gegen Mückenstiche sollte man dagegen dringend die Finger lassen: So geht von selbst erhitzten Löffeln oder Münzen eine große Verbrennungsgefahr aus. Ist der Juckreiz gar nicht mehr auszuhalten, ist es besser, auf die Stelle zu klatschen oder die Haut mit den Fingerkuppen zu massieren. Letztendlich trägt aber jede manuelle Reizung dazu bei, dass sich der Juckreiz verschlimmert.

Antihistaminika oder Kortison gegen Mückenstich  

Können gewöhnliche Insektenstiche mit genannten Gelen meist gut behandelt werden, reichen diese bei einer Entzündung eventuell nicht mehr aus. In diesem Fall wird der Arzt wahrscheinlich eine kortisonhaltige Salbe verschreiben.

Falls ein Patient gleich mehrere Stiche hat, können Antihistaminika zur oralen Einnahme oder auch Kortisontabletten sinnvoll sein. Sollte es bereits zu einer schweren bakteriellen Infektion gekommen sein, wird ein Antibiotikum notwendig. Nur so lässt sich eine Blutvergiftung verhindern.

Hausmittel gegen entzündete Mückenstiche?

Wenn es um die Behandlung von Mückenstichen geht, schwören viele Menschen auf aufgeschnittene Zwiebel, Meerrettich oder Ingwer. Damit soll die Stelle desinfiziert und die Durchblutung angeregt werden. „Von Hausmitteln gegen Entzündungen, auch Teebaumöl, Knoblauch, Quark oder Honig halte ich wenig“, sagt Dr. Kirschner.

Tatsächlich sollte man bei einem entzündeten Stich keine Experimente machen, zumal solche Hausmittel die Haut eher zusätzlich reizen. Auch ein mit Alkohol getränkter Wattepad ist nicht geeignet, da Ethanol oder Isopropanol auf der offenen Hautstelle brennen. Bei Kindern ist wegen der schädlichen Dämpfe von einer Behandlung mit Alkohol ohnehin abzuraten.

Mit starken Symptomen zum Arzt gehen

Ein Mückenstich ist in der Regel kein Grund für einen Arztbesuch. „Anders verhält es sich, wenn es zu einer sehr starken Lokalreaktion kommt, beispielsweise wenn sich die Haut um die Einstichstelle stark rot verfärbt oder die Stelle flammenförmige Ausläufer zeigt“, so Dr. Kirschner. In diesem Fall kann der Arzt gleich auch abklären, ob es sich eventuell um einen Zeckenbiss handelt. Denn eine kreisrunde Rötung ist auch typisch für eine Borreliose-Infektion.

Breitet sich die Rötung, Verfärbung oder Schwellung immer weiter aus und erreicht etwa einen Durchmesser von 15 Zentimetern, sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen. „Insbesondere dann, wenn ganze Körperbereiche betroffen sind, zum Beispiel die ganze Hand, der ganze Unterarm oder der gesamte Unterschenkel“, rät Dr. Kirschner. Ebenfalls nicht zu spaßen ist mit Fieber: „Bei solch einer systematischen Reaktion auf einen Stich sollte man nicht zögern, einen Arzt aufzusuchen“, so der Dermatologe. pm