Eine Rolle beim hohen Krankenstand in Baden-Württemberg spielt auch die elektronische Krankschreibung (eAU). Dadurch gehen mittlerweile nahezu alle Atteste bei den Krankenkassen ein – auch die kurzzeitigen, die nicht in einen Krankgeldfall münden. Foto: Heide/stock.adobe.com
Im Südwesten steigen im ersten Halbjahr 2023 die Fehlzeiten im Job
Bei den Beschäftigten in Baden-Württemberg nehmen schwere Krankheitsverläufe offenbar zu, denn laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse waren Arbeitnehmer in den vergangenen Monaten deutlich länger krankgeschrieben als zuvor. So fehlten berufstätige KKH-Mitglieder im Südwesten im ersten Halbjahr 2023 rund 1,2 Millionen Tage im Job. Im Vorjahreszeitraum waren es noch rund 785.000 Tage – ein deutliches Plus also.
Baden-Württemberg hat niedrigsten Krankenstand im Bundesländer-Vergleich
Auch die Zahl der Krankheitsfälle bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau: Der Krankenstand im ersten Halbjahr 2023 lag in Baden-Württemberg bei 5,1 Prozent. Somit fielen an jedem Tag von Anfang Januar bis Ende Juni im Schnitt 51 von 1.000 Beschäftigten krankheitsbedingt im Job aus. Im Bundesländer-Vergleich ist dies allerdings der niedrigste Wert. Die meisten Arbeitsausfälle verzeichnete die KKH hingegen in Sachsen-Anhalt. Dort war der Krankenstand mit 8,1 Prozent am höchsten. Der Bundesdurchschnitt lag bei 6,3 Prozent.
Verantwortlich für die nach wie vor hohe Zahl an Attesten im ersten Halbjahr 2023 war unter anderem die starke Erkältungs- und Grippewelle im Winter und Frühjahr. Diese machte sich in ganz Deutschland bemerkbar: Die Krankheitsfälle wegen Infekten der oberen Atemwege, beispielsweise Erkältungsschnupfen, nahmen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bundesweit um rund ein Drittel zu.
Die KKH registrierte zudem doppelt so viele Grippeerkrankungen unter ihren beschäftigten Mitgliedern. Die Krankschreibungen wegen Bronchitis stiegen sogar um das Anderthalbfache. Eine klare Zunahme von fast 50 Prozent verbuchte die Ersatzkasse zudem bei Attesten in Zusammenhang mit Corona.
Eine Rolle bei diesen hohen Werten spielt aber auch die elektronische Krankschreibung (eAU). Dadurch gehen mittlerweile nahezu alle Atteste bei den Krankenkassen ein – auch die kurzzeitigen, die nicht in einen Krankgeldfall münden. Als Patienten die gelben Scheine noch selbst an ihre Krankenkasse senden mussten, taten sie dies häufig nur bei längerer Krankheit. Die Dunkelziffer war entsprechend höher.
Psychische Leiden prägen Anstieg bei Fehlzeiten
Der Fehlzeiten-Anstieg hingegen ist vor allem psychischen Leiden zuzuschreiben. So lag beispielsweise die Krankschreibedauer pro Arbeitnehmer im Zuge von wiederkehrenden Depressionen bundesweit bei 112,1 Tagen pro Fall. Zum Vergleich: Im Durchschnitt waren Beschäftigte im ersten Halbjahr dieses Jahres 17,1 Tage krankgeschrieben. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 88,8 Tage aufgrund von Depressionen beziehungsweise 14,6 Tage im Schnitt.
Ausgewertet wurde die Zahl der Kalendertage mit ärztlichem Attest von pflichtversicherten und freiwillig versicherten Mitgliedern der KKH Kaufmännische Krankenkasse, neu für das erste Halbjahr 2023 – ohne Arbeitslose und Rentner. Unter dem Krankenstand versteht man den prozentualen Anteil der Fehltage aufgrund einer Krankschreibung im Verhältnis zur Sollarbeitszeit. pm