Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt für Auffrischimpfungen entsprechend an Omikron-Subvarianten angepasste mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19. Foto: Pormezz/stock.adobe.com
Auf Omikron-Varianten angepasste Auffrischimpfung gegen COVID-19
Eine klinische Studie, die das Paul-Ehrlich-Institut bei geimpften Angehörigen der Gesundheitsberufe durchgeführt hat, zeigt: Nicht an Omikron angepasste COVID-19-Impfstoffe sorgen nicht für anhaltend hohe Antikörperspiegel gegen Omikron-Varianten. Das heißt: Weil die Gesundheitsgefahren durch eine Coronainfektion und spätere Schäden wie Long-Covid weiterhin bestehen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) für Auffrischimpfungen entsprechend an Omikron-Subvarianten angepasste mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19.
Nicht an Omikron-Varianten angepasste COVID-19-mRNA-Impfstoffe führen als Auffrischimpfungen (3. und 4. Impfung) zwar zu höheren Blutspiegeln neutralisierender Antikörper gegen die Omikron-Subvarianten. Jedoch fallen diese Antikörpertiter sechs Monate nach der dritten oder vierten Impfung deutlich ab. Die vierte Impfung hatte ebenfalls keinen Einfluss auf die Breite der Immunantwort gegen verschiedene Virusvarianten. Auch bei der Grundimmunisierung mit Comirnaty waren nur geringe Mengen an neutralisierenden Antikörpern gegen Omikron vorhanden.
Auffrischimpfung stärkt immunologisches Gedächtnis
Zum Schutz vor COVID-19 werden in den meisten Altersgruppen Auffrischimpfungen empfohlen. Diese werden aus mehreren Gründen durchgeführt: Der Antikörpertiter steigt innerhalb der ersten zwei Wochen nach einer Auffrischimpfung rasch an und bietet den besten Schutz vor COVID-19. Im Anschluss sinkt er innerhalb der ersten Monate auf ein Basisniveau ab. Dieses Basisniveau wird durch das immunologische Gedächtnis aufgebaut, beziehungsweise aufgefrischt.
Dabei kommt es zu einer Zunahme von Gedächtnis-B-Zellen und langlebenden Plasmazellen, die wiederum die Antikörper bilden. Beides sind wichtige Säulen der auf Antikörpern basierenden humoralen Immunantwort.
Darüber hinaus stimuliert die Auffrischimpfung eine breitere humorale Immunantwort, die durch Differenzierungsvorgänge der Antikörpergene (somatische Hypermutation) und die Reifung der Antikörperaffinität erzeugt wird.
Omikron-Varianten erfordern Impfstoffanpassungen
Seit Anfang 2022 dominieren Omikron-Subvarianten des Coronavirus SARS-CoV-2. Die Omikron-Subvarianten weisen ein enormes Ausweich(Escape)-Potenzial aufgrund der Zerstörung, beziehungsweise Deletion verschiedener Bereiche des Virus auf, die für die Immunantwort bedeutsam sind (Epitope). Dadurch entkommen die entsprechenden Virusvarianten der Immunantwort.
Dies erklärt auch, warum die Anzahl der Durchbruchsinfektionen bei geimpften Personen seit dem Auftreten der Omikron-Subvarianten signifikant gestiegen ist: Aufgrund der zahlreichen Mutationen im Spike-Protein können viele der durch Impfung und/oder Infektion induzierten Antikörper nicht an das mutierte Spike-Protein binden und dadurch auch nicht ihr neutralisierendes Potenzial entfalten.
Niedrige Antikörperspiegel gegen Omikron
Ein Forschungsteam des Paul-Ehrlich-Instituts unter Leitung von Prof. Eberhard Hildt, Leiter der Abteilung Virologie, hat den Einfluss der ursprünglichen mRNA-Impfstoffe Comirnaty (BioNTech) und Spikevax (Moderna), die noch nicht an die Omikron-Varianten angepasst waren, in einer klinischen Studie auf den Schutz vor Omikron-Varianten durch neutralisierende Antikörper untersucht. Nach der Grundimmunisierung (Comirnaty) waren bei den Studienteilnehmern nur geringe Blutspiegel (Titer) an neutralisierenden Antikörpern gegen Omikron vorhanden.
Auffrischimpfungen (3. und 4. Impfung) mit dem zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht an Omikron-Varianten angepassten monovalenten mRNA-Impfstoff Spikevax führten zwar zu höheren Titern neutralisierender Antikörper gegen die Omikron-Variante. Jedoch fielen die Antikörpertiter auch nach der vierten Impfung (2. Auffrischimpfung) sechs Monate nach der Impfung deutlich ab – wie auch schon zuvor nach der dritten Impfung. Auch hatte die vierte Impfung keinen Einfluss auf die Breite der Antikörper-basierten Immunantwort, die einen Hinweis darüber gibt, inwieweit Schutz vor Infektion mit verschiedenen Virusvarianten besteht.
Studie: Angepasste COVID-19-Impfstoffe nutzen
Die Ergebnisse auch dieser Studie weisen auf die Bedeutung der an Omikron-Subvarianten angepassten COVID-19-Impfstoffe für Auffrischimpfungen hin. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt für Auffrischimpfungen entsprechend an Omikron-Subvarianten angepasste mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19.
Unter anderem empfiehlt die STIKO, dass Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf (u.a. Personen ab 60 Jahre) sowie Personen mit erhöhtem SARS-CoV-2-Infektionsrisiko zukünftig weitere Auffrischungsimpfungen – in der Regel im Mindestabstand von 12 Monaten zur letzten Impfung oder Infektion – erhalten, vorzugsweise im Herbst. Die COVID-19-Impfung wird in die allgemeinen STIKO-Impfempfehlungen 2023 aufgenommen.
Über die Ergebnisse berichtet „Science Reports“ ausführlich. DGP/tok
Das sind die Empfehlungen der STIKO
Im „Epidemiologischen Bulletin“ vom 25. Mai 2023 zum Thema „Implementierung der COVID-19- Impfung in die allgemeinen Empfehlungen der STIKO 2023“ ist zu über die Auffrischungsimpfungen zu lesen: „Allen Personen ab 18 Jahre wird eine Basisimmunität bestehend aus drei Antigenkontakten (Impfung oder Infektion, aber mit mind. zwei Impfstoffdosen) empfohlen. Zudem empfiehlt die STIKO Personen mit erhöhtem Risiko für schwere COVID-19-Verläufe (Personen im Alter ≥60 Jahre, Personen ab dem Alter von 6 Monaten mit relevanten Grundkrankheiten, BewohnerInnen in Einrichtungen der Pflege), einem erhöhten arbeitsbedingten Infektionsrisiko (medizinisches oder pflegerisches Personal) sowie Familienangehörigen und engen Kontaktpersonen von Personen unter immunsuppresiver Therapie, die durch eine COVID-19-Impfung selbst nicht sicher geschützt werden können, weitere Auffrischimpfungen – i. d.R. im Abstand von ≥12 Monaten zum letzten Antigenkontakt, vorzugsweise im Herbst.“
Auffrischung für Menschen mit diesen Grundkrankeiten
Im „Epidemiologischen Bulletin“ wird auch aufgeführt, was zu den Grundkrankheiten gehört, die mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf verbunden sind. Dazu zählen:
▶ Chronische Erkrankungen der Atmungsorgane (etwa chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD)
▶ Chronische Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenerkrankungen
▶ Diabetes mellitus und andere Stoffwechselerkrankungen
▶ Adipositas
▶ Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS), wie etwa chronische neurologische Erkrankungen, Demenz oder geistige Behinderung, psychiatrische Erkrankungen oder zerebrovaskuläre Erkrankungen
▶ Trisomie 21
▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz (etwa Human Immunodeficiency Virus-(HIV-) Infektion, chronisch-entzündliche Erkrankungen unter relevanter immunsupprimierender Therapie, Zustand nach einer Organtransplantation)
▶ Aktive neoplastische Krankheiten
Bei immundefizienten Personen mit einer relevanten Einschränkung der Immunantwort (zum Beispiel nach Organ- oder Stammzelltransplantation, Hämodialysepatienten) können zusätzlich zu den bei Immungesunden empfohlenen drei Antigenkontakten zum Erreichen einer Basisimmunität weitere Impfstoffdosen notwendig sein, je nach Einschätzung der behandelnden Ärzte und gegebenenfalls einer zusätzlicher Antikörperkontrolle.
Das „Epidemiologische Bulletin“ können Sie hier als PDF-Datei herunterladen. pm/tok