Ältere Menschen, die sozial isoliert oder einsam sind, leiden häufiger unter Bluthochdruck, Angststörungen, Depressionen und Schlafstörungen. Zudem sterben sie oft früher. Foto: Rawpixel.com/stock.adobe.com
Soziale Isolation und Einsamkeit sind schlecht für Herz und Gehirn – Was hilft?
Soziale Isolation und Einsamkeit (selbst wahrgenommene Isolation) sind mit negativen gesundheitlichen Folgen verbunden, so das Fazit eines aktuelles Scoping-Reviews. Betroffen ist die Herz-Kreislauf- und die Gehirngesundheit.
Ein aktueller Überblicksartikel hat die Auswirkungen sozialer Isolation und Einsamkeit auf die kardiovaskuläre Gesundheit sowie die Hirngesundheit untersucht, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet. Im Rahmen eines systematischen Scoping-Reviews wurden die Datenbanken PubMed, PsycInfo, Cumulative Index of Nursing and Allied Health und Scopus nach relevanten Artikeln durchsucht.
Einsamkeit mit koronarer Herzkrankheit und Schlaganfallmortalität assoziiert
Besonders überzeugend ist die Evidenz laut der Autoren für einen Zusammenhang zwischen sozialer Isolation oder Einsamkeit mit erhöhtem Risiko für schlechtere Verläufe bei bestehender koronarer Herzkrankheit und einem Schlaganfall. Allerdings ermöglichen die bisherigen Studien keine Aussagen über die Ursachen oder Mechanismen, die den Assoziationen zugrunde liegen.
Zum Zusammenhang zwischen sozialer Isolation und Einsamkeit mit Herzinsuffizienz, Demenz und kognitivem Abbau gibt es weniger Daten, zudem sind ist die Evidenz hierzu weniger robust. Interventionsstudien zur Verringerung der negativen Auswirkungen von sozialer Isolation und Einsamkeit konnten die Autoren darüber hinaus nicht finden.
Gesundheitliche Folgen von Einsamkeit abmildern
Soziale Isolation und Einsamkeit sind weit verbreitet und scheinen unabhängige Risikofaktoren für eine schlechtere Herz- und Gehirngesundheit zu sein. Jedoch zeigte sich kein einheitliches Bild in der Datenlage. Es besteht laut der Autoren ein dringender Bedarf an der Entwicklung, Umsetzung und Erprobung von Interventionen zur Verbesserung der Herz-Kreislauf- und Gehirngesundheit von Menschen, die sozial isoliert oder einsam sind.
Insbesondere während der COVID-19-Pandemie, so ein weiteres Fazit, wurde der Einfluss der Isolationsmaßnahmen auf die Herzgesundheit unterschätzt. DGP/HealthCom
Und was hilft gegen soziale Isolation und Einsamkeit?
Im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) haben Wissenschaftler unter der Federführung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) die Frage untersucht, welche Maßnahmen einer sozialen Isolation und Einsamkeit im Alter vorbeugen oder entgegenwirken könnten. Die große Uneinheitlichkeit und die methodische Schwächen der vorliegenden Studien lassen keine eindeutigen Aussagen zu der Frage zu, welche Maßnahmen helfen. Für einige Ansätze deuten sich aber positive Effekte an.
Etwa 10 Prozent der Erwachsenen berichten, dass sie sich oft einsam fühlen. Einsamkeit kann, insbesondere wenn sie auf Dauer besteht, ein Risikofaktor für schlechte Gesundheit und geringe Lebensqualität sein. Deshalb hat sich auch die Bundesregierung des Themas angenommen und angekündigt, bis zum Ende der Legislaturperiode eine Strategie gegen Einsamkeit vor allem bei älteren Menschen zu erarbeiten.
Ältere, einsame Menschen sterben oft früher
Zwar fühlen sich ältere Menschen nicht häufiger einsam als jüngere, sie sind aber öfter Veränderungen ausgesetzt, die soziale Isolation und belastende Gefühle von Einsamkeit begünstigen – wie etwa eine knappe Rente, der Verlust beruflicher Kontakte mit dem Eintritt ins Rentenalter, der Wegzug von Angehörigen, Krankheiten, eingeschränkte Mobilität sowie abnehmendes Hör- und Sehvermögen.
Ältere Menschen, die sozial isoliert oder einsam sind, leiden häufiger unter Bluthochdruck, Angststörungen, Depressionen und Schlafstörungen. Zudem sterben sie oft früher.
Keine Gesamtaussage möglich, aber bei vier Maßnahmen positive Ergebnisse
Das beauftragte Wissenschaftsteam unter der Federführung des UKE konnte insgesamt 14 Studien zur Fragestellung identifizieren, davon sechs zur Prävention bei Menschen, die ein erhöhtes Risiko für soziale Isolation hatten, und acht zur Therapie bei Menschen, die bereits sozial isoliert waren. Diese Studien untersuchten unterschiedliche Angebote: Besuche oder Telefonate mit Ehrenamtlichen, Sportkurse, Freizeitangebote, eine Tablet-Schulung, psychotherapeutische Unterstützung und die Begleitung durch Gesundheitslotsen.
Allerdings haben die vorliegenden Studien Schwächen und sind nicht sehr aussagekräftig, sodass sich schlecht beurteilen lässt, wie hilfreich die untersuchten Angebote sind. Vier Studien deuten aber positive Effekte an – davon drei zur Therapie und eine zur Prävention:
- In den USA zeigte ein Programm, dass persönliche oder telefonische Kontakte durch gleichaltrige ehrenamtliche Personen Angstsymptome bei älteren Menschen von durchschnittlich 71 Jahren reduzieren konnten. Das Programm lief über ein Jahr; die Kontakte erfolgten einmal pro Woche.
- In Kanada zeigte ein Programm, dass Besuche durch ehrenamtlich tätige Studierende die Lebenszufriedenheit steigern konnten. Die Studierenden besuchten die älteren Menschen, die im Durchschnitt etwa 79 Jahre alt waren, sechs Wochen lang einmal pro Woche für drei Stunden. Sie unternahmen beispielsweise Spaziergänge, lasen vor oder unterstützten im Haushalt.
- In Finnland wurde ein dreimonatiges Programm erprobt, in dem die Teilnehmenden im Alter von durchschnittlich 80 Jahren zwischen verschiedenen Angeboten wählen konnten: therapeutisches Schreiben und Psychotherapie, Sport und Diskussion von Gesundheitsthemen oder Beschäftigung mit Kunst, Musik, Theater und Malerei. Die Angebote fanden in Gruppen statt und wurden professionell betreut. Die Teilnehmenden des Programms fühlten sich gesünder, und es gab innerhalb von zwei Jahren nach dem Programm sogar weniger Sterbefälle als bei Personen, die das Programm nicht erhalten hatten.
- In China wurde ein Präventions-Programm für ältere Menschen entwickelt, deren erwachsene Kinder aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen waren. In von Fachleuten geführten Gruppentreffen sollte das Interesse an sozialer Interaktion gesteigert und gegenseitige Hilfe gefördert werden. Das Programm dauerte sieben Monate und konnte die soziale Unterstützung der Teilnehmenden steigern.
Ob die Maßnahmen weitere Vorteile haben, bleibt unklar. Zudem wurde in keiner der Studien untersucht, ob die Maßnahmen auch negative Auswirkungen hatten. DGP/HealthCom