Der Anteil der jungen Raucher, die zwar nicht unbedingt missbräuchlich, aber dennoch kontinuierlich zur Zigarette greifen, ist im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit um 83 Prozent gestiegen. Foto: LIGHTFIELD STUDIOS/stock.adobe.com

Immer mehr Baden-Württemberger rauchen – Rasanter Anstieg bei Jugenlichen

Der missbräuchliche Konsum von Tabak in Baden-Württemberg nimmt weiter zu. Das zeigen Daten, die die KKH Kaufmännische Krankenkasse ausgewertet hat. Laut Hochrechnung sind 2021 rund 630.000 Menschen im Südwesten wegen Tabakabhängigkeit, Entzugserscheinungen, eines akuten Tabakrauschs oder psychischer Probleme aufgrund von Tabak behandelt worden.

Im Vergleich zu 2011 ist das ein Plus von rund 60 Prozent. Im Ländervergleich liegt Baden-Württemberg damit im unteren Drittel. Der Bundesdurchschnitt liegt bei rund 73 Prozent.

Corona-Krise fördert Tabakmissbrauch

Die Corona-Krise scheint sich in Baden-Württemberg wiederum deutlich stärker auf den Tabakmissbrauch auszuwirken als in vielen anderen Bundesländern. So registriert die KKH vom Vor-Corona-Jahr 2019 auf 2021 im Südwesten einen Anstieg von fast 10 Prozent – das ist Platz drei im Ländervergleich. Der Bundesdurchschnitt liegt hier bei 7 Prozent.

Besonders alarmierend ist der Anteil der jungen Raucher, die zwar nicht unbedingt missbräuchlich, aber dennoch kontinuierlich zur Zigarette greifen. Dieser ist im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit um 83 Prozent gestiegen – und zwar in ganz Deutschland. Das belegen zwei repräsentative forsa-Umfragen im Auftrag der KKH.

2022 bezeichneten sich demnach 11 Prozent der 16- bis 29-Jährigen als regelmäßige Raucher. In einer früheren Erhebung gaben hingegen nur 6 Prozent der Befragten dieses Alters an, in der Zeit vor der Corona-Krise regelmäßig zum Glimmstängel gegriffen zu haben. In der mittleren Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen stieg der Anteil der regelmäßigen Raucher hingegen nur leicht um 11 Prozent, bei den 50- bis 69-Jährigen sank er sogar um 17 Prozent.

Soziale Hintergründe für Zigarettenkonsum von Jugendlichen

„Dass vor allem junge Menschen wieder mehr und vor allem regelmäßig rauchen, ist besorgniserregend“, sagt Michael Falkenstein, KKH-Experte für Suchtfragen. Gründe können verlorene Perspektiven während der Corona-Krise und somit Ängste, Frust und Einsamkeit sein. Für viele Jugendliche hat das Rauchen zudem soziale Hintergründe. Sie greifen zur Zigarette, weil es Gleichaltrige in ihrem Umfeld auch tun. Sie möchten cool und erwachsen wirken und keine Außenseiter sein. Besonders beliebt bei Jugendlichen: E-Zigaretten und E-Shishas, die geschmacklich angenehmere und vermeintlich harmlosere Alternative zu normalen Glimmstängeln. „Doch das ist ein Trugschluss“, betont Michael Falkenstein. „Auch der Dampf von E-Zigaretten enthält Stoffe, die dem Körper schaden können.“

Gerade im Jugendalter ist der Rauschmittelkonsum – in welcher Form auch immer – mit besonderen Risiken für eine gesunde Entwicklung verbunden, denn die Organe Heranwachsender sind noch nicht vollständig ausgebildet und somit besonders empfindlich. Daher ist es umso wichtiger, das Gesundheits- und Selbstbewusstsein von Jugendlichen zu stärken und sie dabei zu unterstützen, auch einmal Nein zu sagen. „Niemand sollte alles mitmachen nur aus Angst, nicht dazuzugehören“, betont Michael Falkenstein.

Quelle: DEBRA/Grafik: Statista.com

Was macht das Zigarettenrauchen so gefährlich?

Rauchen zählt hierzulande zu den größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken. Für Tabak gilt: Es gibt keinen unbedenklichen Gebrauch. Schon bei einer Zigarette pro Tag steigt das Risiko für eine Herzerkrankung und einen Schlaganfall. „Langfristig führt Tabakkonsum zu einem erhöhten Lungenkrebsrisiko“, so Solveig Haw, Gesundheitsexpertin der DKV. Unter Umständen kann auch bei anderen Krebsarten, etwa im Nasen- und Rachenraum, der Leber, der Bauchspeicheldrüse, der Niere und Harnblase, aber auch bei Brust- und Gebärmutterhalskrebs sowie bei einigen Formen von Leukämie ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Rauchen bestehen.

Außerdem sollten Raucher die weiteren gesundheitlichen Risiken wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht unterschätzen. Zudem kann das Rauchen akute Atemwegserkrankungen wie Grippe, Bronchitis oder Erkältung begünstigen, da es die Abwehrkräfte schwächt. „Auch auf die Fruchtbarkeit und die Haut kann sich der Tabakkonsum negativ auswirken“, ergänzt Haw.

Trend E-Zigarette: Die gesündere Alternative?

Die beliebten E-Zigaretten sind nicht ganz so unbedenklich, wie viele glauben. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass E-Zigaretten negative Auswirkungen auf die Mundgesundheit haben können. Die Ursache: „Der Dampf der Geräte kann zellschädigende Substanzen wie Propylenglykol oder Glycerin enthalten“, erläutert Gesundheitsexpertin HAw. „Sie können Zahnfleisch und Zahnbett reizen und zu Entzündungen wie Parodontitis führen.“ Zwar sind die längerfristigen Folgen noch nicht ausreichend untersucht, jedoch gehen Forscher zudem davon aus, dass manche Aromen Allergien auslösen oder bei empfindlichen Menschen für Reizungen der Augen und Atembeschwerden sorgen können. „Wie stark sich das Dampfen von E-Zigaretten auf die Zahngesundheit auswirkt, ist davon abhängig, wie viel und wie oft Raucher dampfen“, sagt Haw. pm/tok

Besonders beliebt bei Jugendlichen: E-Zigaretten, Vaporizer und E-Shishas, die geschmacklich angenehmere und vermeintlich harmlosere Alternative zu normalen Glimmstängeln. Doch auch der Dampf von E-Zigaretten enthält schädliche Stoffe. Foto: fedorovacz/stock.adobe.com

Alternative Rauchprodukte: Elektrische Zigaretten, Wasserpfeifen und rauchloser Tabak

Die Rauchgewohnheiten der Deutschen haben sich in den letzten Jahren verändert: Zusätzlich zu den klassischen Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Dreh- oder Pfeifentabak finden heutzutage weitere alternative Rauchprodukte Anklang unter den deutschen Tabakkonsumierenden. Dazu zählen nicht nur traditionelle Tabakwaren, wie Kau- oder Schnupftabak und Wasserpfeifen, die bereits seit Jahrhunderten konsumiert werden. Auch elektronische Produkte, also E-Zigaretten oder Tabakerhitzer, sind immer beliebter auf dem deutschen Markt.

Die Gründe für die Nutzung alternativer Rauchprodukte sind dabei vielfältig: Neben der Annahme, dass E-Zigaretten und Tabakerhitzer weniger gesundheitsschädlich sind und dem Vorteil, dass sie sich auch dort nutzen lassen, wo Tabakrauchen in der Regel nicht gestattet ist, sehen viele Raucher:innen in ihnen eine Möglichkeit, ihren Tabakkonsum zu reduzieren bzw. ihn ganz zu beenden. Vor allem Nutzer:innen von E-Zigaretten geben dies als Hauptnutzungsgrund an. Und während der Absatz von Zigaretten in Deutschland in den letzten Jahren rückläufig ist, steigt gleichzeitig der Verkauf von elektronischen Rauchalternativen sowie Shishatabak an.

Quelle/Grafik: Statista Consumer Insights – Statista.com

Verdampfen von Liquids ist unter der Gen Z am weitesten verbreitet

E-Zigaretten und Vaporizer kommen bei jungen Menschen in Deutschland besonders gut an. Das zeigt eine Befragung der Statista Consumer Insights unter mehr als 6.000 Befragten aus verschiedenen Generationen. Demnach hat rund ein Fünftel der Befragten, die zur Altersgruppe der Generation Z (1995-2012) gehören angegeben, dass sie E-Zigaretten nutzen. Im Vergleich zu den älteren Kohorten war der Anteil der E-Zigarette-Rauchenden hier am größten. Unter den Millennials (1980-1994) nutzen etwa 17 Prozent die alternativen Nikotinabgabesysteme, bei der Generation X (1965-1979) sind es 11 Prozent. Am wenigsten Begeisterung für das elektronische Rauchen bringen die Baby Boomer (1946-1964) auf – nur etwa sieben Prozent nutzen E-Zigaretten.

Beim “Vapen” sind die Generationsunterschiede sogar noch deutlicher. Das Verdampfen von Liquids mittels sogenannter Vaporizer und Vape-Pens ist unter der Gen Z mit 15 Prozent am weitesten verbreitet. In den anderen abgefragten Altersgruppen rauchen jeweils weniger als zehn Prozent der Umfrageteilnehmer:innen die verdampften Flüssigkeiten in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Unter den Boomern hat sogar nur ein Prozent der Befragten angegeben, Vaporizer zu nutzen. Statista