
Die blauen Lichtanteile des Smartphone-Displays verringern die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Bei geeigneten Geräten sollte man abends den eingebauten Blaufilter fürs Display verwenden. Oder das Gerät spätestens zwei Stunden vor der Nachtruhe ausschalten. Foto: Have a Good Day – KI-generiert/stock.adobe.com
Blaues HEV-Licht: Oxidativer Stress schadet der Haut und Display-Starren dem Auge
Das Spektrum des Lichts, das uns von der Sonne erreicht, geht über das hinaus, was wir sehen können. Einen Teil dieses Spektrums bildet das HEV-Licht. Was sich hinter dem Kürzel verbirgt, welche gesundheitliche Wirkung es hat und ob wir uns davor schützen müssen, verrät dieser Ratgeber.
Blaues Licht von der Sonne und vom Display
Natürliche Phänomene schaffen es immer wieder einmal in den Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit. Eines davon ist das blaue Licht. Und auch bei ihm darf man sich fragen, ob die öffentliche Sorge vor seinen gesundheitlichen Auswirkungen begründet ist. Begriffe wie ultraviolette Strahlung oder Infrarotstrahlung haben wohl viele Menschen zumindest schon einmal gehört. Sie bilden die eine Hälfte des von der Sonne kommenden Lichts, die für uns Menschen jedoch unsichtbar bleibt.
Die andere Hälfte ist das sichtbare Spektrum des Lichts, das unser Auge den blauen Himmel, bunte Blumen und all die anderen Farben in unserer Umwelt sehen lässt. Einen Teil dieses sichtbaren Lichts macht eine weniger bekannte Variante aus, das sogenannte HEV-Licht. Die Abkürzung steht für das englische High Energy Visible Light, zu Deutsch „hoch energetisches sichtbares Licht“. Neben der Sonne als natürlicher Quelle wird HEV auch durch LED-Lampen, Smartphone-Displays und Computer-Monitore erzeugt.
Oxidativer Stress: So wirkt HEV-Licht
„HEV-Licht nehmen wir als blau bis lila wahr. Dieser Teil der optischen Strahlung verursacht ungleichmäßige Hautpigmentierung, Sonnenallergien und vorzeitige Hautalterung“, so Dr. Utta Petzold, Dermatologin bei der BARMER. Die Wirkung des Lichts hängt dabei wesentlich davon ab, wie tief die Strahlung in die Haut eindringt, was bei den einzelnen Teilen des Lichtspektrums unterschiedlich ist.
UV-B-Strahlen zum Beispiel wirken hauptsächlich in der äußeren Schicht, der Epidermis. Das HEV-Licht greift die tiefer gelegen Schichten an, die Dermis genannt wird. HEV-Licht löst dabei, ähnlich wie die UV-Strahlung, oxidativen Stress aus. „Dieser oxidative Stress setzt sogenannte freie Radikale frei, die ihrerseits Zellstrukturen schädigen. HEV-Licht hat damit zwar nichts mit akutem Sonnenbrand zu tun, beschleunigt aber den an sich normalen Prozess der Hautalterung“, so Petzold. Die Haut wird dabei weniger elastisch und bildet tiefere Falten.
Oxidativer Stress wird auch bei der als Sonnenallergie bekannten polymorphen Lichtdermatose als möglicher Auslöser in Betracht gezogen.
Auch Schäden an der Netzhaut im Auge
Aus Sicht der Dermatologin ist aber nicht allein die Wirkung des HEV-Lichts auf die Haut beachtenswert. Als Teil des sichtbaren Lichts kann HEV auch die Augen schädigen. So kann es zu bleibenden Schäden an der Netzhaut kommen, wenn man ungeschützt beispielsweise in die Sonne blickt. Das Gleiche gilt für starke künstliche Lichtquellen, wie etwa einem Laser oder lichtstarke LED-Lampen, die vor allem in der dunklen Jahreszeit ein Lichtdefizit ausgleichen und so positiv auf die innere Stimmung wirken sollen.
Doch auch hier empfiehlt die Ärztin einen souveränen Umgang mit dem Thema. „HEV ist natürlicher Teil unserer Umwelt. Der Mensch verschafft sich schon dank seiner natürlichen Reflexe einen gewissen Schutz davor, sich die Augen zu ‚verblitzen‘“, so Petzold. Jeder Mensch kneife automatisch die Augen zu, wenn das Licht zu grell wird. Wenn eine Lichtquelle also unangenehm ist, sollte man sie meiden.
Wie schützt man sich vor zu viel HEV?
- Um sich vor den schädlichen Folgen von zu viel HEV-Licht zu schützen, empfiehlt Petzold für die Haut vor allem Sonnenschutzmittel mit ausreichend hohem Lichtschutzfaktor, sonnendichte Kleidung und die Vermeidung von zu viel direkter Sonneneinstrahlung.
- „Doch man sollte neben den gängigen Regeln des Hautschutzes auch an die Augen denken“, rät Petzold. Bei LED-Lampen helfen zum Beispiel die Normen IEC 62471 oder DIN EN 62471. Sie teilen Lampen in Risikogruppen. „Je höher die Risikogruppe der Lampe, desto gefährdeter ist das Auge“, so Petzold. Von Lampen der Gruppe 1 geht dabei kein nennenswertes Risiko aus. Aber schon bei der Risikogruppe 2 sollte man nicht länger als wenige Sekunden in die Lichtquelle schauen.
- Als Orientierung hilft dabei, dass Licht aus roten oder gelben LED keine Gefahr darstellt, bei LED mit blauem oder weißem Licht entscheidet die Dauer des Blicks in die Lichtquelle über das gesundheitliche Risiko. Dabei gibt Petzold aber für haushaltsübliche Lichtquellen Entwarnung. Von Decken- oder Schreibtischlampen mit LED oder auch von Radiodisplays und Kontrollleuchten geht keine Gefahr aus. Beim Kauf sollte man aber darauf achten, dass die Geräte das CE-Zeichen besitzen. Eltern empfiehlt die Ärztin zudem, daran zu denken, dass gerade Kinder nicht zu lange auf Blaulicht-Quellen schauen, da sie darauf empfindlicher reagieren.
- Einen weiteren Aspekt des Schutzes vor HEV sieht die Ärztin in Brillen oder Schutzbrillen mit integriertem Blaulichtfilter. Sie sollen den HEV-Lichtanteil reduzieren und den Seheindruck durch schärfere Kontraste und weniger Blendung deutlich verbessern. Allerdings leidet die Farberkennung unter dem Blaulichtfilter. Wie gut solche Brillen schützen, ist aber noch nicht klar, da entsprechende Langzeitstudien fehlen.
- Ein anderer Aspekt des Schutzes vor HEV ist laut Petzold der Umgang mit Smartphone, Tablet und Co. Denn die blauen Lichtanteile des Displays verringern die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Das ist zwar tagsüber gewollt, behindere aber nachts das Einschlafen. Hier empfiehlt die Ärztin, bei geeigneten Geräten abends den eingebauten Blaufilter für das Display zu verwenden. Geräte, die diese Funktion nicht haben, sollten spätestens zwei Stunden vor der Nachtruhe ausgeschaltet werden. pm